BPatG, Beschl. v. 30.03.04, 24 W (pat) 167/03 - handy.com

An der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts wird festgehalten, dass nach Art einer Internet-Adresse gebildete Marken nicht unterscheidungskräftig sind, sofern eine beschreibende oder sonst nicht unterscheidungskräftige Angabe (als Second-Level-Domain) mit einer üblichen Top-Level-Domain verbunden wird (hier: »handy.com«).

bundesadler

BUNDESPATENTGERICHT
BESCHLUSS

Aktenzeichen: 24 W (pat) 167/03
Entscheidung vom 30. März 2004

In der Beschwerdesache

[...]

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke »handy.com« ist für die folgenden Waren und Dienstleistungen

»Klasse 9
Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs-, Labor- und Unterrichtsapparate und -instrumente soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung , Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild, Video und Daten; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; optische, optoelektronische und elektronische Datenträger und Aufzeichnungsgeräte; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geld-, gutschein- und guthabenbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie Computerkomponenten und Computerperipherie; Geräte der Regel-, Steuer und Messtechnik; Geräte zur Aufnahme, Verarbeitung und Simulation biometrischer Daten; Software, die sich durch künstliche Intelligenz auszeichnet; Auf maschinenlesbaren Datenträgern gespeicherte Softwarealgorithmen, insbesondere Algorithmen zur Datenver- und entschlüsselung, Datenkomprimierung und Datenentkomprimierung, Datensignierung, Datenintegritätsprüfung, Schlüsselverwaltung, Erzeugung von Pseudo- und echten Zufallszahlen sowie Algorithmen zum Verwalten und Auffinden von Daten, Datenverbänden und Datenabhängigkeiten; Algorithmen zur Automatisierung von Arbeitsprozessen; Microchips und Microcontroller; Geräte der Nachrichten- und Kommunikationstechnik; elektrische Apparate und Instrumente für die Starkstromtechnik, nämlich für die Leitung, Umwandlung, Speicherung, Regelung und Steuerung; elektrische Apparate und Instrumente für die Schwachstromtechnik, nämlich für die Nachrichten-, Hochfrequenz- und Regelungstechnik; Telefonvermittlungsgeräte; fernmeldetechnische Apparate und Instrumente, Moderne (Modulatoren und Demodulatoren) statische Mutiplexer und Zeitmultiplexer, Funktelefone; Datenverarbeitungsgeräte; elektrische Leiter, soweit in Klasse 9 enthalten; beschichtete und ummantelte elektrische Drähte, elektrische Kabel und Kabelkanäle hierfür, (isolierte) Fernmeldekabel; Kondensatoren, Spulen und Widerstände für elektrische Zwecke; optische Fasern und Kabel; Feuerlöschgeräte.

Klasse 35
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Unternehmensberatung; Konzeptionelle Arbeiten und Agenturdienstleistungen, nämlich

Dienstleistungen einer Unternehmensberatungsagentur, nämlich Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Unternehmensberatung, Entwicklungs- und Recherchedienste, gewerbsmäßige Beratung, Marktforschungs- und -analysedienstleistungen, Projektplanung, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere, Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren; Dienstleistungen einer Werbeagentur, nämlich konzeptionelle Erarbeitung, Gestaltung und Design von Film-, Funk-, Print-, Multimedia-, Internet- sowie anderer digitaler Medien, Dienstleistungen eines Grafikers, Dienstleistungen eines Industriedesigners, Marketingdienstleistungen, Marktforschung, Meinungsforschung, Werbeforschung, Verteilung von Waren zu Werbezwecken, Werbemittlung, Werbung, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Print-, Videotext-, Teletext- und Internetwerbung, Werbevermarktung, Veröffentlichung von Prospekten;

Dienstleistungen einer Personaldienstleistungsagentur, nämlich Überlassung von Mitarbeitern an Dritte, sowie Zeitarbeits- und Zeiterfassungsdienstleistungen und damit verbundene Abrechnungssysteme;

