LG Düsseldorf, Urt. v. 02.03.11, 2a O 275/10 - Image Tag

eigenesache Die Verwendung eines fremden Kennzeichens im Quelltext einer Website stellt eine Kennzeichenrechtsverletzung auch dann dar, wenn die Benutzung außerhalb des Metatags Keywords (hier: tag img) erfolgt. Die Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit seiner Anwälte sind dem Anspruchsinhaber ausnahmsweise auch dann zu ersetzen, wenn er außergerichtlich gerichtliche Schritte für den Fall, dass eine Unterlassungserklärung nicht fristgerecht abgegeben wird, nicht angedroht hat.

Instanzen: LG Düsseldorf, Urt. v. 02.03.11, 2a O 275/10; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.11, I-20 U 68/11.

Streitwert: 50.000 €

 

 

 nrw

LANDGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Entscheidung vom 2. März 2011
Aktenzeichen: 2a O 275/10

 

In dem Rechtsstreit

 [...]

hat die 2 a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12.01.2011 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. Fudickar, die Richterin am Landgericht Engelkamp-Neeser und die Richterin Kroll-Schlüter

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.379,80 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin erbringt Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf, der Beteiligung von Unternehmen sowie der Übertragung von Beteiligungen. Sie ist Inhaberin der für Unternehmensberatung, Vermittlung von Unternehmenskäufen und -verkäufen sowie Immobilienwesen und Unternehmensfinanzierung am 03.08.2007 eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 005317839 »a[...]-AG«, wegen deren Einzelheiten auf den als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Registerauszug (BI. 6 d.A.) verwiesen wird.

Die Beklagte erbringt Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge, Beteiligungskapital sowie Restrukturierungen, die sie auf ihrer Internetseite »www.g[...].de« anbietet. Im Quelltext der Internetseite der Beklagten befand sich die Passage

»<img (...) alt=erfahrung a[...] ag (...) >«.

Mit Schreiben vom 13.08.2010 forderte die Klägerin die Beklagte mit Hinweis auf ihre Markenrechte und unter Fristsetzung bis zum 17.08.2010, 12.00 Uhr auf, alle Merkmale aus diesem Quelltext zu entfernen, die die Bezeichnung »a[...]« oder »a[...] AG« enthielten. Sie drohte an, anderenfalls eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte zu beantragen. Zudem forderte sie die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung innerhalb der v.g. Frist sowie zum Ausgleich außergerichtlicher Anwaltskosten auf. Die Beklagte entfernte daraufhin die Bezeichnung »a[...] AG« aus dem Quelltext, verweigerte jedoch die Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie die Kostenerstattung.

Die Klägerin behauptet, dass die beanstandete Verwendung des Begriffs »a[...] AG« im Quelltext dazu geführt habe, dass unter diesem Suchbegriff bei Google auf Seite 5 der Sucherergebnisse die Internetseite der Beklagten aufgetaucht sei.

Die Klägerin hat neben der Erstattung von Abmahnkosten zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 20.000,00 EUR zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung »a[...]« - in welcher Schreibweise auch immer - als Metatag im HTML-Code und/oder in der Benutzungsform als »Weiß-auf-Weiß-Schrift« für ihre Internetseiten, insbesondere für die Internet-Seite »http://www.g[...]de« auch in Verbindung mit Subdomains zu benutzen. Im Folgenden hat sie den Klageantrag dahin geändert, die Beklagte zu verurteilen, es unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 20.000,00 EUR zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung »a[...]« - in welcher Schreibweise auch immer - als Metatag im HTML-Code und/oder in der Benutzungsform als »Weiß-auf-Weiß-Schrift« für ihre Internetseiten, auf denen die Beklagte ihre Dienstleistungen anbietet, insbesondere für die Internet-Seite »http://www.g[...].de« auch in Verbindung mit Subdomains zu benutzen. Nachdem die Beklagte unter dem 06.09.2010 (BI. 57 d.A.) und unter dem 18.09.2010 (BI. 58 d.A.) Unterlassungserklärungen abgegeben hat, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.11.2010 den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung insoweit angeschlossen, als sich der Unterlassungsanspruch auf die Verwendung des Begriffs »a[...]« im tag img für Angebote, die sich mit Unternehmensberatung, der Vermittlung von Unternehmenskäufen und -verkäufen, dem Immobilienwesen und mit der Unternehmensfinanzierung bezieht.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.379,80 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass die streitgegenständliche Passage im Quelltext die Funktion habe für den Fall, dass die Grafik nicht angezeigt werden könne, alternativ der Text »erfahrung a[...] ag« angezeigt werde.

