Verwendung von Frames

Jörg Heidrich / September 1999

Mit der Einführung neuer Techniken im World Wide Web, wie etwa der Seitengestaltung in Frames, tauchen über kurz oder lang auch damit verbundene juristische Probleme auf. Da die Beurteilung juristischer Sachverhalte in diesem Bereich immer auch technische Kenntnisse der Materie voraussetzt, werden die auftauchenden Begriffe und die damit verbundenen Problemstellungen jeweils zunächst kurz erläutert.

I. Was sind Frames?

Die Darstellungsmöglichkeit einer Internet-Seite in "Frames" (Rahmen) ist eine Eigenschaft der "HyperText Mark-up Language" (HTML) und wurde 1996 mit der neuen Version des Netscape Communicators geschaffen. HTML ist eine spezielle Programmiersprache (Seitenbeschreibungssprache), die im World Wide Web verwendet wird, um Dokumente innerhalb dieses Dienstes zu erstellen. Durch HTML-Befehle werden Web-Seiten definiert und ihre Struktur festgelegt. Dabei ist es für die Darstellung gleichgültig, woher die einzelnen Elemente der HTML-Seite bezogen werden. So werden zum Beispiel Werbebanner und Webcounter regelmäßig nicht vom eigenen Rechner bezogen, sondern mittels eines Hyperlink von einem anderen Rechner übertragen.

Durch die Darstellung in Frames kann eine WWW-Seite in verschiedene, unabhängig voneinander bedienbare Rahmen (Frames) unterteilt werden, die über verschiedene Layouts verfügen und denen jeweils unterschiedliche Adressen (URLs) zugeordnet werden. Jeder Frame ist einzeln programmierbar, so dass sich jedes Element mit eigenem Text, eigenen Grafiken oder anderen HTML-Elementen darstellen lässt. Die Programmiertechnik ist inzwischen im Web weit verbreitet und die meisten Programme zur Darstellung von Internet-Seiten (Browser) verfügen über die Fähigkeit, Dokumente in Frames darzustellen. In der Praxis häufig ist eine Dreiteilung der Seiten, etwa in Navigations-, Werbe- und eigentlichen Inhalts-Frame.

Die Frame-Technik eröffnet die Möglichkeit, fremde WWW-Seiten innerhalb eigener Frames darzustellen und damit komplette externe Angebote in die eigene Website zu integrieren. Die Einbindung fremder Seiten wird für den Betrachter jedoch nicht ohne weiteres sichtbar, da sich nur der Inhalt des Haupt-Frames ändert, während der Frame selbst mit Navigations- und Werbungsinformationen erhalten bleibt. Vor allem aber wird die in der Browser-Navigationsleiste angegebene Adresse nicht verändert. Zudem bietet sich für den "Framenden" die Möglichkeit, unerwünschte Elemente der fremden Website, wie etwa fremde Werbung, auszusparen.

II. Urteile zu Frames

Die Gerichte hatten sich bisher mit der durch die Verwendung von Frames entstehenden urheber- und wettbewerbsrechtlichen Problematik kaum zu befassen. Im deutschen Sprachraum finden sich, soweit ersichtlich, zwei Verfahren zu diesem Themenbereich.

Im ersten Fall wurde der Anbieter einer österreichischen Online-Zeitschrift 1997 von der deutschen Tochter der amerikanischen Suchmaschine Yahoo! abgemahnt. Die Zeitschrift hatte aktuelle Nachrichten der Suchmaschine in eigenen Frames dargestellt. Eine gerichtliche Entscheidung erging in diesem Verfahren jedoch nicht, da der abgemahnte Herausgeber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnete, die das Verfahren bereits im Vorstadium beendete. Die Abmahnkosten wurden von der Abgemahnten allerdings nicht übernommen.

