LG München I, Urt. v. 11.12.03, 7 O 13310/03 – Haftung für Playboy-Links

eigenesache Wer im Internet ein Linkverzeichnis betreibt (hier: 12.500 Links), in das Dritte unkontrolliert Einträge vornehmen können, verletzt die ihm obliegende Internetverkehrssicherungspflicht, wenn ein Link auf eine Seite mit unzulässigen Inhalten zeigt. Es stellt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wenn ein Link zu einer Seite mit Nacktbildern eines Models führt, diese Nacktbilder zwar authentisch, aber zur Veröffentlichung an dieser Stelle nicht freigegeben sind und auf der Seite, auf der sich der Link befindet, auch Werbung für ein pornographisches Angebot betrieben wird.

 

 

bayern

LANDGERICHT MÜNCHEN I
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 7 O 13310/03
Entscheidung vom 11. Dezember 2003

 

In der einstweiligen Verfügungssache

[...]

wegen Unterlassung (KUG)

erlässt das Landgericht München 1, 7. Zivilkammer, durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Retzer, Richter am Landgericht Lehner und Richter am Landgericht Rieger aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6.11.2003 folgendes

ENDURTEIL

I. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 22.7.2003 wird bestätigt.

II. Der Antragsgegner hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Antragstellerin macht Unterlassungsansprüche wegen der Veröffentlichung von Aktaufnahmen sowie ihrer namentlichen Erwähnung im Internet geltend.

Die Antragstellerin ist Studentin. Die Zeitschrift Playboy veröffentlichte mit ihrer Zustimmung in der März-Ausgabe des Jahres 2002 mehre Aktfotos der Antragstellerin, u.a. die streitgegenständlichen.

Der Antragsgegner betreibt teils als Einzelperson, teils gemeinsam mit einem GbR Mitgesellschafter, teils als Gesellschafter der wirtschaftlich zu 50% von ihm gehaltenen w[...] GmbH & Co. KG mehrere Internetseiten (Anlagen AST 1 und AST 16 S. 6), auf denen Bilder pornografischen Inhalts gegen Entgelt angeboten werden. Ferner betreibt er die Internetseite www.l[...].de, auf denen sich Internet Nutzer über die Web Adressen von Hardcore Pornoseiten informieren können, die wiederum teilweise bzw. großteils vom Antragsgegner betrieben werden.

Dritte Anbieter von Erotikseiten können sich über ein Formular (AST 14) in die unter www.l[...].de angebotene Linksammlung eintragen.

Zwischen dem 14.3.2002 und dem 15.7.2003 konnte auf der Internetseite www.l[...].de der folgende Link (Anlage AST 2) abgerufen werden:

"U[...] K[...] ... Superbabe & Freundin von L[...] M[...]
u[...], k[...], playboy, deutschland, germany, l[...], m[...], u[...] k[...], fotos, bilder"

Diesem Link lagen u.a. die folgenden Eintragungsdaten zugrunde (AST 12 S. 2):

LinkOwner: admin edit
Is validated: Yes
Contact Name: U[...] K[...]
Contact Email: uk[...]@yahoo.de
Alterskontrolle: Yes

Gleichzeitig war auf der den Link wiedergebenden Internetseite ein Werbebanner zu der von dem Antragsgegner mitbetriebenen Porno Seite www.p[...].de zu sehen, der neben, einer textlichen Beschreibung auch einen animierten Kurzfilm beinhaltete. Dieser Kurzfilm zeigte eine Frau, die sich mit der Hand zwischen ihren geöffneten Schamlippen streichelte.

Der oben genannte Link konnte sowohl über die Suchmaschinen www.google.de (Anlage AST 3) und www.yahoo.de, als auch über die Seite www.l[...].de dadurch erreicht werden, dass man als Suchbegriff Vor und Nachnamen der Antragstellerin eingab.

