Eine Bewertung bei Google MyBusiness setzt keinen Kundenkontakt voraus. Ausreichend ist, dass der Bewertende in irgendeiner Art und Weise mit dem Geschäft des Bewerteten in Berührung gekommen ist.
Landgericht Gera
Urt. v. 05.05.21, 3 O 1317/17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger nahm den Beklagten wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in Anspruch .
Der Kläger vertreibt bundesweit Schwimmbäder und Zubehör. Er ist mit seinem Ladenlokal auf der Bewertungsplattform »Google My Business« unter „»[...]« gelistet. Der Beklagte wertete den Kläger auf der Plattform mit dem Wortlauf »Absolut unhöflich am Telefon !!!!« und versah die Bewertung mit einem Sternchen.
Mit Schreiben vom 23.11.2017 forderte der Kläger den Beklagten zur Löschung der negativen Bewertung auf (Anlagen SR 1 und SR 2). Des Weiteren machte der Klägervertreter seine Kostennote geltend (Anlage SR 3).
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Kommentierung einen rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht darstelle, da der Beklagte nie Kunde des Klägers gewesen sei. Er habe mit dem Beklagten auch zu keinem Zeitpunkt telefoniert. Hinzu komme die Bewertung mit nur einem Stern von fünf Sternen. Letztlich beruhe alles auf einer falschen Darstellung und sei somit auch zu löschen.
Der Kläger beantragte daher zunächst,
dass es dem Beklagten verboten werde, bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfälle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren sich wie nachfolgend wiedergegeben auf der Bewertungsplattform »Google My Business« zu äußern: »Vor zwei Jahren absolut unhöflich am Telefon mit einer Sternebewertung«,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 887,02 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Klageerhebung zu zahlen.
Der Beklagte wandte sich gegen die Klage und berief sich darauf, dass es eine bloße Meinungsäußerung sei. Der Beklagte sei auch Kunde des Klägers gewesen, wenngleich bereits seit den 90er Jahren. Hinzu komme, dass der Beklagte gar nicht behauptet habe, Kunde des Klägers zu sein. Bei Bewertung auf der Plattform »Google My Business« finde sich auch an keiner Stelle ein Hinweis, dass die Rezension nur von Nutzern stamme, die tatsächlich Produkte erworben oder Kaufinteresse haben und hatten. Vielmehr sei jeglicher persönlicher Kontakt mit dem bewerteten Einzelunternehmen der Kritik zugänglich. Abgesehen davon sei die streitgegenständliche Äußerung, soweit sie einem tatsächlichen Beweis zugänglich wäre, auch wahr. Der Beklagte betreibe seinerseits ein Handelsunternehmen, wobei der Kläger als dessen Kunde wohl im Verlauf eines Verkaufsgesprächs unzufrieden gewesen sei und ebenso einen negativen Eintrag im Hinblick auf den Beklagten online gestellt habe. Dieses habe der Beklagte zum Anlass genommen, sich telefonisch an den Kläger zu wenden. Das Gespräch sei schwierig zu führen gewesen, da der hiesige Kläger sich gegen den Beklagten schroff und unfreundlich geäußert habe (Anlagen B1 und B2).
Anlässlich eines mündlichen Haupttermins gab der Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, welche der Kläger als nicht ausreichend erachtete.
Mit Schreiben vom 13. Februar 2019 erklärte der Kläger den Klageantrag zu 1 in der Hauptsache für erledigt. Nach Zustellung trat der Beklagte der Erledigterklärung nicht entgegen. Mit Scheiben vom 15.04.2019 teilte der Klägervertreter mit, dass er die Erledigungserklärung nur abgegeben habe, weil das erkennende Gericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hatte und bat um gerichtlichen Hinweis, wie die Erledigungserklärung behandelt werden solle. Letztlich stimmten die Parteien einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf deren gewechselte Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage war, soweit sie aufrechterhalten wurde, hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten abzuweisen.
Hinsichtlich des übereinstimmend erledigt erklärten Teils waren die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen; da er aller Voraussicht nach bei einem streitigen Ausgang unterlegen wäre.
Es ist unbeachtlich, vor welchem Hintergrund der Klägervertreter die Erledigungserklärung abgegeben hat. Seine Motivation zur Abgabe der Erledigungserklärung spielt keine Rolle. Der Beklagte hat nach Zustellung der Teilerledigterklärung ihr auch nicht binnen zwei Wochen widersprochen, so dass von einer übereinstimmenden Erledigterklärung auszugehen ist. Der Kläger konnte auch nach wie vor die Erledigungserklärung abgeben. Die Erledigungserklärung ist nicht unzulässig, da vorliegend in das schriftliche Verfahren übergegangen'wurde.
