AG Frankfurt am Main, Urt. v. 30.01.07, 30 C 2585/06 - 32 - Anwaltsvertrag

eigenesache Wendet sich ein Betroffener auf eine Abmahnung hin per E-Mail mit der Bitte um Rat an einen Rechtsanwalt, ist damit das Zustandekommen eines honorarpflichtigen Mandats auch dann noch nicht nachgewiesen, wenn die Parteien anschließend eine Stunde lang miteiannder telefonieren.

Streitwert: 690,55 €.

 

hessen

AMTSGERICHT FRANKFURT AM MAIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Entscheidung vom 30. Januar 2007
Aktenzeichen: 30 C 2585/06 - 32

Im Rechtsstreit

[...]

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main - Abteilung 30 - durch Richterin am Amtsgericht Schulte-Kürzel aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2006 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Anspruch.

Der Kläger betreibt in Düsseldorf zusammen mit anderen Rechtsanwälten eine Anwaltskanzlei. Am 2. Juni 2006 übersandte der Beklagte dem Kläger eine E-Mail und teilte darin mit, dass er vom Rechtsbeistand der [...] GmbH abgemahnt und gleichzeitig zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert worden sei. Der Beklagte hatte ein Plagiat der Marke [...] im Internetauktionshaus eBay zum Verkauf angeboten. Die Bevollmächtigten der [...] GmbH hatten den Beklagten dazu aufgefordert, für die Abmahnung entstandene Honorare in Höhe von 1.600,57 Euro zu erstatten. Auf die E-Mail des Beklagten hin hat der Kläger diesen am 7.6.2006 angerufen und ca. eine Stunde lang mit ihm telefoniert. Der Kläger hat dem Beklagten mit Honorarnote vom 21.6.06 für eine rechtliche Erstberatung eine 0,55 Beratungsgebühr aus einem Gegenstandswert von 50.000,-- Euro, insgesamt 690,55 Euro, berechnet.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe in dem Telefonat vom 7.6.06 sowohl ihn um Rechtsrat gebeten als auch Rechtsrat erhalten. Er, der Kläger, habe ihn umfassend über die Rechtslage aufgeklärt und ihm weitere Reaktionsmöglichkeiten auf das Schreiben der Gegenseite aufgezeigt. Der Beklagte habe zu keiner Zeit geäußert, dass er keine Beratung wünsche.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 690,55 Euro nebst Verzugszinsen hieraus seit dem 13. Juli 2006 nach einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet, den Kläger mit seiner Beratung beauftragt zu haben. Er behauptet, er habe vor Versenden der E-Mail am 2.6.06 im Büro des Klägers angerufen. Man habe ihn dort jedoch nicht wunschgemäß mit dem Kläger verbunden, sondern ihm gesagt, er solle erst die Unterlagen einreichen. Der Kläger rufe ihn dann zurück und man könne über alles Weitere sprechen. Am 6.6.06 habe ihn die Firma [...] angerufen und erklärt, dass die ganze Sache fallen gelassen werde und es keine Schadensersatzforderung aus einem Streitwert von 50.000 € geben werde. Er habe sich gegenüber der Firma [...] bereit erklärt, die Kosten für die Einschaltung von deren Rechtsanwälten mit ca. 350 € zu tragen. Als der Kläger ihn am 7.6.06 angerufen habe, habe er dem Kläger sofort gesagt, dass sich die Angelegenheit erledigt habe und er keine Mandantschaft oder ähnliches mehr benötige. Dennoch habe der Kläger sich an der Sache sehr interessiert gezeigt und ihn in ein längeres Gespräch über die Angelegenheit, andere Fälle des Klägers und einen bevorstehenden Fernsehauftritt verwickelt.sr

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Honoraranspruch gemäß § 611 Abs. 1. BGB nicht zu. Er hat nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass ein Vertrag zwischen den Parteien geschlossen worden ist.

Das E-Mail des Beklagten vom 2.6.06 kann nicht bereits als verbindliches Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags gewertet werden. Zwar wirft der Beklagte in seinem Schreiben die Frage auf »was kann man da machen?«. Dies ist jedoch nicht als verbindlicher Auftrag an den Kläger, diese Frage nunmehr zu beantworten, zu verstehen, sondern lediglich als Aufzeigen des Problems, um das es dem Beklagten geht. Nachdem der Beklagte in seinem Telefonanruf vom 2.6.06 die näheren Vertragsmodalitäten nicht klären konnte, sondern nur gebeten worden war, zunächst die Unterlagen einzureichen, durfte er davon ausgehen, dass ihm in einem späteren Gespräch Gelegenheit hierzu gegeben würde, insbesondere dazu, sich über die mit der Beauftragung verbundenen Kosten zu informieren. Ein verbindliches Vertragsangebot des Beklagten konnte daher vom Beklagten, der die Dienste des Klägers zuvor noch nie in Anspruch genommen hatte, vom objektiven Empfängerhorizont aus zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwartet werden.

Ob es in dem am 7.6.06 zwischen den Parteien geführten Telefongespräch zu einem Vertragsschluss gekommen ist, ist aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Parteien zu Inhalt und Ablauf des Gesprächs nicht feststellbar. Der Umstand, dass der Kläger überhaupt ca. eine Stunde lang mit dem Beklagten telefoniert hat, zwingt nicht schon für sich allein zu dem Schluss, dass eine Beauftragung zur Beratung durch den Beklagten erfolgt sein muss. Der Beklagte hat vielmehr nachvollziehbar den Gesprächsablauf aus seiner Sicht geschildert. Nach dieser Schilderung wäre eine erklärte oder konkludent zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft des Beklagten, einen Anwaltsvertrag abzuschließen, nicht vorhanden gewesen. Die Möglichkeit eines solchen Gesprächsablaufs ist nicht von vornherein auszuschließen. Offenbar hat sich das Gespräch aus Sicht der Parteien jeweils unterschiedlich dargestellt. Objektive Feststellungen des Gerichts zum Inhalt des Gesprächs sind nicht möglich, Beweise sind nicht angeboten worden.

Da den Kläger die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen des Vertrags trifft, muss die Ungewissheit über den tatsächlichen Gesprächsinhalt zu seinen Lasten gehen.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Schulte-Kürzel

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