Nach dem Betätigen des Links öffnete sich zunächst nicht die gewünschte Seite sondern ein Fenster (AST 5) mit folgendem Text:

»Hardcorelink! Damit wir Ihr Alter feststellen können, geben Sie bitte Ihre Alterskontroll-Zugangsdaten ein!«

Innerhalb dieses Fensters wird der Benutzer aufgefordert, eine User ID und ein Passwort einzugeben (Anlage AST 5). Dieses Fenster wird von dem Internetanbieter www.a[...].de angeboten, der wiederum u.a. vom Antragsgegner betrieben wird (AST 7 und 8). Erstnutzer erhalten dort gegen ein Entgelt in Höhe von 39,80 EUR die entsprechenden Zugangsdaten (AST 6) und anschließend Zugang zu der ursprünglich gewünschten Internetseite.

Innerhalb des streitgegenständlichen Zeitraums wurde nach Eingabe der Zugangsdaten die Seite www.geocities.com/uk[...] freigeschaltet, auf der die 10 streitgegenständlichen Aufnahmen der Antragstellerin zu sehen waren (AST 9).

Die sonstigen Links der Seite www.l[...].de leiten den Nutzer auf zahlreiche Hardcore Internetseiten, die großteils vom Antragsgegner selbst betrieben oder mitbetrieben werden, z.B. www.p[...].de und www.p[...].de, deren Inhalt beispielhaft aus der Anlage AST 10 ersichtlich ist.

Von diesen Vorgängen erlangte die Antragstellerin, die der Bildveröffentlichung nicht zugestimmt hatte, am 11.7.2003 Kenntnis (Anlage AST 4). Mit Antrag vom 21.7.2003, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, beantragte sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die am 22.7.2003 wie folgt antragsgemäß erlassen wurde:

I. Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000, EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, ersatzweise Ordnungshaft,bis zu 6 Monaten, für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung verboten,

1. die nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen der Antragstellerin im Internet zugänglich zu machen, wie unter www.l[...].de durch den Link U[...] K[...] ... Superbabe & Freundin von L[...] M[...]" auf die Website geocities.com/uk[...]/index.htm" geschehen:

(Es folgen die zehn unter der Seite www.geocities.com/uk[...] veröffentlichten Aufnahmen der Antragstellerin.)

2. unter Bezugnahme auf die Antragstellerin folgenden Text im Internet zu veröffentlichen:

"U[...] K[...] ... Superbabe & Freundin von L[...] M[...]"

wie geschehen unter www.l[...].de.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 90.000, EUR festgesetzt.

Gegen diese Verfügung, die der Antragstellerin am 23.7.2003 und dem Antragsgegner am 25.7.2003 im Parteibetrieb zugestellt wurde, legte dieser mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 25.9.2003, eingegangen bei Gericht am 29.9.2003, Widerspruch ein.

Er lässt unter Vorlage von zwei eidesstattlichen Versicherungen (Anlagen zu Bl. 30 und 52/53) - vortragen, dass er weder für die Veröffentlichung der 10 Bilder noch des Links verantwortlich sei. Der Link sei von einem Unbekannten mittels der Eingabemaske (AST 14) gesetzt worden.

Bis zum Eingang des Schreibens der Rechtsvertreter der Antragstellerin vom 15.7.2003 (Anlage AST 11) habe er von dem Vorgang keinerlei Kenntnis gehabt. Eine Überwachungspflicht treffe ihn nicht. Eine Überwachung sei technisch auch gar nichtmöglich. Bei der von ihm betriebenen Seite www.l[...].de handele es sich um eine Suchmaschine, die (nach den Angaben des Antragsgegners im Termin) zwischenzeitlich ca. 12.500 Einträge umfasse. Die Alterkontrolle werde beim Anklicken sämtlicher Internetseiten, deren Endung nicht ".de" laute, aus Gründen des Jugendschutzes automatisch aktiviert. Denn bei ausländischen Anbietern sei im Gegensatz zu deutschen nicht zu erwarten, dass die deutschen Bestimmungen zum Jugendschutz beachtet werden.

Es fehle ferner an der Dringlichkeit, da die fraglichen Bilder auf der Seite www.geocities.com/uk[...] am 25.9.2003 immer noch abgerufen werden konnten (Anlage zu Bl. 30). offensichtlich habe die Antragstellerin keine ausreichenden Anstrengungen unternommen, um die Fotos entfernen zu lassen.