Dienstleistungen einer Lizenzverwaltungsagentur, nämlich Verwaltung und Verwertung von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten, Patenten, Marken, Geschmacks- und Gebrauchsmustern, Lizenzvergabe und Lizenzkontrolle von Schutzrechten, Vermittlung von Geschäftskontakten und Verträgen, Vergabe von Sende-, Weitersende-, audiovisuellen, mechanischen und sonstigen Nutzungsrechten an Rundfunk-, Fernseh- und Internetproduktionen;

Klasse 36
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Kapitalverwaltung;

Klasse 38
Telekommunikation, insbesondere Sprach-, Bild-, Ton-, Video- und Datenübermittlung.

Klasse 41
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche- und kulturelle Aktivitäten; Edutainment, nämlich einer Kombination aus Unterhaltung und Ausbildung.

Klasse 42
Verpflegung Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; Rechtsberatung und -Vertretung; wissenschaftliche und industrielle Forschung, irisbesondere auf dem Gebiet der Chemie, Physik, Biologie, Gentechnologie, Computertechnik und Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Gentechnologie; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Merchandisedienstleistungen nämlich Dienstleistungen zur Steigerung von Umsätzen; Unternehmenskommunikationsdienstleistungen; Content-Providing, nämlich dem Sammeln und Bereitstellen von Nachrichten und allgemeinen Informationen; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung, Produktion und Vermarktung von Film-, Fernseh-, Teleshopping-, Rundfunk-, BTX-, Videotext-, Teletext- und Internet-Programmen oder Sendungen, Filmvermietung; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere Katalogen, Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Dienstleistungen einer Systemhausagentur, nämlich EDV-Dienstleistungen im Bereich von Software-Entwicklung und -Beratung sowie Internet-Dienstleistungen, nämlich Vermittlung und Vermietung, Sammeln, Speichern, Verarbeiten, Verwalten, Bereitstellen von Daten und Software sowie die Bereitstellung, Zurverfügungstellung und Vermietung von Zugangsmöglichkeiten und/oder Zugriffszeiten zu digitalen Netzen (Accessproviding), Vermarktung von Internet-Angeboten, Webhosting, nämlich das Zurverfügungstellen von Webspace, Webdesign, Bereitstellung von Software zur Automation administrativer Internetaufgaben, e-commerce Dienstleistungen, nämlich Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften über Online-Shops, Erstellung und Unterhaltung virtueller Kommunikationsmöglichkeiten, Bereitstellung von Internet-Seiten, Analyse, Installation, Aktualisierung, Wartung und Vermietung von Computersoft- und Hardware, Einrichtung und Planung von Netzwerken, technische sowie konzeptionelle Computerdienstleistungen, Erstellen von technischen Gutachten, Ingenieurarbeiten, Dienstleistungen auf dem Gebiet der Ablaufoptimierung digitaler Geschäftsprozesse; Projektplanungsdienstleistungen; Qualitätsprüfungsdienstleistungen«