Sie vertritt die Auffassung, dass das außergerichtliche Abmahnschreiben nicht die Anforderungen erfülle, die an eine Abmahnung gestellt würden.

Wegen des beiderseitigen Vorbringens im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.sr

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gemäß den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 S. 1, 677, 670 BGB).

1. Die Abmahnung war berechtigt, so dass es im Interesse der Beklagten lag, dass die Klägerin ihr durch die Abmahnung zunächst Gelegenheit zur Abgabe einer Unterlassungserklärung gab, um so einen Rechtsstreit zu vermeiden.

Der Klägerin stand im Zeitpunkt der Abmahnung am 13.08.2010 gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung gemäß aus § 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG zu.

Danach ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu nutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) bzw. ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

a) Die Beklagte verwendete unstreitig im Quelltext ihrer Internetseite, auf der sie ihre Dienstleistungen, insbesondere Vermittlung von und Beratung bei Unternehmenskäufen und -verkäufen anbietet, den Begriff »a[...] ag« und damit ein mit dem Wortbestandteil der Gemeinschaftsbildmarke identisches Zeichen.

b) Diese beanstandete Verwendung der Bezeichnung »a[...] ag« beeinträchtigt die Herkunftsfunktion der Marke.

Entscheidend ist für Metatags, die das Auswahlverfahren einer Suchmaschine beeinflussen und den Internetnutzer auf diese Weise auf die entsprechende Website führen, dass diese die Funktion eines Kennzeichens übernehmen (BGH GRUR 2007, 65 - Impuls). Ob es sich jedoch im Streitfall um einen solchen Metatag handelt, ist streitig. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Eingabe des streitgegenständlichen Begriffs bei Google zu dem Suchergebnis geführt hat, wie von der Klägerin behauptet. Denn bereits die Verwendung als Alternativtext für eine Grafik, wie es die Beklagte vorträgt, stellt eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke dar.

Erscheinen auf einer Internetseite die Worte »erfahrung mit a[...] ag«, ist für den durchschnittlichen Internetnutzer das Verhältnis der Parteien untereinander nicht erkennbar. Für ihn erschließt sich nicht, ob die Beklagte im Verhältnis zu der Klägerin ein Dritter ist oder angesichts des Alternativtextes mit der Klägerin wirtschaftlich verbunden ist. Wird aber der Internetnutzer darüber nicht hinreichend aufgeklärt oder erschließt es sich für ihn nicht aufgrund anderer Umstände, führt die Verwendung des markenrechtlich geschützten Begriffs zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke (vgl. EuGH GRUR 2010, 445 - Google France und Google, Tz.90). Zwar ist die v.g. EuGH-Entscheidung zu den sog. Keywords ergangen, ihre Grundsätze sind jedoch auf den vorliegenden Fall übertragbar, da der hier streitgegenständliche Alternativtext nach dem Vorbringen der Beklagten - ebenso wie dies auch bei Keywords der Falle ist - nicht manipulierend auf die Suchmaschine eingreift und damit eine vergleichbare Sachlage gegeben ist.

Gemessen an den Kriterien der EuGH-Rechtsprechung ist somit eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke anzunehmen.

c) Da die von der Beklagten auf der Internetseite angebotenen Dienstleistungen identisch sind mit den für die Klagemarke in Klasse 35 und 36 eingetragenen Dienstleistungen, ist Verwechslungsgefahr gegeben.

2. Das Schreiben vom 13.08.2010 enthält entgegen der Auffassung der Beklagten alle erforderlichen Angaben für eine ordnungsgemäße Abmahnung.

Eine solche setzt eine Aufforderung an den Schuldner voraus, innerhalb einer angemessen Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, sowie die Androhung eines gerichtlichen Vorgehens für den Fall, dass die Unterlassungserklärung innerhalb der gesetzten Frist nicht. abgegeben wird (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 12 Rn. 1.12). Dabei ist es unerheblich, ob eine der Aufforderung beigefügte, durch den Gläubiger vorformulierte, strafbewehrte Unterlassungserklärung zu weit geht oder dass eine zu hohe Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung verlangt wird. Denn die Abmahnung wird in ihrer rechtlichen Wirkung nicht dadurch beeinflusst, dass der Gläubiger mehr fordert, als ihm zusteht (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn. 1.17).