Der Antragsgegner beantragt daher,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 22.7.2003 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 21.7.2003 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 22.7.2003 zu bestätigen.

Sie lässt vortragen, dass der Antragsgegner durch den Betrieb der Interseite www.l[...].de sowie der Eingabemaske es einem beliebigen Nutzerkreis ermögliche, die Links auf dieser Webseite zu ergänzen. Dadurch schaffe er eine offenkundige Gefahrensituation für Rechtsgüter Dritter, da gerade bei Websites mit erotischem oder pornografischem Inhalt die Verletzung von Persönlichkeitsrechten greifbar sei. Wer dergestalt eine erhebliche Gefahrenquelle schaffe, die bei bestimmungsgemäßer oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung Rechtsgüter Dritter bedrohe, den treffe eine besondere Verkehrssicherungspflicht (vgl. auch die vorgelegten Urteile, AST 15) , Demnach hätte der Antragsgegner, wenn er den Link nicht bereits selbst geschaltet habe, jedenfalls alle notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter treffen müssen, wie etwa die selbständige Kontrolle der Links.

Anlässlich einer solchen Kontrolle wäre dem Antragsgegner aufgrund der Beschreibung des Links „U[...] K[...] ... Superbabe ..." sowie der auf der Zielseite hinterlegten Fotos, bei denen es sich um offensichtliche Kopien aus dem Playboy handele, unschwer die drohende Rechtsverletzung bewusst geworden.

Der Eintrag der Links werde überwiegend vom Antragsgegnerselbst vorgenommen. Dies zeige sich beispielsweise daran, dass die Auswahl der einzelnen Links unmittelbar auf Hardcore Angebote des Antragsgegners weiterleite und die Aufforderung zur Entrichtung der Nutzungsgebühr enthielten. Im Übrigen befinde sich auf vielen dieser verlinkten Seiten wiederum Werbung, die zu Angeboten des Antragsgegners führe, wie beispielhaft auf der Seite www.p[...].de.

Bei der Seite www.l[...].de handele es sich nicht um eine klassische Suchmaschine, wie sie etwa von Google oder Yahoo angeboten würden (zu Definition vgl. Anlage AST 18 S.2), sondern um eine manuell gepflegte Linksammlung, mit der der Antragsgegner insbesondere die eigenen Erotikseiten bewerbe. Die Webseite verfüge über einen nach Kategorien unterteilten Aufbau, der die Auswahl einzelner Erotik Linklisten ermögliche. zu jeder Kategorie auf der Homepage sei in Klammern die zahl der dort abgelegten Links wiedergegeben. Die Zahl und Darstellung dieser Links sei unabhängig von einer Suchwortangabe des Benutzers. Es handele sich um eine feststehende Link Liste. Im übrigen entspreche der Schutzstandard der durch www.a[...].de angebotenen Zugangskontrolle nicht den geforderten Standards (Anlage AST 19).

Durch diese geschilderte Vorgehensweise habe sich der Antragsgegner den Inhalt des streitgegenständlichen Links zu eigen gemacht, um sich eine Erwerbsquelle zu erschließen. Eine Kontrolle von allenfalls 50 Neueinträgen pro Tag sei dem Antragsgegner durchaus ohne größere Mühe möglich.

Der Text des Links verletze die Antragstellerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, da er sie insbesondere aufgrund der Platzierung in einem Hardcore Sex Umfeld auf eine Stufe mit den vom Antragsgegner ansonsten gewinnbringend vertriebenen Porno Angeboten stelle.

Die Antragstellerin habe aufgrund begrenzter finanzieller Möglichkeiten noch nicht gegen den weiterhin unbekannten, offensichtlich aber in den USA ansässigen Betreiber der Seite www.geocities.com/uklaeger vorgehen können. Sie habe jedoch den Herausgeber des Playboy über dieses urheberrechtsverletzende Angebot informiert (Anlage AST 17).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 6.11.2003 (Bl. 54/56) verwiesen. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erreichten das Gericht die Schriftsätze der Antragstellerin vom 10. und 28.11.2003 sowie die Schriftsätze des Antragsgegners vom 2.6.11. und 8.12.2003.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen 925 Abs. 2 ZPO), da nach wie vor ein Verfügungsgrund und ein Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht sind.

