LG Düsseldorf, Urt. v. 07.12.07, 20 S 179/07 - Wiederholungsgefahr

eigenesache Der Umstand, dass der Versender einer Werbe-E-Mail erklärt hat, er werde keine weiteren Mails an einen Empfänger versenden, lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.

Instanzen: AG Düsseldorf, Urt. v. 25.09.07, 21 C 7988/07; LG Düsseldorf, Urt. v. 07.12.07, 20 S 179/07

Streitwert: 3.000 € 

nrw

LANDGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 20 S 179/07
Entscheidung vom 7. Dezember 2007

 

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

[ ...]

hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2007 durch ihre Richter Schuster, Dr. Thönnissen und Machalitza

für Recht erkannt

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 25. September 2007 verkündete Urteil das Amtsgerichts Düsseldorf - Az: 21 C 7988/07 - abgeändert und wie folgt neu gefasst: Dem Verfügungsbeklagten wird es untersagt, ohne Zustimmung des Verfügungsklägers an das E-Mail-Account »info@[...].de« Werbe-E-Mails zu versenden, in denen für Produkte des Unternehmens »[...]« geworben wird.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens und des Berufungsverfahrens werden dem Verfügungsbeklagten auferlegt.

Dem Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Entscheidungsgründe

I. Der Verfügungskläger nimmt den Verfügungsbeklagten auf Unterlassung der unaufgeforderten Zusendung von Werbe-E-Mails in Anspruch, in denen für die »Waren des Berufungsbeklagten« geworben werde. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat zunächst die einstweilige Verfügung erlassen, diese jedoch nach Widerspruch des Verfügungsbeklagten durch das angefochtene Urteil aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Monate nach dem einmaligen Erhalt einer E-Mail mit werbendem Inhalt sei die Wiederholungsgefahr ausgeschlossen, nachdem der Verfügungsbeklagte erklärt habe, er werde sich in Zukunft nicht mehr mit E-Mails an den Antragsteller wenden.

Mit der Berufung verfolgt der Verfügungskläger seinen Unterlassungsanspruch weiter.

Die zulässige Berufung ist begründet mit der Folge, dass die Kammer die aufgehobene einstweilige Verfügung erneut zu erlassen hat (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2006, 1349).

1. Der Antrag war im Sinne des Tenors auszulegen. Dass der Verfügungsbeklagte eigene Waren oder Produkte vertreibt, hat der Kläger selbst nicht behauptet. Vielmehr hat er mit Schriftsatz vom 28. August 2007 - dort Blatt 2 - sowie in der Berufungsbegründung - dort auf Blatt 3 - auf den Vertrieb des Getränks »Xango« des gleichnamigen Unternehmens abgestellt. Gemäß § 938 Abs. 1 ZPO war die erstrebte Unterlassung dem sprachlich anzupassen.

2. Dem Verfügungskläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 1004 BGB analog zu. Durch die unstreitig von ihm empfangene E-Mail wurde in seine Anwaltskanzlei und damit in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unmittelbar und zielgerichtet störend eingegriffen. Der Eingriff durch eine einzige E-Mail geht über eine hinzunehmende sozial übliche Behinderung hinaus, da sie als Teil des nach allgemeiner Auffassung zu bekämpfenden Spammings aufzufassen ist (OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Naumburg, DB 2007, 911 = OLGR Naumburg 2007, 753). Der Eingriff war rechtswidrig. Er stellt, wie ein Vergleich zu der Verbotsnorm des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG zeigt, eine unzumutbare Belästigung dar und erfolgte weder im tatsächlichen, noch im vermuteten Einverständnis des Verfügungsklägers.

Es handelt sich zumindest auch um Werbung, nämlich eine auf die Förderung des Absatzes oder den Bezug von Leistungen abzielende Wettbewerbshandlung (Koch in juris-PK-UWG, 1. Aufl. 2006 - Stand: 4.10.2007 -, § 7 UWG, Rdn. 14). Der im post scriptum enthaltene Hinweis auf die Website »www.[...].de« diente der Förderung der dort angebotenen Mitarbeiterstellung im Vertriebssystem des Unternehmens »[...]« und damit dem Absatz der durch dieses Unternehmen vertriebenen Produkte.

Die für den Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung begründet eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, an deren Widerlegung hohe Anforderungen zu stellen sind (Palandt-Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 1004, Rdn. 32 m.w.N.). Der Umstand, dass der Verfügungsbeklagte erklärt hat, er werde keine weiteren Werbe-E-Mails an den Verfügungskläger versenden, lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Diese Erklärung ist zunächst damit begründet worden, der Erfolg der Anzeige sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Derartige betriebswirtschaftliche Erwägungen vermögen den Verfügungskläger nicht dauerhaft zu schützen, da sie nicht von der Erkenntnis der Rechtswidrigkeit des Eingriffs getragen sind und sich jederzeit ändern können. Auch die wiederholten Beteuerungen in der Berufung, es werde keine weiteren Werbe-E-Mails geben, sind unzureichend, da nicht sicher erkennbar ist, dass es sich nicht um Versprechungen handelt, die ohne bessere Einsicht unter dem Druck des Verfahrens abgegeben werden. So hat der Verfügungsbeklagte keine organisatorischen oder technischen Vorkehrungen glaubhaft gemacht, die es in Zukunft ausschließen, dass der Antragsteller Adressat seiner Werbe-E-Mails wird. Ferner hat er sich geweigert, die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies indiziert die ernsthafte Besorgnis zukünftiger weiterer Störungen. Dass im Zeitraum eines halben Jahres keine erneute Störung eingetreten ist, lässt keinen anderen Schluss zu.

3. Schließlich ist auch der erforderliche Verfügungsgrund glaubhaft gemacht (§ 940 ZPO). Die Unterlassungsverfügung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller bzw. für dessen Gewerbebetrieb notwendig. Aufgrund des nur abwehrenden Charakters der Unterlassungsverfügung sind die Voraussetzungen an den Verfügungsgrund nicht so streng wie im Falle der Leistungsverfügung. Vorliegend ist maßgeblich, dass der Verfügungskläger als Rechtsanwalt im Rahmen eines geordneten Kanzleibetriebs darauf angewiesen ist, drohende weitere Beein­trächtigungen seiner geschützten Rechtsposition - des eingerichteten und ausge­übten Gewerbebetriebs - mit sofortiger Wirkung zu beseitigen. Eine Verweisung auf den Klageweg wäre mit dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes in diesem Falle nicht zu vereinbaren (ebenso AG Hamburg, NJW 2005, 3220, 3221). Die Anordnung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft folgt aus § 890 ZPO.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Streitwert: 3.000,00 €.

Schuster            Dr. Thönnissen             Machalitza

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