In dem vom Landgericht Düsseldorf im April 1998 entschiedenen Verfahren hatte die Beklagte eine Website unter Verwendung von Frames unterhalten. Unter der Domain "baumarkt.de" betrieb sie unter anderem einen Suchkatalog in Form einer Link-Liste, mit deren Hilfe auf andere Anbieter im Bereich Bau- und Heimwerkermarkt zugegriffen werden konnte. Dies geschah durch Abbildung der betreffenden Seite in einem Haupt-Frame, ohne die eigene Seite der Beklagten samt Inhaltsverzeichnis und Werbung verlassen zu müssen. Leider ist das Urteil des Landgerichts Düsseldorf inhaltlich wenig aussagekräftig, da die eigentlichen Probleme aufgrund verfahrenstechnischer Versäumnisse der Klägerin nicht diskutiert werden. Im Ergebnis ist dem Landgericht indes zuzustimmen, da von Seiten der Beklagten - wie noch darzulegen sein wird - wohl weder urheberrechtliche, noch wettbewerbsrechtliche Verstöße vorliegen.

Auch im Ausland, vor allem in den USA, hatten sich Gerichte bereits vereinzelt mit Frames zu befassen. In der Mehrzahl der Fälle kam es nicht zu einem Gerichtsurteil, sie endeten jeweils mit einem Vergleich. Bei der Lösung des Problems ist aber eine Grundtendenz erkennbar: Dem "Framenden" wird die Verwendung fremder Seiten innerhalb dieser Technik zwar weiter gestattet, der Benutzer muß jedoch deutlich auf die fremde Urheberschaft hingewiesen werden.

III. Verstoß gegen Urheberrechte

Die Vereinbarkeit der Verwendung fremder Web-Seiten in eigenen Frames mit dem bestehenden Urheber- und Wettbewerbsrecht ist bislang weitgehend ungeklärt. Dass durch diesen Vorgang unter Umständen fremde Urheber- und Nutzungsrechte verletzt werden können, liegt jedoch auf der Hand. Möglich erscheinen vor allem Verstöße gegen das Vervielfältigungs- bzw. Verbreitungsrecht aus §§ 16, 17 UrhG, ein Verstoß gegen § 13 UrhG sowie ein Verstoß gegen § 23 UrhG, sollte die "geframte" Seite bearbeitet oder umgestaltet worden sein.

Die Fragestellung, ob das Einbinden eines fremden Angebots in einen eigenen Frame eine Vervielfältigung und damit eine Urheberrechtsverletzung nach §§ 16, 17 UrhG darstellt, ist in erster Linie eine technische. Ausschlaggebend dafür ist, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt an welchem Rechner eine Kopie der "geframten" Seiten erstellt wird.

Bei der Verwendung von Frames wird auf die fremde Seite lediglich verwiesen, die Dateien verbleiben aber auf dem fremden Rechner. Wird eine Seite mit Frames aufgerufen, so werden zunächst die lokalen Informationen geladen und dann die fremden Inhalte von der externen Quelle abgerufen und in dem Rahmen des "Framenden" eingebettet. Die in den Frames dargestellten Inhalte werden damit also gerade nicht auf den Rechner des "Framenden" übernommen, sondern verbleiben extern auf dem fremden Server. Der "Framende" selbst nimmt zu keiner Zeit eine Vervielfältigung vor.

Eine Vervielfältigung - durch Speicherung im Cache - findet also frühestens auf dem Rechner eines Dritten, des Betrachters, statt. Die so auf dem Rechner des Nutzers entstehende Kopie ist nach allgemeiner Ansicht in den allermeisten Fällen aber eine private Vervielfältigung und damit nach § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG erlaubt. Ausnahmen gelten von diesem privaten Gebrauch nur in einzelnen Fällen, wie etwa bei Datenbankwerken. Eine Verletzung der §§ 16, 17 UrhG ist folglich nur in wenigen Fällen anzunehmen, insbesondere natürlich dann, wenn auch nur Teile der fremden Dateien - etwa zur Geschwindigkeitsverbesserung - auf den eigenen Rechner des "Framenden" kopiert werden oder aber die Kopie der beruflichen Tätigkeit des Betrachters dienen soll.

Nach wie vor ungeklärt ist im übrigen auch die Speicherung auf Proxy-Servern. Proxy-Server sind spezielle Rechner, auf denen z.B. ein Internet-Provider die Daten von Web-Seiten, die von Kunden schon einmal aufgerufen wurden, für eine bestimmte Zeit zwischenspeichert. Bei einem erneuten Zugriff auf diese Seiten wird eine Verbindung ins Internet selbst überflüssig, die Daten können von dem lokalen Server abgerufen werden. Proxy-Server werden regelmäßig von einer Vielzahl von Anwendern genutzt. Da dieses Verfahren nicht unter §§ 53, 54 UrhG zu erfassen ist, dürfte hier regelmäßig eine Urheberrechtsverletzung anzunehmen sein, auch wenn diese Erkenntnis den meisten Internet Providern sehr weh tun wird ....