Verfügungsanspruch

Der Verfügungsanspruch folgt aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin wegen unerlaubter Verwertung ihres Bildnisses (Antrag I) nach §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1, Abs.2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 Abs.1 Nr. 1 KUG und Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Formulierung des Links (Antrag II) nach §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1, Abs.2 BGB, an denen der Antragsgegner jedenfalls als mittelbarer Störer beteiligt ist.

1. Grundsätzlich unterliegen dem Unterlassungsanspruch des 1004 Abs. 1 BGB nicht nur die in § 823 Abs. 1 BGB aufgezählten absoluten Rechtspositionen, sondern auch die sonstigen Rechte, zu welchen nach allgemeiner Auffassung das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 12 Abs. 1 GG) in seiner besonderen Ausprägung des Rechts am eigenen Bild 22, 23 KUG) zählt.

Nach 22 S. 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung abgebildet werden. Eine derartige Einwilligung liegt hier nicht vor. Auf das damaligen Einverständnis der Antragstellerin, dass Nacktaufnahmen von den Herausgebern der Zeitschrift Playboy veröffentlicht werden dürfen, kann sich der Antragsgegner nicht berufen. Der Einwand des Antragsgegners, es sei aufgrund der Eintragungen in der Linkmaske (Anlage AST 12) davon auszugehen, der Link sei von der Antragstellerin selbst gesetzt worden, greift nicht durch. Für das Vorliegen einer Einwilligung mit der Veröffentlichung ist der Antragsgegner darlegungs- und glaubhaftmachungspflichtig. Dem ist er nicht nachgekommen, unabhängig davon, dass dem die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin (Anlage AST 4) entgegensteht.

Die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse von absoluten/relativen Personen der Zeitgeschichte auch ohne deren Einwilligung veröffentlicht werden dürfen, liegt hier jedenfalls schon deswegen nicht vor, da von dieser Ausnahme ungeachtet der Frage, ob es sich bei der Antragstellerin um eine relative Person der Zeitgeschichte handelt die Veröffentlichung von Nacktfotos als zur Intimsphäre zählend im Rahmen der vom Antragsgegner betriebenen Porno Angebote nicht umfasst ist (anders als bei der Fallgestaltung OLG Frankfurt NJW 2000, 594, bei Veröffentlichung ebenfalls eines Playboy Fotos einer absoluten Person der Zeitgeschichte in einer Zeitschrift).

2. Die Abrufbarkeit der Nacktfotos der Antragstellerin auf der Internetseite www.geocities.com/uk[...] (Anlage AST 9) beeinträchtigt diese daher ohne weiteres in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Damit wird deren Rechtswidrigkeit indiziert (Palandt Bassenge, BGB, 62. Aufl. § 1004, Rdn. 12).

Auch die Ausgestaltung des Links auf diese Seite auf der vom Antragsgegner unterhaltenen Seite www.l[...].de (Anlage AST 2) beeinträchtigt die Antragstellerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Denn die Formulierung „U[...] K[...] ... Superbabe & Freundin von L[...] M[...]" im Zusammenhang mit dem von Hardcore Sex geprägten Umfeld der Seite, insbesondere in unmittelbarer Nähe der animierten Bannerwerbung (eine Frau manipuliert mit dem Finger zwischen ihren entblößten Schenkeln) für die Seite des Antragsgegners (www.p[...].de), stellt die Antragstellerin als stets verfügbares, reines Sexobjekt dar. Aufgrund dieser Beeinträchtigung wird die Rechtswidrigkeit auch hier indiziert. Da dies auch vom Antragsgegner nicht in Zweifel gezogen wird, sind hierzu keine weiteren Ausführungen veranlasst.

