Da steckt Musik drin - MP3

Tobias H. Strömer / Oktober 1999

Bislang waren Musikkopien im Internet kaum geeignet, die Interessen der Berechtigten ernsthaft zu gefährden. Entweder waren die angebotenen Dateien viel zu groß, als daß sie sich zum Download angeboten hätten, oder aber die Qualität der Stücke ließ aufgrund extremer Komprimierung sehr zu wünschen übrig. Das ändert sich aber zusehends seit der Erfindung verbesserter Kompressionsmöglichkeiten für Audiodateien wie MP3. Diese Technik erlaubt es, digitale Informationen auf ein Zwölftel der ursprünglichen Datenmenge einzudampfen, ohne daß dabei allzu viele Zwischentöne verlorengingen. Experten schätzen, daß heute auf etwa 26.000 Websites gut 80.000 ungeklärte oder ungenehmigte Musiktitel im Netz zum Abruf bereitgehalten werden.

Vervielfältigungsrecht des Urhebers

Das im Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelte Vervielfältigungsrecht räumt Urheber eines Werks das Recht ein, Vervielfältigungsstücke herzustellen. Der Urheber alleine darf entscheiden, wo, wann und von wem im Internet eine Kopie seines urheberrechtlich geschützten Beitrags, seiner Musik, seines Bilds, seines Videos angeboten werden darf. Jedes Speichern fremder Beiträge auf der eigenen Festplatte, strenggenommen auch schon das bloße Laden solcher Inhalte in den Hauptspeicher des eigenen Rechners oder das Ablegen im Cache eines Browsers, stellt problemlos eine Vervielfältigung im Sinne des Urheberrechts dar.

Auch Musikstücke sind natürlich urheberrechtlich geschützt. Sie dürfen deshalb ohne Einwilligung des Urhebers oder Nutzungsberechtigten insbesondere nicht vervielfältigt werden. Verboten ist es dabei auch, kleinere Stücke daraus anzubieten. Eine Urheberrechtsverletzung liegt immer schon dann vor, wenn das angespielte Stück für Dritte wiedererkennbar ist. Die Vorstellung, man dürfe bis zu drei Takten oder sieben Sekunden auch ohne Genehmigung wiedergeben, hält sich zwar hartnäckig, ist aber falsch. Auch ein »ta-ta-ta-tam« reicht unter Umständen aus, um Urheberrechte zu verletzen.

Kopien für den privaten Bedarf

Eine wichtige Ausnahme von diesem Recht des Autors, über die Vervielfältigung seines Werks alleine entscheiden zu dürfen, stellt die in § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG eingeräumte Befugnis dar, bei urheberrechtlich geschützten Werken Kopien zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch anzufertigen. Gemeint ist damit etwa das Abspeichern einer Musikdatei, um sie der Freundin, der Ehefrau, anderen Familienangehörigen oder Freunden zu zeigen. Auch der Versand urheberrechtlich geschützter Dateien per E-Mail verstößt deshalb nicht gegen deutsches Urheberrecht, falls Absender und Empfänger sich persönlich kennen. Der sonstige eigene Gebrauch umfaßt sogar die eigene berufliche oder erwerbswirtschaftliche Verwendung, etwa innerhalb eines Unternehmens. Etwas anderes wird da gelten, wo aufgrund der Unternehmensgröße der Kreis der Personen, die Zugang zu dem urheberrechtlich geschützten Werk haben, nicht mehr überschaubar ist. Von einem privaten Gebrauch kann aber schon dann keine Rede mehr sein, wenn die Musikdatei bei einem offenen Mailboxuser-Treffen abgespielt werden soll. Erst recht gehört hierzu nicht die Wiedergabe auf der eigenen Website oder ein entsprechendes Download-Angebot, da die Website ja von einer Vielzahl von Internet-Teilnehmern aufgerufen werden kann und soll.

Wer also MP3-Dateien aus dem Internet lädt, um sie für eigene Zwecke zu archivieren, muss deshalb kein schlechtes Gewissen haben. Voraussetzung für einen ruhigen Schlaf ist allerdings, dass es sich bei den Dateien, die aus dem Internet geladen wurden nicht bereits um Raubkopien handelt. Wer erkennt oder zumindest doch hätte erkennen können, dass die angebotenen Musikdateien ohne Einwilligung der Berechtigten ins Internet gestellt wurden, kann sich auf die Privilegierung nicht berufen. Das steht zwar so nicht im Gesetz, wird von der Rechtsprechung aber als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal gesehen.

Für hardware-basierte Lösungen wie Diamonds »Rio-Player« und den »Mplayer3« der deutschen Pontis GmbH gilt grundsätzlich nichts anderes. Auch hier ist das Einlesen der Musik aus dem Internet solange bedenkenlos zulässig, wie die MP3-Datei mit Wissen und Willen des Berechtigten ins Netz gestellt wurde. Rechtlich unbedenklich ist es auch, aus der eigenen CD-Sammlung eine Zusammenstellung von Musikstücken auf einen MP3-Player zu überspielen. Hier verhält es sich nicht anders als bei Kopien von Musikstücken auf Compact-Cassetten, die ja für den Eigenbedarf auch zulässig sind.

Links auf MP3-Seiten

Wer lediglich einen Link zu Seiten setzt, auf denen MP3-Dateien heruntergeladen werden können, vervielfältigt zwar selbst nicht. Hier können aber unter Umständen Unterlassungs- bzw. Schadensersatzansprüche nach den allgemeinen Gesetzen auf den Anbieter zukommen. Auch hier sollte deshalb vor einem Link genau geprüft werden, ob es sich - zumindest dem Anschein nach - um ein Angebot des Berechtigten oder um Raubkopien handelt. Wenn durch den digitalen Hinweis die Verbreitung der Raubkopien erleichtert wird, kommt zudem eine strafrechtlich relevante Beihilfe zur Vervielfältigung oder sogar selbständig strafbare Verbreitung in Betracht.

Entscheidend ist übrigens noch nicht einmal, ob die Gerichte das Linken letztendlich wirklich als Beihilfe werten. Schon ein Ermittlungsverfahren oder eine anwaltliche Abmahnung, die ja Kosten verursacht, bringt hinreichend Ärger mit sich, der vom Spaß am Linken regelmäßig nicht aufgewogen wird.

En- und Decodierung von MP3-Dateien

Wer aus gekauften CD‘s selbst MP3-Dateien herstellt und diese ohne Genehmigung von einem eigenen Server zum Download im Netz anbietet, der vervielfältigt urheberrechtlich geschützte Werke und haftet dem Urheber auf Unterlassung und unter Umständen auch auf Schadensersatz. Selbstverständlich stellt die Speicherung in einer Datenbank eine Vervielfältigung im Sinne des Urheberrechtes dar. Hier hilft auch die Berufung auf den eigenen Gebrauch nichts, da ja eine Weitergabe an unbekannte Dritte beabsichtigt ist. Die Verwandlung einer Audio-CD in eine MP3-Datei bewerkstelligt eine »Encoder« genannte Software, die bisher ebenfalls im Internet an vielen Stellen zum kostenlosen Download angeboten wurde. Die Entwickler des MP3-Algorithmus, allen voran das Fraunhofer-Institut in Darmstadt, machten in den vergangenen Wochen wiederholt darauf aufmerksam, dass die lizenzfreie Verwendung des Algorithmus nur in Decodern - das ist die Software, die zum Abspielen benötigt wird - nicht aber in Encodern zulässig ist. Die Lizenzgebühren, die die Patentinhaber fordern, dürften der kostenfreien Verbreitung legal hergestellter Encoder ein jähes Ende bereiten.

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