Internet und Strafrecht

Jörg Heidrich  / Februar 2000

smprobleObwohl Juristen nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass das Internet beileibe kein rechtsfreier Raum ist und auch nie war, fühlen sich viele in der scheinbaren Anonymität des Webs sicher. Es wird beleidigt, gelogen und betrogen. Dazu kommen noch eine ganze Reihe von strafbaren Vorgehensweisen, die sich speziell aus der Struktur des Netzes ergeben, die etwa die Nutzung von Warez oder illegalen MP3s. Dabei ist es aber ohne weiteres möglich, die gesuchte Person anhand der im Netz hinterlassenen »digitalen Fußspuren«, etwa in Form der IP-Adresse. Und wer eine eigene Domain betreibt, ist über den Eintrag in die sog. RIPE-Datenbank ohnehin leicht zu identifizieren.

Beleidigung und Verleumdung

 

Was sich an persönlichen Beleidigungen, Verleumdungen und falschen Behauptungen in Diskussionsforen, Newsgroups, Mailinglisten und auf Websites befindet, würde so manchem Staatsanwalt die Tränen in die Augen treiben. Nicht selten wird dabei die Grenze zu einer strafbaren Handlung überschritten. Insbesondere die Racheseiten im Web tun sich hier besonders hervor, sind aber ebenso oft von einer Schließung bedroht.

 

Grundsätzlich erlaubt sind Äußerungen mit auch nur irgendwie diffamierenden Inhalt nur dann, wenn jede Individualisierung ausgeschlossen ist, also der verbale Angriff unter keinen Umständen auf eine bestimmte Person abzielt. Dazu reicht es nicht aus, dass Vor- oder Nachnamen abgekürzt werden oder ein (häufig kompromittierendes) Foto mit »Schambalken« über den Augenpartien verdeckt wird, wenn aus dem übrigen Sachzusammenhang eine Identifizierung ohne weiteres möglich ist.

 

Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt aus juristischer Sicht immer dann vor, wenn es auf Grund eines Beitrags oder einer Abbildung in irgendeiner Weise möglich ist, Rückschlüsse auf eine bestimmte Person zu ziehen. Maßgebliches Kriterium ist die Erkennbarkeit der Person. Schließlich ist bei den meisten Beiträgen auf diesem Niveau ist eine Identifizierung jedenfalls durch persönliche Bekannte des Betroffenen ohne weiteres möglich – und natürlich auch gewollt.

 

Entsprechendes gilt natürlich auch für ehrenrührige Äußerungen in Chats, Newsgroups, Mailinglisten oder Internet-Foren. Auch hier kann man sich durch beleidigende Äußerungen strafbar machen, wenn die beleidigte Person ohne weiteres einem Menschen zuzuordnen ist. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob sich diese hinter einem Nick verbirgt.

 

Betroffene können Strafanzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft erstatten. Das hat den Vorteil, dass eine Strafanzeige – im Gegensatz zu einer anwaltlichen Abmahnung – keine Kosten auslöst und zudem die Staatsanwaltschaft durch Beschlagnahme und Durchsuchung beim Betreiber unter Umständen ermitteln kann, wer den angegriffenen Beitrag verfasst hat. Allerdings sollte man in einem solchen Fall – soweit möglich – sicherstellen, dass auch entsprechende Beweismittel (z.B. Logfiles, IP-Nummern des Beleidigers etc.) zur Verfügung stehen. Zur Polizei zu gehen und einen »HH58«, einen »Paul71« oder sonst eine anonyme Person, die nur anhand ihres Nicks bekannt ist, anzuzeigen, macht nur bedingt Sinn.

 

Neben einer Anzeige steht dem Betroffenen auch die Möglichkeit eines zivilrechtlichen Vorgehens mittels einer Abmahnung offen. Entscheidet man sich zunächst für ein solches Vorgehen, sollte ein Anwalt eingeschaltet werden. Die Kosten für den Anwalt muss bei eine begründeten Abmahnung der Gegner tragen.

 

Verbotene Links

 

Auch bei dem Anbieten von Links auf der eigenen Website kann Strafrecht betroffen sein. Grundsätzlich gilt im Internet: Ein Verweis auf eine fremde Seite kann nicht verweigert werden und eine besondere Erlaubnis muss zum Setzen eines Links nicht eingeholt werden. Vielmehr ist natürlich gerade die gegenseitige Verlinkung der Seiten ein unverzichtbares Hauptbestandteil des »Netzes der Netze«. Wer mit eigenen Seiten ins Netz geht, gibt damit zu erkennen, dass er sich einer breiten Öffentlichkeit präsentieren will und muss daher auch in Kauf nehmen, dass andere auf seine Web-Präsenz verweisen.

 

Dies gibt den Betreibern von Websites aber keinen Freibrief. Eine Grenze ist spätestens an dem Punkt erreicht, an dem ein Webmaster vorsätzlich einen Link auf eine nicht legale Seite setzt. Nach den Vorschriften des Strafgesetzbuches und seiner Nebengesetze ist bereits die Werbung für solche Seiten strafbar, ganz zu schweigen von der Verbreitung bzw. Zugänglichmachung von Inhalten solcher Seiten. Daher ist bei der Auswahl der eigenen Links unbedingt Vorsicht walten zu.