Durch diesen Link (Anlage AST 2) wird einer nicht unerheblichen Anzahl von Internetnutzern der Zugriff auf die eigentliche Bildseite (Anlage AST 9) aber erst ermöglicht. Wie aus der Anlage AST 12 zu entnehmen ist, erfolgten mindestens 1082 Zugriffe.

3. Der Antragsgegner haftet jedenfalls als sogenannter mittelbarer Störer auf Unterlassung zukünftiger Beeinträchtigungen.

Schuldner des Unterlassungsanspruchs nach § 1004 BGB ist zunächst diejenige Person, die die Beeinträchtigung durch eine Handlung oder durch pflichtwidriges Unterlassen adäquat verursacht hat (Handlungsstörer). Daneben haftet aber auch der mittelbare Störer, also derjenige, der die Handlung des Störers veranlasst oder gestattet hat oder der es unterlässt, die Handlung des Störers. zu verhindern, die er ermöglicht hat oder zu deren Verhinderung er sonst verpflichtet ist (Palandt Bassenge, § 1004, Rdn. 17). Auf ein Verschulden oder auf die Kenntnis der Rechtswidrigkeit im Zeitpunkt der Handlung kommt es nicht an (Palandt Bassenge, § 1004, Rdn. 13). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH haftet derjenige in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB als Störer, der an dem Verstoß eines Dritten in der Weise beteiligt ist, dass er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt. Dabei kann als Mitwirkung auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (zum Wettbewerbsrecht vgl. z.B. BGH GRUR 1997, 313, 315 Architektenwettbewerb; GRUR 20 02, 902, 904 - Vanity Nummer; WRP 2003, 1350 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen).

Vorliegend hat der Antragsgegner durch den Betrieb der Internetseite www.l[...].de in Verbindung mit der Eröffnung der Möglichkeit, dass beliebige Dritte über die Eingabemaske (Anlage AST 14) beliebige Links zu beliebigen Seiten eingeben können, jedenfalls in diesem Sinne adäquat kausal dazu beigetragen, dass ein bislang unbekannter Dritter den hier streitgegenständlichen, rechtswidrigen Link eingegeben hat, der anschließend von mindestens 1082 Internetnutzern angeklickt wurde und diesen - nach Passieren der vom Antragsgegner betriebenen Alterskontrolle - Zugang zu der Seite www.geocities.com/ uk[...] gewährte. Soweit in der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung des BGH die Störerhaftung in jüngerer Zeit (aaO - Ausschreibung von Vermessungsleistungen mwN) Einschränkungen erfahren hat, beruht dies auf der Überlegung, dass die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte, die als solche einem Verbot - anders als vorliegend, da auch der Antragsgegner als Betreiber der Seite www.l[...].de die Persönlichkeitsrechte Dritte zu beachten hat - nicht unterworfen sind, erstreckt wird.

Der Antragsgegner kann sich nun nicht darauf berufen, dass er zwar durch diese Gestaltung unbeschränkt Dritten die Möglichkeit eröffnen könne, ungeprüfte Links auf seiner Seite zu veröffentlichen, er diese große Anzahl jedoch nicht mehr kontrollieren könne, zumal er diese Möglichkeit dergestalt anbietet, dass diese Nutzer ohne Offenbarung ihrer eigenen Identität bzw. wie vorliegend unter Verwendung einer falschen Identität agieren können, so dass dem verletzten jeder Rückgriff auf den wahren Täter abgeschnitten ist. Denn eine Exkulpation aufgrund mangelhafter Organisation würde dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) widersprechen (vgl. Anm. Hoeren zu OLG Köln, MMR 20021 110/114). Auf eine entsprechende Internetverkehrssicherungspflicht` wurde auch in den Entscheidungen des OLG München (MMR 2001, 375 und MMR 2002, 625) und des OLG Köln (MMR 2002, 548) abgestellt.

