LG Essen, Beschl. v. 20.08.08, 44 O 169/06 - Motor Show

eigenesache Nach übereinstimmender Erledigungserklärung ist eine Beweisaufnahme nicht mehr möglich.

Instanzen: Instanzen: LG Essen, Beschl. v. 20.08.08, 44 O 196/06; OLG Hamm, Beschl. v. 08.12.08, I-4 W 127/08, I-4 128/08

Streitwert: 30.000 €

nrw

LANDGERICHT ESSEN
BESCHLUSS

Aktenzeichen: 44 0 196/06
Entscheidung vom 20. August 2008

 

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

[...]

hat die 4 Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dickmeis am 20. August 2008

beschlossen:

Nach Erledigung des Rechtsstreits werden die Kosten des Verfügungs- und Widerspruchsverfahrens gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird für das Verfahren auf 30.000,00 € festgesetzt.

Die Verfügungsklägerin tragt die Kosten des Ordnungsverfahrens.

Der Verfahrens wert wird für das Ordnungsverfahren auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin stellt Fahrwerke her. Die Verfügungsbeklagte verkauft u.a. Tuningzubehör. Sie warb in einem Katalog »[...]« für ihre Produkte, ohne in der Preisliste des Katalogs ergänzend zu den Nettopreisen auch die sich bei Berücksichtigung der Mehrwertsteuer errechnenden Bruttopreise anzugeben. Die Parteien streiten darüber, ob der vorgenannte Katalog auf dem Messegelände anlässlich der Motor Show Essen vom Dezember 2006 an Letztverbraucher ausgegeben oder diesen zugänglich gemacht worden ist.

Auf Antrag der Verfügungsklägerin wurde der Verfügungsbeklagten mit einstweiliger Verfügung des Landgerichts Essen vom 04.12.2006 untersagt, als Anbieter von Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen zu werben, ohne dabei die Preise anzugeben, die sich einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile ermitteln. Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.

Hiergegen wandte sich die Verfügungsbeklagte mit ihrem Widerspruch.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 07.05.2007 beantragte die Verfügungsklägerin, gegen die Verfügungsbeklagte ein Ordnungsgeld in Höhe von zumindest 50 000,00 € zu verhängen, weil sie auf ihrer Internetseite »www.[...].de« - unstreitig - in einem Fall erneut nur mit Angabe des Nettopreises geworben habe.

Die Verfügungsklägerin verfolgte ihr Unterlassungsbegehren im Hauptsache verfahren 44 0 18/07 des Landgerichts Essen weiter. In diesem Verfahren wurde am 30.05.2007 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Verfügungsbeklagte gab am 30 05.2007, ohne Anerkennung von Kostentragungspflichten, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die Parteien haben das Verfahren 44 O 18/07 daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Parteien haben nunmehr übereinstimmend auch das Verfügungsverfahren 44 O 196/06 sowie das Verfahren auf Verhangung eines Ordnungsgeldes für erledigt erklärt.

Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, dass die Verfügungsbeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen habe Hierzu behauptet sie, die Verfügungsbeklagte habe ihren Katalog am 01.12.2006 auf dem Messegelände in Essen auch an Endverbraucher verteilt. So sei der Katalog beispielhaft der Mitarbeiterin [...] ausgehändigt worden. Kontrollen darüber, ob ein Interessent ein Händler sei, habe öle Verfügungsbeklagte nicht vorgenommen. Der Katalog habe auch auf einer Messetheke ausgelegen, so dass er von interessierten Letztverbrauchern habe eingesehen werden können. Schließlich hatten Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten den Katalog nebst Preislisten herangezogen, um auf der Messe Verkaufsgespräche mit Letztverbrauchern zu führen.

Die Verfügungsbeklagte stellt dies in Abrede. Sie habe durch Kontrollen sichergestellt, dass der Katalog auf dem Messegelände nur an Händler herausgegeben worden sei. Der Katalog habe auch nicht ausgelegen, so dass Letztverbraucher ohne weitere Fragen darauf hätten Zugriff nehmen können. Er sei schließlich nur zu Verkaufsgesprächen mit gewerblichen Kunden hinzugezogen worden. Es treffe zwar zu, dass auch der Mitarbeiterin [...] der Katalog ausgehändigt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Verfügungsbeklagten aber bekannt gewesen, dass es sich bei [...] um eine Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin gehandelt habe und dass diese keine potentielle Kaufinteressentin sei.

II.

Nach Erledigung des Rechtsstreits war über die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zu entscheiden.

Die Kammer erachtet es als billig, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben, weil ohne Beweisaufnahme nicht festzustellen gewesen wäre, ob der Verfügungsklägerin bis zum Zeitpunkt der Erledigung gemäß den §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 8 Abs 1 Satz 1,4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 der Preisangabenverordnung ein Unterlassungsanspruch zustand. Das Bestehen eines solchen Anspruches hing maßgeblich davon ab, ob die Verfügungsbeklagte am 01.12.2006 auf dem Messegelände in Essen ihren Verkaufskatalog auch Letztverbrauchern zugänglich gemacht hat oder in ausreichender Weise dafür Sorge trug, dass dieser nur von gewerblichen Händlern eingesehen werden konnte. Hierzu haben die Parteien gegenläufige Behauptungen aufgestellt und sich jeweils auf Zeugen berufen, deren Vernehmung zur Klärung des Sachverhaltes geboten gewesen wäre.

Eine solche Beweisaufnahme darf nach übereinstimmender Erledigungserklärung nicht mehr erfolgen, weshalb das Gericht die vorgenommene Kostenentscheidung als sachgerecht erachtet.

III.

Die Kosten des Verfahrens auf Verhängung eines Ordnungsgeldes werden der Verfügungsklägerin auferlegt.

Hierzu ist unstreitig, dass die Verfügungsbeklagte nach Zustellung der einstweiligen Verfügung vom 04 12.2008 auf ihrer Internetseite »www.[...]de« in einem Fall erneut nur unter Angabe von Nettopreisen geworben hat, obwohl sich die Werbung auch an Endverbraucher richtete.

Die Verfügungsklägerin hat auf der anderen Seite den Vortrag der Verfügungsbeklagten unbestritten gelassen, dass die Verfügungsbeklagte unmittelbar nach Zustellung der einstweiligen Verfügung sämtliche Kataloge und Internetseiten umgestaltet habe und lediglich eine einzige als PDF-Datei herunterzuladende Seite versehentlich übersehen worden sei.

Werter ist als unstreitig anzusehen, dass die Verfügungsklägerin ihrerseits auf der Internetseite »www.[...].de« ohne Angabe von Bruttopreisen gegenüber Verbrauchern geworben hat, was im Rechtsstreit 17HKO 5116/07 des Landgerichts München I thematisiert worden ist.

Die Kammer musste bei der Beurteilung mithin einerseits davon ausgehen, dass der Verfügungsbeklagten nur eine geringe Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann und sie Bemühungen entfaltet hat, der einstweiligen Verfugung vom 04.12.2006 zu entsprechen. Andererseits erscheint die Verfügungsklägerin angesichts des eigenen wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht im gleichen Umfang schutzwürdig, wie ein Wettbewerber, der sich im Wettbewerb gesetzestreu verhält. Angesichts dieser Umstände war der Antrag der Verfügungsklägerin, ein Ordnungsgeld von zumindest 50.000,00 € zu verhängen, so weit übersetzt, da die Kammer es in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als angemessen erachtet, die Kosten des Ordnungsverfahrens insgesamt der Verfügungsklägerin aufzuerlegen.

Dickmeis

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