Insofern war gemäß § 91a ZPO über die Kosten zu entscheiden. Die zulässige Klage - Antrag zu 1 - war in der Sache unbegründet.
Der Kläger hatte keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Unterlassung der streitgegenständlichen Sternchenbewertung in Verbindung mit dem Vermerk »Absolut unhöflich am Telefon mit vier Ausrufezeichen versehen«. Die Voraussetzungen des §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB, Artikel 2 Abs. 1 GG sind nicht erfüllt. Der Kläger ist nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Vielmehr stellt die streitgegenständliche Sternchenbewertung eine zulässige Meinungsäußerung dar, ebenso die Bemerkung »Am Telefon absolut unhöflich«. Mit der streitgegenständlichen Bewertung hat der Kläger mitgeteilt, dass er eine Meinung zu dem Geschäft des Klägers hat und ein negatives Werturteil durch die Vergabe nur eines Sterns und die Bemerkung »Absolut unhöflich am Telefon« zum Ausdruck gebracht. Er brachte damit seine subjektive und individuelle Bewertung für den Beklagten und dessen Geschäft bzw. dessen Geschäftsgebaren zum Ausdruck. Die Bewertung ist zwangsläufig auch nicht dahin zu verstehen, dass der Nutzer die Bewertung als Kunde des Klägers abgegeben hat. Der Hintergrund der Bewertung bleibt für einen Internetnutzer offen, so dass der Kläger weder in seiner Ehre noch in seiner sozialen Anerkennung getroffen ist. Es ist daher auch nicht erheblich, dass der Kläger behauptet, dass der Beklagte mit ihm keine geschäftlichen Beziehungen gepflegt hat. Entscheidend ist allein, dass der Beklagte in irgendeiner Art und Weise mit dem Geschäft des Klägers in Berührung gekommen ist und sich über diesen Kontakt eine Meinung über ihn gebildet hat, welche ihn veranlasste die Bewertung und die Äußerung abzugeben. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger dem Vorbringen des Beklagten, dass man in einer anderen geschäftlichen Gelegenheit miteinander zu tun gehabt hat und er, der Beklagte, den Kläger hier als absolut unhöflich empfunden hat, nicht entgegengetreten ist. Der Kläger hat sich lediglich darauf beschränkt, den Beklagten darauf hinzuweisen, sofern er sich über eine durch ihn erstellte Negativbewertung im Internet verletzt gefühlt hat, ihn ebenfalls auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Insofern standen die Parteien auch in - geschäftlichen - Kontakten.
Es kann aber auch dahinstehen, ob der Kläger einmal ursprünglich den Beklagten privat oder geschäftlich kontaktiert hat. Der Kläger betreibt ein Einzelunternehmen. Da aber aus der Bewertung nicht herauszulesen ist, dass es hier um einen umgekehrten geschäftlichen Kontakt ging, wie oben ausgeführt, rechtfertigt dies keinen Anspruch des Klägers (LG Augsburg, Urteil vom 17.08.2017, Aktenzeichen 22 O 560/17).
Die Sternchenbewertung und die Äußerung »absolut unhöflich« ist ferner als Meinungsäußerung und nicht als Tatsachenbehauptung zu werten. Die Meinungsäußerung wird auch nicht dadurch unzulässig, weil der Hintergrund der Bewertung offenbleibt und daher eine Meinung geäußert wird, ohne die Gründe zu nennen, die zu dieser Meinungsbildung geführt haben. Die Äußerung von zulässiger Kritik hat nicht zu voraussetzen, dass sogleich die Hintergründe und Umstände aufgedeckt werden müssen, die zu der Meinungsbildung geführt haben. Zum Recht der freien Meinungsäußerung gehört auch, seine Meinung aussprechen zu können, ohne diese erklären zu müssen (OLG Köln, Urteil vom 06.01.2009, Aktenzeichen 15 U 174/08).
Die streitgegenständliche Sternchenbewertung stellt zudem keine Schmähkritik am Kläger oder dessen Einzelunternehmen dar. Der Kläger hat sich bewusst für einen Internetauftritt und eine Registrierung bei solchen Diensten entschieden und muss damit rechnen, dass auch negative Kritik veröffentlicht wird. Solange die Grenze der Beleidigung jedoch nicht überschritten ist, muss der Kläger negative Meinungen über ihn dulden, wenn nicht schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht bestehen.
Insofern war nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung nach § 91a die Kosten dem Kläger aufzuerlegen.
Ebenso war der aufrechterhaltende Klageantrag zu 2 abzuweisen, da die Nebenforderungen das Schicksal der Hauptforderung teilen.
Die Kosten waren daher insgesamt dem Kläger aufzuerlegen gern. §§ 91,91a ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
gez.
Hager
Richterin am Landgericht