OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 10.01.08, 6 U 177/07 - Sandra-Escort

Ob die Verwendung einer fremde Marke als Metatag eine markenmäßige Benutzung darstellt, beurteilt sich  danach, wie der Nutzer die Kurzhinweise in der Trefferliste versteht, die ihm nach Eingabe der Marke als Suchwort präsentiert werden. Es fehlt an einer markenmäßigen Verwendung, wenn der Nutzer bei Betrachtung er Kurzangaben in der Trefferliste erkennt, dass es sich bei dem Hinweis auf eine Website nur um einen »Zufallstreffer« handelt.

Fundstelle: CR 2008, 742

Instanzen: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 16.08.07, 3/10 O 66/07, OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 10.01.08, 6 U 177/07 

 

hessen

OBERLANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 177/07
Entscheidung vom 10. Januar 2008

In dem Rechtsstreit

[...]

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter [...] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2008 für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das am 16.08.2007 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313 a ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch des Antragstellers mit Recht verneint.

Der vom Landgericht zutreffend als kennzeichnungsschwach eingestuften Verfügungsmarke »Sandra-Escort«, die für Dienstleistungen einer Begleitagentur und weitere Dienstleistungen geschützt ist, steht die Zeile »Escort [...] - Sandra - Escort Lady« gegenüber, die im Quelltext einer Unterseite des Internetauftritts des Antragsgegners enthalten ist (bzw. war), und mit der - für den Nutzer auf dem Bildschirm sichtbar - der an dritter Stelle stehende »Treffer« nach Eingabe des Suchbegriffs »sandra-escort« bei Google überschrieben war (Anlage K 8).

Zwischen der Verfügungsmarke und der erwähnten Titelzeile in ihrer Gesamtheit besteht ersichtlich keine für die Annahme einer Verwechslungsgefahr hinreichende Zeichenähnlichkeit. Eine Verwechslungsgefahr wird auch nicht durch Bestandteile der Zeile begründet, die innerhalb der Zeile eine selbständig kennzeichnende Stellung haben.

Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, dass der Verkehr innerhalb der Titelzeile das Wort »Escort« eher in einen Sinnzusammenhang mit »Lady« bringt, als es auf »Sandra« zu beziehen. Der Begriff »Escort« ist eine branchenübliche Bezeichnung für den angebotenen Begleitservice und damit rein beschreibend. Hiervon ausgehend hat die Wortfolge »Escort Lady« ebenfalls beschreibende Bedeutung. Angesichts der aus der Wortzusammenstellung »Escort Lady« ersichtlichen Sachaussage sowie des Umstandes, dass die Leerstellen vor und nach dem Querstrich, der zwischen »Sandra« und »Escort« gesetzt ist, diesen eher als einen Gedankenstrich denn als einen Bindestrich ausweisen, hat der Verkehr keinen Anlass, die fragliche Zeile in die Bestandteile »Escort [...]«, »Sandra - Escort« und »Lady« zu gliedern. Er trennt vielmehr zwanglos zwischen »Escort [...]«, »Sandra« und »Escort Lady« und erkennt, dass auf eine »Escort Lady« namens Sandra hingewiesen wird.

Eine Markenverletzung ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus einer unzulässigen Beeinflussung der Suchfunktion bei der Verwendung von Internet-Suchmaschinen wie »Google«.

Nach der Rechtsprechung des BGH (WRP 2006, 1513, 1515 f. - Impuls; WRP 2007, 1095, 1097 - AIDOL) kann bei der Verwendung einer fremden Bezeichnung als »Metatag« oder in »Weiß-auf-Weiß-Schrift« eine markenmäßige Benutzung bereits deshalb anzunehmen sein, weil mit Hilfe des Suchworts das Ergebnis des Auswahlverfahrens beeinflusst und der Nutzer auf diese Weise zu der entsprechenden Internetseite geführt wird. Eine Verwechslungsgefahr kann sich in einem solchen Fall bereits daraus ergeben, dass die Internetnutzer, die die geschützte Bezeichnung kennen und als Suchwort eingeben, um sich über die unter der Bezeichnung angebotenen Waren und Dienstleistungen zu informieren, als Treffer auch auf die Leistung des Unternehmens hingewiesen werden, das den betreffenden Metatag gesetzt hat. Auf den Inhalt der Internetseite, zu der der Nutzer geführt wird, soll es dann nicht mehr ankommen (BGH, WRP 2006, 1513 ff., Tz. 17 - Impuls; WRP 2007, 1095 ff., Tz. 18 - AIDOL). Anders verhält es sich jedoch mit den schon aus der Trefferliste ersichtlichen Angaben. Der Internetnutzer ist darauf eingerichtet, dass sich nicht alle Treffer auf das von ihm gesuchte Ziel beziehen; dementsprechend sind die aus der Trefferliste ersichtlichen Kurzhinweise bei der Frage, ob markenmäßige Benutzung und Verwechslungsgefahr vorliegen, noch zu berücksichtigen (vgl. BGH, WRP 2006, 1513 ff., Tz. 19 - Impuls).

Im vorliegenden Fall entnimmt der Nutzer aus den Kurzangaben in der Trefferliste zwar, dass sich das Angebot des Antragsgegners ebenfalls auf einen Begleitservice bezieht. Er erkennt aber zugleich, dass es hier nicht um eine unter der Bezeichnung »Sandra-Escort« angebotene Dienstleistung, sondern um eine »Escort Lady« namens Sandra geht. Auf dieser Grundlage, also bei Einbeziehung der aus der Trefferliste ersichtlichen Angaben in das für die Annahme einer Markenverletzung maßgebliche Vorstellungsbild des Internetnutzers, scheidet wiederum - entsprechend den eingangs gemachten Ausführungen - jedenfalls die Annahme einer Verwechslungsgefahr aus. Denn bei Betrachtung der Kurzangaben ergibt sich für den Nutzer, dass es sich bei dem Hinweis auf die Unterseite des Antragsgegners nur um einen »Zufallstreffer« handelte, bei dem die Marke des Antragstellers nicht in verwechselbarer Form verwendet wird.

Schließlich führt auch die Behauptung des Antragstellers, der Antragsgegner habe durch die Formulierung des Quelltextes nicht nur die Aufnahme in die Trefferliste, sondern dort auch die Belegung eines vorderen Platzes erreicht, zu keinem anderen Ergebnis. Natürlich findet der Nutzer in dem Treffer »Escort [...] - Sandra - Escort Lady« seine Sucheingabe wieder, wobei er aber auch erkennt, warum es sich um einen un-beabsichtigten »Zufallstreffer« handelt. Dass der Nutzer Anlass hätte, über diesen schlichten Befund hinausgehend, aus der guten Platzierung auf eine inhaltliche Nähe des Treffers mit seiner Sucheingabe zu schließen, ist nicht nachvollziehbar dargetan, jedenfalls aber nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 I ZPO).

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