Auch eine u.U. zu kurz bemessene Frist lässt die rechtliche Wirkung der Abmahnung nicht entfallen. Durch sie wird lediglich statt der unangemessen kurzen Frist eine angemessene Frist in Lauf gesetzt (Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a,O. Rn. 1.20).

Die Klägerin drohte der Beklagten zudem gerichtliche Schritte für den Fall an, dass eine Unterlassungserklärung nicht innerhalb der Frist abgegeben würde. Ein ausdrücklicher Hinweis ist insoweit nicht erforderlich; vielmehr kann sich der Wille, notfalls gerichtlich vorzugehen, schon aus den Umständen ergeben (Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. Rn. 1.21). Das ist hier der Fall. Aus dem Umstand, dass die Klägerin zur Abgabe der Unterlassungserklärung auf die Frist zur Beseitigung der Störung verweist, bei deren Nichtbefolgung sie den Antrag einer einstweiligen Verfügung androht, ergibt sich auch die Androhung gerichtlicher Schritte für den Fall der Nichtabgabe der Unterlassungserklärung. Hinzu kommt, dass die Klägerin ausdrücklich auch im Falle der Nichtbegleichung der Kostenrechnung gerichtliche Schritte angedroht hat und die Beklagte daher damit zu rechnen hatte, die Klägerin werde ihre Belange notfalls gerichtlich durchsetzen

3. Der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch vorprozessualer Rechtsanwaltskosten ist auch der Höhe nach begründet. Der Streitwert von 50.000,00 EUR ist angemessen. Maßgeblich für die Bemessung des Streitwerts ist das wirtschaftliche Interesse der Klägerin, das diese unbestritten in der zugrundegelegten Höhe beziffert hat.

Die Berechnung der Anwaltskosten mit einer 1,3 Geschäftsgebühr nach §§ 2, 13 RVG Nr. 2300 W und 20,00 EUR Auslagenpauschale sind ebenfalls angemessen, so dass der Klägerin ein Anspruch auf insgesamt 1.379,80 EUR zusteht. Die Klägerin hat nachgewiesen, die Kosten auch tatsächlich aufgewendet zu haben.

II.

Die Klage war jedoch abzuweisen, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nur insoweit angeschlossen, als sich der Unterlassungsanspruch auf Dienstleistungen der Unternehmensberatung, der Vermittlung von Unternehmenskäufen und -verkäufen, dem Immobilienwesen und der Unternehmensfinanzierung erstreckte. Demgegenüber bezog sich der Unterlassungsantrag der Klägerin auf die Verwendung des streitgegenständlichen Begriffs allgemein für Internetseiten, auf denen die Beklagte ihre Dienstleistungen anbietet, insbesondere für die Internet-Seite www.g[...].de. Eine Begrenzung nur auf die markenrechtlich geschützten Dienstleistungen findet durch den ursprünglichen Klageantrag nicht statt, dieser ist zu weitgehend. Damit wurde der Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens nur teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt. Über den darüber hinausgehenden Anspruch, der als Antrag auf Feststellung, dass auch insoweit Erledigung eingetreten ist, auszulegen war, war zu entscheiden. Da der Klägerin jedoch nur ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich ähnlicher Dienstleistungen zusteht, für die die Marke Schutz genießt, war die Klage im Übrigen unbegründet und abzuweisen.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kostentragung gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führte zu der Entscheidung, die Kosten des Rechtsstreits insoweit der Beklagten aufzuerlegen, da ein Unterlassungsanspruch, wie bereits unter Ziffer I. ausgeführt wurde, insoweit gegeben war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

 

Streitwert: bis 02.01.2011                                        50.000,00 EUR

(Eine Minderung des Streitwertes aufgrund des Schrittsatzes der Klägerin vom 13.09.2010 kommt nicht in Betracht, da hierdurch der Unterlassungsantrag nicht wesentlich eingeschränkt, sondern nur die Verletzungshandlung konkretisiert wurde.)

ab 03.01.2011                                                        bis 16.000,00 EUR

Dr. Fudickar                        Engelkamp-Neeser                                          Kroll-Schlüter

 

 

 

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