Die Seite des Antragstellers ist auch nicht mit klassischen Suchmaschinen wie etwa von Google oder Yahoo (vgl. Anlage AST 18, S.2) vergleichbar. Denn diese suchen selbständig mittels spezieller Programme (Webcrawler) sämtliche Internetseiten ab und erstellen daraus ein Internetverzeichnis in dem anschließend die Nutzer mittels Suchwörtern suchen können. Eine manuelle Bearbeitung nicht statt. Die Seite www.l[...].de des Antragsgegners besteht hingegen ausschließlich aus manuell eingegebenen Links, wobei die Eingabe entweder durch den Antragsgegner selbst erfolgt, insbesondere bei den Links, die zu den von ihm selbst betriebenen Sex-Seiten führen, oder durch Dritte. Die Nutzer der Seite können nun innerhalb dieser Linksammlung suchen, wobei, keinerlei Differenzierung zwischen eigenen Links des Antragsgegners und fremden Links erkennbar wird.

Schließlich nutzt der Antragsgegner, wie in der einstweiligen Verfügung vom 22.7.2003 bereits ausgeführt, den streitgegenständlichen Link sowie den Inhalt der verlinkten Seite für sich zu Erwerbszwecken aus (vgl. BGH aaO - Ausschreibung von Vermessungsleistungen). Dies geschieht zum einen dadurch, das er die von ihm betriebene Alterskontrolle - unabhängig von der Frage, ob damit tatsächlich ein wirksamer Jugendschutz erreicht werden kann; siehe auch die bereits angesprochene Bebilderung der Seite www.l[...].de selbst - jedenfalls auch zur Erzielung von Einnahmen vorgeschaltet hat. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass in der Eingabemaske (Anlage AST 14) mehr Daten abgefragt werden, als anschließend im Link offenbart werden. Insbesondere wird dem Nutzer die Internetadresse des Links nicht mitgeteilt. Der Nutzer kann den Link nur nach Passieren der Alterskontrolle nutzen und nicht etwa die Internetseite des Links direkt eingeben und dadurch die Alterskontrolle und damit die Verdienstmöglichkeit des Antragsgegners umgehen. Zum anderen wird durch derartige von Dritten eingegebenen Links die Attraktivität des Angebots des Antragsgegners für die Nutzer erhöht.

Dem Antragsgegner wird mit einer entsprechenden Prüfungspflicht auch keine unzumutbare Verhaltenspflicht auferlegt. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH GRUR 2001, 1038 = NJW 2001, 3265 - ambiente.de; aaO - Ausschreibung von Vermessungsleistungen; jeweils mwN).

Nach diesen Grundsätzen greift das Argument des Antragsgegners, er könne die mehreren Tausend Seiten seiner Linksammlung nicht ständig kontrollieren, nicht durch. Denn wie bereits vorstehend ausgeführt, kann sich der Antragsgegner nicht darauf berufen, er könne nunmehr die von ihm selbst geschaffene „Gefahrenquelle" nicht mehr beherrschen. Hinsichtlich des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs geht es darum, geeignete Maßnahmen gegen eine erneute Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Antragstellerin zu treffen. Insoweit hat die Antragstellerin im Termin unwidersprochen vorgetragen, dass der Seite des Antragsgegners pro Tag allenfalls 50 neue Links hinzugefügt werden, so dass eine Einzelkontrolle ohne weiteres sowohl als möglich als auch als zumutbar erscheint. Hierdurch könnte offensichtlichen Rechtsverletzungen von Seiten Dritter, wie vorliegend, unschwer begegnet werden. Unabhängig davon wäre es dem Antragsgegner auch zumutbar, in Form eines Filterprogramms (s.g. Black List) die Linkeinträge Dritter vor dem Online Stellen in diesem Sinne automatisiert überprüfen zu lassen, was heutzutage allgemein üblich ist (vgl. Anm. Hoeren zu OLG Köln, MMR 2002, 110/114 li. Sp.).

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die vom Antragsgegner geschaffene Möglichkeit zum Setzen von Links durch Dritte keinerlei Gewähr dafür bietet, dass der unmittelbar Handelnde vom Verletzten in Anspruch genommen werden kann, worauf in der Entscheidung ambiente.de (BGH aa0) wesentlich mit abgestellt wurde.

