KG Berlin, Beschl. v. 31.03.09, 5 U 6/08 - Musterbelehrung

eigenesache Wer mit einer Widerrufsbelehrung den Eindruck erweckt, die Widerrufsfrist beginne schon mit dem Lesen der im Internetauftritt eingeblendeten Belehrung durch den Verbraucher zu laufen (»dieser Belehrung«), wirbt irreführend.

Instanzen: LG Berlin, Urt. v. 06.11.07, 16 O 433/07; KG Berlin, Beschl. v. 31.03.09, 5 U 6/08

Streitwert: 2.000,00 €

berlin

KAMMERGERRICHT
BESCHLUSS

Entscheidung vom 31. März 2009
Aktenzeichen 5 U 6/08

 

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

[...]

hat der 5 Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bulling und die Richter am Kammergericht Dr. Lehmbruck und Dr. Pahl am 31 März 2009 einstimmig beschlossen:

1. Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 6. November 2007 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin- 16 0 433/07 -wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Berufungsverfahrens betragt 2.000 €

Gründe

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 ZPO aus den weiterhin zutreffenden Gründen der Verfügung des Senats vom 30 Januar 2009 einstimmig zurückzuweisen.

A

Der Senat hat in der vorstehend genannten Verfügung ausgeführt:

I.

Dem Antragsteller sieht gegen den Antragsgegner ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 312c Abs. 1, 355 Abs. 2, 126b BGB und § 1 Nr 10 BGB-InfoV aus §§ 3, 5 Aus 1, Abs 2 Satz 1 Nr. 2 UWG (jeweils a.F. und n.F.)

Der Antragsgegner verletzt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - mit der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung Informationspflichten nach § 312c Abs. 1 BGB. Zudem wirbt der Antragsgegner irreführend, weil er den Eindruck erweckt, die Widerrufsfrist konnte schon mit dem Lesen der in seinem Internetauftritt eingeblendeten Belehrung durch den Verbraucher zu laufen beginnen (»dieser Belehrung«).

II.

Die vom Antragsgegner erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

1. Der Tatbestand des Landgerichts enthält zur Person des Domain-Betreibers eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne eines Schreibversehens. In den Gründen seiner Entscheidung hat das Landgericht den zutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt. Insoweit ist der Antragsgegner nicht beschwert.

2. Es ist - wie schon das Landgericht ausgeführt hat - unerheblich, dass die Belehrung des Antragsgegners dem Muster-Text a.F der Anlage zur BGB-InfoV folgt (Senat. MMR 2007, 185, juris Rdnr 16; OLG Hamm, MMR 2007, 377, juris Rdnr. 7; vgl. auch OLG Naumburg, WM 2008, 326, juris Rdnrn 74 ff.)

a) Die Heranziehung und Übernahme des Mustertexts setzt voraus, dass die Belehrung »in Textform« gegeben wird. Dies ist bei der streitgegenständlichen (nur zum Abruf vorgehaltenen bzw. im Internetauftritt eingeblendeten) Belehrung des Antragsgegners gerade nicht der Fall (vgl. Senat, NJW2006, 3215, 3216; a.3.0 , juris Rdnr. 12; OLG Hamburg, MMR 2006, 675, 676: OLG Hamm, a.a.O., juris Rdnr. 7, OLG Naumburg, a a O., juris Rdnrn 48 ff; OLG Köln. MMR 2007 713, juris Rdnrn 18 ff.) Für eine Belehrung in Textform stand es dem Antragsgegner frei, auf dem Muster-Text zurückzugreifen. Insoweit besteht daher weder ein gesetzlicher »Zielkonflikt« noch ein rechtswidriger Eingriff in die Berufsfreiheit des Antragsgegners.

b) Die Entscheidung des OLG Hamburg vom 12. September 2007 (MMR 2003, 44, juris Rdnr 10) führt nicht weiter. Sie erörtert nur den Umstand dass in der Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht zusätzlich auf das Erfordernis der Warenübersendung hingewiesen wurde. Insoweit hatte der Verordnungsgeber aber bewusst auf eine umfassende Belehrung über alle Modalitäten des Fristbeginns (»frühestens«) verzichtet. Darum geht es vorliegend aber nicht. Mit dem Textformerfordernis und einer Irreführung wegen des Hinweises auf »diese(r) Belehrung« hat sich das OLG Hamburg in dieser Entscheidung nicht befasst.

Das OLG Köln hatte in seiner Entscheidung vom 24. August 2007 (MMR 2007, 713, juris Rdnrn 36 ff.) eine andere Fallgestaltung zu beurteilen und wegen des dortigen Zusatzes »mit Erhalt der Ware« eine Informationspflichtverletzung und Irreführung verneint. Von den oben genannten Entscheidungen des Senats und des OLG Hamm wollte sich das OLG Köln nicht absetzen (OLG Köln, a.a.O., juris Rdnr 37)

3 Im Hinblick auf die Bedeutung des Widerrufsrechts des Verbrauchers und die Notwendigkeit einer klaren, unmissverständlichen Belehrung ist vorliegend auch kein Bagatellfall nach § 3 UWG gegeben (Senat, MWIR 2007. 185. juris Rdnr 14, OLG Hamm, a.a.O., juris Rdnr. 8).

4 Wenn der Antragsteller ebenso Informationspflichten verletzt haben sollte wäre dies vorliegend unerheblich (vgl. BGH, GRUR 1967, 430, 432 - Grabstein auftrage I, Senat, GRUR 2000 93, 94, Köhler m. Hefermehl/Köhler/ Born kämm, UWG, 26. Aufl., § 11 Rdnr 2 39 m.w.N.) Dies nimmt dem Antragsteller nicht das Recht, gegen Verletzungen Dritter vorzugehen Insoweit liegt die Rechtsverfolgung des Antragstellers im Interesse der Allgemeinheit. Es bleibt dem Antragsgegner unbenommen, seinerseits Abwehrrechte gegen den Antragsteller geltend zu machen.

5 Soweit das Landgericht prozessuale Hinweispflichten verletzt haben sollte, bliebe auch dies folgenlos. Der Antragsteller hat keinen entscheidungserheblichen Vortrag gehalten, der ihm vom Landgericht verwehrt worden wäre.

B An vorstehenden Ausführungen hält der Senat fest zumal ihnen der Antragsgegner trotz der ihm gewährten Gelegenheit zur Stellungnahme nicht entgegengetreten ist,

C Die Küstenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gern § 3 ZPO

Bullig      Dr. Lehmbruck     Dr Pahl

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