Tell-a-Friend: Kunden als Werbeträger

Tobias H. Strömer / Mai 2009

empfehlungEs ist im Internet gängige Praxis, Marketing über eine »Tell-a-Friend-Funktion« zu betreiben. Der sich dahinter verbergende Gedanke, den eigenen Kunden als Werbeträger einzusetzen, mag als Marketingkonzept durchaus überzeugend sein. Unter Berücksichtigung der in diesem Zusammenhang veröffentlichten Rechtsprechung ist die Marketingform hingegen problematisch.

Auch wenn ein Unternehmer nicht selbst die (abmahngefährdeten) E-Mails verschicken, sondern stattdessen seine eigenen Kunden oder Websitebesucher E-Mails versenden lässt, birgt der Einsatz einer solchen wie auch immer ausgestalteten Mailingpoint-Funktion ein erhebliches Abmahnpotenzial in sich. Denn es stellt sich die Frage, ob sich der Unternehmer mit der Argumentation »zurücklehnen« kann, er selbst versende E-Mails nicht, sondern lasse Dritte - die eigenen Kunden - die Werbe-E-Mails versenden.

So hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass eine politische Partei dann als Mitstörerin auf Unterlassung haftet, wenn sie Dritten auf ihrer Website ein anonymes Spamming über eine E-Card-Funktion ermöglicht (KG Berlin, Beschl. v. 22.06.04, 9 W 53/04). Auch nach Ansicht des Oberlandesgericht München können Betreiber von »E-Mail Weiterleitungsfunktionen« verschuldensunabhängig haften (OLG München, Urt. v. 12.02.04, 8 U 4223/03). Es könne dahinstehen, ob der Händler damit rechnen musste oder aufgrund von Fahrlässigkeit verkannt habe, dass Dritte einen »Newsletter« für einen weiteren Dritten bestellt haben. Das Gericht ist der Auffassung, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Versand von Newslettern durchaus missbraucht werden könne, um jemanden zu ärgern und sich aus diesem Grund mit dessen persönlichen Daten anzumelden und um die Versendung des Newsletters zu bitten. Ähnlich sieht es das Landgericht Nürnberg, das einen Wettbewerbsverstoß darin gesehen, dass ein Versandhaus über seine Website die Besucher aufgefordert hat, an Freunde und Bekannte eine »Produktempfehlung« zu senden (LG Nürnberg, Urt. v. 17.09.04, 1 HK O 9216/04).

Das Oberlandesgericht Nürnberg hingegen hat eine nach Art der Bewerbung differenzierte Betrachtungsweise (OLG Nürnberg, Urt. v. 25.10.05, 3 O 1084/05). Eine (Werbe-)E-Mail, die bloß eine Produktempfehlung enthält, soll nicht wettbewerbswidrig sein. Die Richter haben erkennen lassen, dass sie eine solche E-Mail zwar ebenfalls als Werbung ansehen, stellen aber maßgeblich darauf ab, dass der Versand einer solchen E-Mail maßgeblich auf dem Entschluss des Kunden beruhe und damit auf dem Entschluss eines Dritten, der im Zeitpunkt des Versenders dieser Produktempfehlung nicht vom UWG erfasst wird. Etwas anders solle allerdings dann gelten, wenn eine E-Mail über die bloße Produktempfehlung hinaus weitere Werbeaussagen enthält. Das Anfügen einer solchen zusätzlichen Werbung entspreche gerade nicht den Voraussetzungen, die der Gesetzgeber in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG für das Zusenden von Werbung auf elektronischem Weg aufgestellt habe. Insbesondere fehle es an der erforderlichen ausdrücklichen Einwilligung des Adressaten.

Noch weitergehend beurteilt das Landgericht Frankfurt die Werbung per E-Mail-Weiterleitungsfunktion. Die Frankfurter Richter haben erkennen lassen, dass sie der Argumentation, die E-Mail werde schließlich von einem Dritten und gerade nicht von dem Händler verschickt, der somit auch nicht haften könne, grundsätzlich Folge leisten (LG Frankfurt a. M., Urt. v. 05.11.04, 3/12 O 106/04). Ein Onlinehändler solle zumindest dann nicht nach den Grundsätzen der Störerhaftung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn der Internetnutzer nicht völlig wahllos und willkürlich von der zur Verfügung gestellten Weiterleitungsfunktion an Freunde und Bekannte Gebrauch macht.

Auch der Bundesgerichtshof hat beiläufig zu Werbemaßnahmen durch Laien Stellung bezogen. Die Bundesrichter weisen darauf hin, dass eine Werbemaßnahme, die mit einer Belästigung verbunden ist, grundsätzlich hinzunehmen sei (BGH, Urt. v. 06.07.06, I ZR 145/03 - Kunden werben Kunden). Die Werbung sei erst dann unlauter, wenn ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird (§ 7 Abs. 1 UWG). Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kann aber allein darin, dass der Laienwerber sich in erster Linie an Personen wenden wird, zu denen er in einer bestimmten Beziehung steht, und diese sich einer solchen Werbemaßnahme möglicherweise weniger leicht entziehen können als den Werbeversuchen Fremder, kein Umstand gesehen werden, die mit der Laienwerbung verbundene Belästigung als unzumutbar im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG erscheinen zu lassen. Der Belästigungsgrad sei regelmäßig erst gegeben, wenn die Gefahr bestehe, dass der Laienwerber zu Mitteln greife, die auch berufsmäßigen Werbern verboten seien. Dazu gehört jedoch gerade die Telefon-, Telefax- oder E-Mail-Werbung ohne vorheriges Einverständnis, § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG.

Äußerste Vorsicht sollte der Werbende insbesondere bei Angaben walten lassen, wie gegenüber Freunden oder Bekannten vorzugehen ist, indem etwa der Umworbene bewusst darauf angesprochen wird, dem Laienwerber werde durch die erfolgreiche Werbung eine Prämie zukommen. In diesem Fall wird bewusst darauf spekuliert, dass der Umworbene rationale Erwägungen zurückstellt und sich auch und vor allem deshalb zum Kauf entschließt, weil der dem Laienwerber einen Gefallen erweisen möchte (BGH, Urt. v. 20.12.01, I ZR 227/99 - Laienwerbung für Makleraufträge; OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.09.94, I ZR 138/92; Beschl. 16.06.89, 15 W 403/88).

Ein Anbieter, der sich trotz aller Risiken dazu entschließt, die Mailingpoint-Funktion weiterhin zu verwenden, sollte bei jeglichen Produktempfehlungen folgende Formulierung zu verwenden:

»Empfehlen Sie dieses Produkt Ihren Freunden und Bekannten weiter. Sofern die Weiterempfehlung per E-Mail erfolgt, muss eine ausdrückliche Einwilligung Ihrer Freunde und Bekannten, Werbe-E-Mails empfangen zu wollen, vorliegen.«