Durch die Verwendung externer Quellen in eigenen Frames kann jedoch ein Anspruch aus § 23 UrhG entstehen, wenn die fremden Seiten durch die Darstellung bearbeitet oder umgestaltet werden. Bearbeiter im Rechtssinne ist der, der eine persönliche geistige Schöpfung hervorbringt, also durch die Umgestaltung etwas Neues schafft. Durch die Bearbeitung muß mithin ein geistiger Abstand zum Original herstellt werden. Allein durch die Anzeige einer Seite in fremden Frames wird diese jedoch inhaltlich nicht verändert, so dass auch keine Umgestaltung im Sinne von § 23 UrhG vorliegen kann. Dies ist schon allein deshalb nicht der Fall, weil durch das Aufrufen der Seite nicht in die Substanz der Seite, also in die HTML-Programmierung eingegriffen wird. Keinesfalls wird mit der Darstellung in Frames ein "geistiger Abstand" zum Original hergestellt, die verwendeten Seiten werden lediglich unverändert in einem neuen "Rahmen" dargestellt. Hier liegt ein Vergleich mit einem Galeristen nahe. Auch hier käme niemand auf die Idee eines Urheberrechtsverstoßes für den Fall, daß dieser sich entscheidet, ein Bild lediglich neu zu rahmen. Ein Verstoß gegen § 23 UrhG ist folglich nicht anzunehmen.

Schließlich ist auch ein Verstoß gegen § 13 UrhG möglich, wenn durch die Übernahme der fremden Inhalte die Urheberschaft des "Geframten" an seinen Seiten geleugnet wird. Dies wäre der Fall, wenn der Inhalt der fremden Seite soweit zurückgedrängt wird, dass der eigentliche Urheber nicht mehr zu erkennen ist. Vorstellbar ist in diesem Zusammenhang etwa die zielgerichtete Übernahme nur von solchen HTML-Dokumenten, auf denen eine Angabe des Urhebers vollständig fehlt. Ob dies so ist, kann ebenfalls nur im Einzelfall ermittelt werden. Soweit der Urheber der in dem Frame dargestellten Seite noch für einen Benutzer ohne weiteres erkennbar ist, liegt jedenfalls keine Urheberrechtsverletzung nach § 13 UrhG vor. Umgekehrt ist ein Verstoß gegen § 13 UrhG anzunehmen, wenn dem Schöpfer eines Werks sein Recht auf Anerkennung der Urheberschaft vorenthalten wird. Hiergegen kann sich jeder Betreiber einer Website durch deutlich angebrachte Hinweise auf das eigene Urheberrecht auf jeder Seite absichern.

Ein Verstoß gegen Urheberrechte des "Geframten" ist nach allem in der Regel nicht anzunehmen, jedoch nicht vollkommen ausgeschlossen. Dabei darf ein Link grundsätzlich nicht getrennt behandelt werden von dem Kontext, aus dem er erfolgt. Entsteht auf Seiten des Benutzers der Eindruck, es handle sich bei den "geframten" Seiten um Inhalte der verweisenden Website oder der Betreiber der fremden Seiten habe der Nutzung zugestimmt, kann eine Verletzung von Urheberrechten vorliegen. Wird aber eine fremde Seite lediglich in eigene Frames übernommen und auch die fremde Urheberschaft nicht verleugnet, liegt eine Rechtsverletzung regelmäßig nicht vor.

IV. Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht

Neben einem möglichen Verstoß gegen § 13 UrhG ist bei der Verwendung von Frames auf geschäftlich genutzten Websites vor allem das Wettbewerbsrecht zu beachten. Aus der Übernahme fremder Inhalte durch Frames kann sich ein Unterlassungsanspruch aus der Generalklausel des § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Leistungsübernahme konstituieren. Dies ist insbesondere der Fall, wenn auf Seiten des Betrachters der Eindruck entstehen kann, dass es sich bei den "geframten" Seiten um eigene des "Framenden" handelt. Eine solche Wettbewerbsverletzung nach § 1 UWG liegt vor, wenn ein Mitbewerber das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen (hier also das HTML-Dokument) als "schmarotzerische Ausbeutung" ohne einen eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang übernimmt, also einen Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch erlangt.

