LG Berlin, Urt. v. 18.09.08, 27 O 870/07 - Modefoto

Erstellt ein Fotograf ohne nähere Vereinbarung des Verwendungszwecks ein Porträtfoto, erteilt der Abgebildete damit keine Einwilligung in die Verbreitung der Aufnahmen im Internet.

Fundstelle: MMR 2008, 758

berlin

LANDGERICHT BERLIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Entscheidung vom 18. September 2008,
Aktenzeichen: 27 O 870/07

Sachverhalt

Der Kl. macht wegen der Veröffentlichung seines Bildnisses einen Unterlassungsanspruch gellend. Der Bekl. ist Fotograf und Modedesigner. Im April 2005 sprach der Mitarbeiter des Bekl. den Kl. abends in einem Club an, ob er am darauf folgenden Tag für Fotos des Bekl. im Tiergarten als Modell zur Verfügung stehen wolle, und übergab dem Kl. bei dieser Gelegenheit eine Visitenkarte, auf der es hieß: »C D, Couture, Casting D Homme ...«. Zu diesem Zweck nahm B die Kontaktdaten des Kl. auf, der am nächsten Tag angerufen und gebeten wurde, sich in den Tiergarten zu begeben, um dort fotografiert zu werden. Dort, im Tiergarten, stand der Kl. in seiner eigenen Kleidung Modell, wobei u.a. das streitgegenständliche Foto angefertigt wurde. Eine Vergütung erhielt der Kl. hierfür nicht.

Im Juli 2006 erfuhr der Kl. davon, dass das streitgegenständliche Foto im Internet i.R.e. sog. Flash-Animation veröffentlicht war. Auf das Foto wurde außerdem von der Seite »www.c« verlinkt.

Der Kl. behauptet, B habe ihm, als er ihn ansprach, gesagt, die zu fertigenden Fotos sollten nur »intern« für eine Casting-Kartei des Bekl. verwendet werden. Sollte der Kl. in der Zukunft einmal als geeignet angesehen werden, solle ein professionelles Foto-Shooting stattfinden.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kl. steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Bekl. hinsichtlich seines Bildnisses aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 i V.m. 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB, § 22 f. KUG, Art- 1 Abs. 1, 2 Abs. I GG zu, weil die Veröffentlichung des Streitgegenstand liehen Bildnisses rechtswidrig war. Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder zur Schau gestellt werden. An einer solchen fehlt es.

Soweit der Bekl. [...] hat vortragen lassen, der Kl. habe B erklärt, er sei mit jedweder Veröffentlichung von Fotos durch »B[...]« und/oder den Bekl. einverstanden und sich zum Beweis auf B[...] beruft, geht dies ins Leere [...] Es bleibt völlig unklar, wann und wo der Kl. sein generelles Einverständnis erklärt haben soll, bei welcher Gelegenheit und aus welchem Anlass dies geschehen sein soll. [...] Aber auch von einer konkludent erteilten Einwilligung ist nicht auszugehen. Eine konkludente aus den Umständen zu entnehmende Einwilligung könnte dann anzunehmen sein, wenn nach dem objektiven Empfängerhorizont für den Kl. erkennbar der Bekl. davon hatte ausgehen müssen, dass der Kl. mit den Streitgegenstand bildenden Veröffentlichungen einverstanden wäre. Dabei ist es im Streitfall Sache des Bekl., als desjenigen, der sich auf eine solche Einwilligung beruft, diese Umstände darzulegen und zu beweisen.

Solche Umstände, die auf eine konkludente Einwilligung hindeuten wurden, sind vorliegend i.E. nicht ersichtlich. Dabei braucht sich die Kammer nicht näher mit der Frage zu befassen, ob, wie vom Bekl. geltend gemacht, den Aufnahmen ein ausschließlicher oder jedenfalls überwiegender künstlerischer Charakter beizumessen ist.

Es steht fest, dass der Kl. zu dem Fototermin gebeten wurde, indem ihm eine Visitenkarte von »D[...]« überreicht wurde. Dass dies nur zum Zweck der Nennung einer Kontaktadresse geschehen war, um den Bekl. nicht der Gefahr von Stalking auszusetzen, wurde dem Kl. jedenfalls nicht mitgeteilt, weshalb sich für den Kl. der Eindruck aufdrängen musste, der Fototermin habe jedenfalls etwas mit der Modefirma »D[...]« zu tun. Umgekehrt ist nicht nachzuvollziehen, weshalb der Bekl. meint, der Kl. habe wissen müssen und deshalb darin eingewilligt, dass die Fotos in der streitgegenständlichen Weise veröffentlicht würden. Dass der Bekl. die Fotos selbst angefertigt hat, besagt insofern nichts. Dass Model-Castings sonst bei »D[...]« anders ablaufen mögen, besagt ebenfalls nichts, weil nicht erkennbar ist, weshalb der Kl. dies hätte wissen sollen. [...]

Schließlich war eine Einwilligung auch nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG entbehrlich. Auf diese Vorschrift kann sich der Bekl. schon deshalb nicht berufen, weil die Fotografie auch über die Internetseite von »D[...]« durch einen dort gesetzten Link angesehen werden konnte. Es handelt sich daher gerade auch im Hinblick auf die frühere Tätigkeit des Bekl. für die Fa. D[...] jedenfalls um keine kunstgemäße Verbreitung i.S.d. zitierten Vorschrift, weil nämlich davon ausgegangen werden kann, dass die Inlernelseite von »D[...]« jedenfalls auch den kommerziellen Interessen der Firma »D[...]« dient. Da die genannte Vorschrift als Ausnahme von der grds. einzuholenden Einwilligung des Abgebildeten eng auszulegen ist, sind solche Arten der Verbreitung jedenfalls nicht von der Vorschrift erfasst, sodass sich der Bekl. insgesamt nicht darauf berufen kann. [...]

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