In äußerungsrechtlichen Angelegenheiten gilt die Dringlichkeit in Verfügungsverfahren regelmäßig als widerlegt, wenn der Antragsteller ab Kenntnis von einem Verstoß länger als einen Monat abwartet, bevor er den Verfügungsantrag einreicht.
Landgericht Düsseldorf
Beschl. v. 21.10.22, 12 O 326/22
Streitwert: 10.000,00 €
Tenor
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
[...]
wird der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert wird auf 10.000,0 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt eine einstweilige Verfügung mit folgendem Inhalt:
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeld bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann zu vollstrecken an den jeweiligen Mitgliedern des Vorstands, untersagt,
auf die Frage, ob der Betreiber des mit der Domain »[...]« adressierten Internetangebots eine zugelassene Schule betreibt, wie folgt zu antworten:
„Eine Zulassung im Sinne einer behördlichen Genehmigung einer Schule existiert nicht. Jede Schule, die sich fachlich und organisatorisch in der Lage dazu fühlt kann die [...] Schulungen anbieten und durchführen“, wenn das geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben:
[Abbildung entfernt]
Die Antragstellerin hat den Antragsgegner mit dem in Kopie als Anlage SR 6 beigefügten Anwaltsschreiben vom 19. September 2022 aufgefordert, die unzulässigen Inhalte zu löschen und zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Der Aufforderung ist der Antragsgegner innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachgekommen.
Die Antragstellerin, die meint, die auf der Website der Antragsgegnerin veröffentlichte Aussage, verletze sie in ihrem sozialen durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 2, 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen, trägt vor, sie habe am 02.09.2022 von dem Beitrag erfahren.
II.
Der Antrag ist nicht gerechtfertigt.
Der Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zu verneinen.
Die Antragstellerin kann sich nicht auf die Vermutung des § 12 Abs. 1 UWG berufen, da sie wettbewerbsrechtliche Ansprüche nicht geltend macht.
Die Antragstellerin hat einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die als Anlage SR 1 vorgelegte eidesstattliche Versicherung betrifft einen anderen Zeitpunkt und andere Aussagen.
Selbst wenn man eine erstmalige Kenntnis am 02.09.2022 unterstellt, besteht kein Verfügungsgrund. Die Antragstellerin hat das einstweilige Verfügungsverfahren erst mit Antrag vom 20.10.2022 eingeleitet und damit die Dringlichkeit widerlegt.
Der für Beschwerden bzw. Berufungen in Streitigkeiten aus Veröffentlichungen zuständige 15. Senat des OLG Köln (vgl. die Konzentrations-Verordnung über Ansprüche aus Veröffentlichungen vom 01.10.2021 (GV. NRW. S. 1156) vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass im Äußerungsrecht von einer einmonatigen Regelfrist auszugehen ist, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die eine großzügigere Betrachtung gebieten (Senat, Beschl. v. 29.7.2021 - 15 W 48/21, n.v.; Beschl. v. 9.5.2019 - 15 W 70/18, NJW-RR 2019, 1213 Rn. 3). Besondere Umstände, die ein Zuwarten rechtfertigen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
Selbst wenn bei der gebotenen Einzelfallwürdigung vorliegend weiter berücksichtigt wird, dass das Verfahren im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf eingeleitet worden ist und dort bisher für den Regelfall etwas längere Dringlichkeitsfristen von zwei Monaten anerkannt waren (vgl. zur bezirklichen Praxis Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG 40. Aufl. 2022, § 12 Rn. 2.15b), führt dies nicht zu einer für die Antragstellerin günstigeren Entscheidung. Zum einen ist das Verfahren erst deutlich nach dem Inkrafttreten der maßgeblichen Konzentrations- Verordnung vom 1. Oktober 2021 (GV. NRW. 2021 S. 1156) eingeleitet worden, womit schon ersichtlich sein konnte, dass jedenfalls im Instanzenzug die Beurteilung der Dringlichkeit nach strengeren Maßstäben erfolgen würde. Zum anderen handelt es sich bei bezirklich üblichen Dringlichkeitsfristen auch nicht um einen Umstand, der einen generellen Vertrauensschutz bei den Beteiligten begründen kann. Vielmehr ist die Frage, ob der erforderliche Verfügungsgrund für die geltend gemachten Ansprüche vorliegt, stets abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu bemessen, wobei die Frage, wie lange die Antragstellerin mit der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Rechte zugewartet hat, nur ein - wenn auch gewichtiges - Indiz bildet (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 25.08.2022, 15 W 53/22).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.