Entscheidend dabei ist zunächst, ob die fremde Leistung unter Sonderrechtsschutz steht. Das trifft bei Patent- und Gebrauchsmusterrechten, Urheberrechten und den ihnen verwandten Geschmacksmusterrechten sowie bei Kennzeichenrechten (Name, Firma, Marke) zu. Zur Begründung des Unlauterkeitsvorwurfs bedarf es zusätzlich des Hinzutretens besonderer Umstände, die das Verhalten des Nachahmers ausnahmsweise als wettbewerbswidrig erscheinen lassen, wobei zur Feststellung der Wettbewerbswidrigkeit das gesamte Verhalten des Wettbewerbers im Einzelfall zu bewerten ist. Ein Beispiel für ein anstößiges und damit wettbewerbswidriges Verhalten sieht das OLG Karlsruhe etwa in der systematischen und vollständigen Übernahme der Telefonverzeichnisse durch einen Mitbewerber im Falle der Telefon-Software "D-Info 2.0". Dies aber auch nur, weil die Richter es als unbillig ansahen, Ergebnisse einer Arbeit zu übernehmen, zu der die Telekom per Gesetz verpflichtet ist.

Grundsätzlich ist bei der Verwendung von Frames ein Verstoß gegen § 1 UWG anzunehmen, wenn fertige Leistungen eines Mitbewerbers übernommen werden, ohne dass dieser in der Darstellung noch als Urheber der Seiten erkennbar ist. In diesem Fall behindert der "Framende" in anstößiger Weise einen Mitbewerber, denn er stärkt seine Stellung ohne eigene Leistungen zu erbringen. Für den Benutzer einer Seite ergibt sich in solchen Fällen der irrige Eindruck, dass die übernommenen Seiten von dem Betreiber der Frames erstellt wurden oder zumindest eine enge Zusammenarbeit herrscht. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich ein Anbieter größer darstellt als er tatsächlich ist. In einem Verfahren vor dem LG Berlin war 1996 die Frage zu klären, ob die Übernahme von Stellenanzeigen einer Tageszeitung in einen Online-Stellenmarkt einen Unterlassungsanspruch des Verlegers nach § 1 UWG begründet. Das LG nimmt dabei in seiner Entscheidung zu Recht eine sittenwidrige Ausbeutung einer fremder Leistung und eine Irreführung im Sinne von § 3 UWG über verkehrswesentliche Eigenschaften an.

Umgekehrt dagegen ist eine Anwendung von §§ 1, 3 UWG ausgeschlossen, wenn sich die in dem fremden Frame dargestellte Seite unproblematisch dem Urheber zuordnen läßt, da die Anerkennung fremder Urheberschaft im Sinne von § 3 UWG erhalten bleibt. Hierbei kann es auch keine Rolle spielen, ob dem Benutzer die Herkunft von einer fremden Seite auf den ersten Blick ersichtlich ist, da zumindest die Möglichkeit besteht, den wahren Urheber der "geframten" Seite zu erkennen. In diesem Zusammenhang bleibt es damit den Anbietern überlassen, ihre Seiten durch Anbringung von Urheberrechtshinweisen deutlich zu kennzeichnen. Technisch möglich ist im übrigen die Verwendung sogenannter "Frame-Killer" bei der Programmierung, durch die eine Darstellung eigener Seiten in fremden Frames verhindert wird. Eine grundsätzliche konkludente Zustimmung des Urhebers zu einer Übernahme der Seiten kann in einem Verzicht auf derartige Schutzmaßnahmen allerdings nicht gesehen werden.

V. Fazit

Durch die Verwendung von Frames kann gegen geltendes Recht verstoßen werden. In Frage kommen hier vor allem und regelmäßig der § 13 UrhG und die §§ 1, 3 UWG. Ob diese einschlägig sind, kann jedoch immer nur im Einzelfall ermittelt werden. Werden Frames auf einer Website verwendet, ist immer darauf zu achten, dass der eigentliche Urheber der übernommenen Seiten deutlich erkennbar ist. Demgegenüber werden die §§ 16, 17 und 23 UrhG regelmäßig nicht verletzt.