4. Die Haftung des Antragsgegners beschränkt sich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG entgegen seiner Auffassung nicht auf die Entfernung des Links nach erfolgter Abmahnung von Seiten der Antragstellerin (zu § 5 Abs. 2 TDG a.F. vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2003 VI ZR 335/02). Die Haftungsprivilegierungen der §§ 8 11 TDG sind nicht anwendbar, da das TDG weder direkt noch - nach der Novellierung vom 2.1.12.2001 - analog auf Links anwendbar ist und es keinen Unterschied machen kann, ob der, Link vom Seitenbetreiber selbst gesetzt wurde, oder durch einen Dritten, der diese, vom Seitenbetreiber angebotene Möglichkeit, wahrgenommen hat.

Denn der Gesetzgeber hat die Frage der Haftung für Links bewusst offen gelassen und nicht durch das TDG geregelt (vgl. BT Drucks. 14/6098 S. 34 und 37; Göhler, OWiG, 13. Aufl., Vor § 1 Rdn. 31 e; Stadler, Verantwortlichkeit für Hyperlinks nach der Neufassung des TDG, JurPC Web Dok. 2/2003, Abs. 1 95/9 20 mWN; Spindler, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Internetauktionshäusern Haftung für automatisch registrierte und publizierte Inhalte, MMR 2001, 737; ders., Das Gesetz zum elektronischen Geschäftsverkehr - Verantwortlichkeit der Diensteanbieter und Herkunftslandprinzip, NJW 2002, 921).

Die vom Antragsgegner herangezogene Rechtsprechung zu Online Auktionen (vgl. auch OLG Köln MMR 2002, 110; OLG Stuttgart MMR 2002, 746 m. Anm. Spindler = CR 2002, 911; LG Düsseldorf MMR 2003, 120 = CR 2003, . 211; LG Potsdam MMR 2002, 829 = CR 2003, 152 m. Anm. Gercke) ist aus diesem Grunde bereits nicht einschlägig.

5. Das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr, als weitere Voraussetzung eines Unterlassungsanspruchs, wird aufgrund der vorangegangenen Verletzungshandlung vermutet (vgl. BGH NJW 1994, 1281; OLG München NJW RR 2003, 1487, 1488), liegt aber auch deswegen vor, da sich der Antragsgegner auch weiterhin berechtigt fühlt, Links des streitgegenständlichen Inhalts auf seiner Seite zu veröffentlichen, d.h. die Seite www.l[...].de ohne jedwede Überprüfung zu betreiben, wie er im Termin deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat der Antragsgegner nicht abgegeben.

Verfügungsgrund

Es besteht auch nach wie vor ein Verfügungsgrund. Die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung ist erforderlich, um der Gefahr einer erneuten Rechtsverletzung durch den Antragsgegner zu begegnen (§ 940 ZPO). Diese Gefahr ist durch das Löschen des Links nach der Abmahnung nicht entfallen, da sich der Antragsgegner nach wie vor nicht verpflichtet und auch nicht in der Lage sieht, weitere Rechtsverletzungen durch eine entsprechende Prüfung der Einträge von Dritten (siehe vorstehend) zu verhindern.

Die Tatsache, dass die Seite www.geocities.com/uklaeger weiterhin aufrufbar ist, belegt nicht, dass die Antragstellerin die Durchsetzung ihrer Rechte nicht mit dem erforderlichen Nachdruck betreibt. Denn unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein zögerliches Vorgehen gegen Dritte die Bejahung eines Verfügungsgrundes gegenüber dem Antragsgegner in Frage stellen könnte, ist es ohne weiteres einleuchtend, wenn die Antragstellerin von einem unmittelbaren Vorgehen gegen den (unbekannten) Verantwortlichen für die vorgenannte Website aus den von ihr vorgebrachten Gründen abgesehen und sich auf die Einschaltung des Herausgebers des Playboy Magazins (Anlage AST 17) beschränkt hat.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus 91 ZPO.

Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze gaben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).

Retzer Lehner Rieger

Vors. Richter am LG Richter am LG Richter am LG

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