 

Setzt man einen Link auf eine Seite, auf der herabsetzenden Tatsachenbehauptung von einem Dritten über einen anderen aufgestellt werden, so trägt man zu deren Verbreitung mitverantwortlich bei. So entschied das Landgericht Hamburg 1998 in dem Verfahren Steinhöfel ./. Best. Daraus folgt, dass man sich alle Seiten, auf die man von seiner Website verweist, vorher gründlich ansehen sollte. Befindet sich darauf etwas Fragwürdiges, so sollte man sich ausdrücklich und in ausreichendem Maße von den beleidigenden Äußerungen distanziert hat. Ein Hinweis auf die Verantwortung des Autors des beleidigenden Textes stellt eine solche ausreichende Distanzierung nicht dar. Allerdings kann der Linkende nicht für nachträglich Änderungen einer Seite verantwortlich gemacht werden.

 

Strafbar macht man sich in jedem Fall beim Setzen von Links auf sog. »harte« Pornographie, also Kinder- und Gewaltpornographie. In den Bereich solcher »verbotenen Links« fällt natürlich auch jegliche Form der Unterstützung verfassungswidriger Organisationen und Parteien. Strafbar macht sich ebenfalls, wer ein Links auf eine in Deutschland verbotene Publikation setzt.

 

Weitgehend unbekannt, aber gerade für jüngere Website-Betreiber relevant, ist, dass in die Kategorie der »bösen Links« auch die Einbindung von Verweisen auf allseits bekannten Spiele fallen, deren Namen nach deutschem Recht aufgrund ihrer Indizierung nicht einmal gedruckt werden dürfen. Wer also auf seiner Website Links zu Seiten mit den neusten Levels in indizierten Spielen von »Ki*gpi*« oder »B*o*d II« anbietet, macht sich wahrscheinlich strafbar. Allerdings sind in Deutschland noch keine entsprechenden Gerichtsurteile bekannt, wohl aber im europäischen Ausland.

 

Warez, Crackz, Serialz & Passez

 

In den strafrechtlich relevanten Bereich fällt die Veröffentlichung von Software-Crackz, Seriennummern zur Freischaltung von Shareware, Passwörtern oder gar geschützten Programmen auf der eigenen Website. Hiervon sollte man in jedem Fall die Finger lassen, da hier ganz erhebliche Strafen drohen. Neben einer Verurteilung durch ein Strafgericht drohen den oftmals erstaunten Usern hier auch erhebliche Geldstrafen.

 

MP3

 

Wer sich zur eigenen Benutzung MP3-Dateien aus dem Internet lädt, muss deshalb kein schlechtes Gewissen haben. Voraussetzung für einen ruhigen Schlaf ist allerdings, dass es sich bei diesen Dateien nicht bereits um Raubkopien handelt. Wer erkennt oder zumindest doch hätte erkennen können, dass die angebotenen Musikdateien ohne Einwilligung der Berechtigten ins Internet gestellt wurden, kann sich nicht auf eine erlaubte, private Nutzung berufen.

 

Wer auf seiner Website einen Link zu Seiten setzt, auf denen MP3-Dateien heruntergeladen werden können, vervielfältigt das Angebot zwar nicht selbst. Es können aber unter Umständen Unterlassungs- bzw. Schadensersatzansprüche auf den Anbieter zukommen. Auch hier sollte deshalb vor dem Setzen eines Links genau geprüft werden, ob es sich – zumindest dem Anschein nach – um ein Angebot des Berechtigten oder um Raubkopien handelt.

 

Wenn durch das Setzen eines Links die Verbreitung der Raubkopien erleichtert wird, kommt eine strafrechtlich relevante Beihilfe zur Vervielfältigung oder sogar selbständig strafbare Verbreitung in Betracht. Dabei kommt es letztendlich gar nicht darauf an, ob der Strafrichter Gerichte das Linken letztendlich wirklich als Beihilfe wertet. Schon der mit einem Ermittlungsverfahren oder einer anwaltlichen Abmahnung verbundene Ärger und die damit verbundenen Kosten reichen aus, um dem Webmaster den Spaß an seinem Hobby zu vermiesen.

 

Viren, Trojaner und Ungeziefer

 

Wer virenverseuchte Programme vorsätzlich oder fahrlässig im Internet oder auf Datenträgern verbreitet und somit das Eigentum (z.B. die Hardware) oder ein sonstiges Recht (z.B. das /Nutzungsrecht an einer Software) eines anderen verletzt, ist zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.

 

Daneben macht man sich mit dem Versenden oder Aufspielen von Viren oder ähnlichem Ungeziefer unter Umständen auch strafbar. Um eine Strafbarkeitslücke in diesem Bereich zu schließen, wurden in den letzten Jahren einige neue Vorschriften geschaffen. So ist nach § 303a Strafgesetzbuch (StGB) beispielsweise die vorsätzliche Löschung oder Veränderung von Daten strafbar, § 303b StGB regelt die Computersabotage. Diese werden allerdings bislang von der Justiz eher zögerlich angewendet.

 

Fazit

 

Man braucht mit Sicherheit keine jahrelange juristische Ausbildung, um sich straffrei durch das Web bewegen zu können. Dennoch ist es schon seit langem Zeit, sich von der Vorstellung des »rechtsfreien Internets« zu lösen. Eigentlich brauchen Sie sich auch Online nur so zu verhalten, wie sie es auch im Alltagsleben tun. Schließlich beleidigen Sie dort (hoffentlich) auch nicht wahllos Menschen, klauen CDs oder zerschlitzen Autoreifen.

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