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 10. März 2003 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Bestandteil ».com« sei eine der bedeutendsten internationalen Top-Level-Domains, die als Kürzel für »commercial« zur Kennzeichnung kommerzieller Unternehmen gedacht sei. Als allgemein geläufiger Internet-Adressenbestandteil, der nur auf irgendein kommerzielles Unternehmen hinweise, komme ihm keine individualisierende unternehmenskennzeichnende Bedeutung zu (BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 216/00 »1stBavarianOnlineshop.com«; 33 W (pat) 269/00 »EquityStory.com«). Der als Second-Level-Domain wirkende weitere Bestandteil »handy« sei ebenfalls nicht unterscheidungskräftig. »Handy« sei in Deutschland eine umgangssprachlich gebräuchliche Bezeichnung für ein schnurloses Telefon oder ein Mobiltelefon und werde als geläufiges Wort von den Abnehmern stets nur als solches und in seiner Sachbedeutung, nicht aber als Unterscheidungsmittel verstanden. Insoweit werde auch auf den, dem Anmelder vorab übermittelten Beschluss des Bundespatentgerichts vom 29. Oktober 2002, 33 W (pat) 3/02 »[...]«, Bezug genommen. Der Verkehr werde »handy« immer nur als Sachhinweis auffassen, je nach der speziellen Ware oder Dienstleistung entweder als Angabe des gegenständlichen Gebiets oder als Angabe über die Erbringungs- und Informationsmodalität mittels Mobiltelefon. Dabei sei die Weiterentwicklung im Multimediabereich und der Ausbau von UMTS-Diensten zu berücksichtigen, die zu einer erheblichen Nutzungszunahme WAP-fähiger Handys führe, mittels der fast alle Dienste, einschließlich Warenbestellung und Einkäufe über Handy, in Anspruch genommen werden könnten. Das Gesamtzeichen enthalte für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen daher lediglich eine Sachangabe, nämlich den Hinweis auf ein entsprechendes Angebot im Internet.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, dass der Marke für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen unter Berücksichtigung des insoweit anzulegenden großzügigen Maßstabs nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die angemeldete Marke bestehe aus dem Wort »Handy«, das als Substantiv die landläufige Bezeichnung für ein mobiles Telefon sei und als Adjektiv »handlich« bedeute, einem Punkt, der ein beendendes grammatikalisches Satzzeichen darstelle und in Domain-Namen die verschiedenen Zuordnungslevel voneinander abgrenze, sowie der Abkürzung »com«, welche für die unterschiedlichen Begriffe »communication«, »Computer«, »commercial« oder »compact« stehe. In ihrer Gesamtheit ergebe die Bezeichnung »handy.com« daher für den durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Verbraucher keine in Bezug auf die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen eindeutige, im Vordergrund stehende beschreibende Sachaussage, selbst wenn sie als Internet-Adresse aufgefasst werden sollte. Es sei nicht belegt, dass die Zeichenfolge »handy.com« in den von der Anmeldung erfassten Branchen oder auch sonst eine werbeübliche Sachangabe oder ein geläufiges Fremdwort darstelle.

Hilfsweise regt der Anmelder an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil zu der Frage der Schutzfähigkeit von Marken, die in Form einer Internet-Domain gebildet seien, mit Blick auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 22. Januar 2003, 32 W (pat) 6/02 »handwerk.de«, die Rechtsprechung innerhalb der Senate des Bundespatentgerichts divergiere und es zu dieser Frage bisher auch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gebe.

Er beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Wegen der weitere Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 165 Abs. 4 u 5 Nr. 1 MarkenG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft idS ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u.a. EuGH MarkenR 2002, 231, 235 (Nr. 35) »Philips/Remington«; MarkenR 2003, 187, 190 (Nr. 40) »Linde ua«; MarkenR 2004, 116, 120 (Nr. 48) »Waschmittelflasche«). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei darauf abzustellen ist, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die in Rede stehende Kategorie von Waren oder Dienstleistungen vermutlich wahrnimmt (vgl. EuGH aaO, (Nr. 41) »Linde ua«; aaO, (Nr. 50) »Waschmittelflasche«). Die Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor allem dann, wenn ihr von den angesprochenen Verkehrskreisen ein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet wird (vgl. ua BGH GRUR 2001, 1042, 1043 »REICH UND SCHÖN«; GRUR 2001, 1153 »antiKalk«). Einer Marke kann jedoch die Unterscheidungskraft in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen auch aus anderen Gründen als ihrem etwaigen beschreibenden Charakter fehlen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 111, 113 (Nr. 19) »BIOMILD/Campina Melkunie«; Marken R-2Q04, 99, 1.08 (Nr. 86) »KPN/Postkantoor«), so insbesondere dann, wenn es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder ein geläufiges Wort aus einer fremden Sprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 »Bar jeder Vernunft«; GRUR 2003, 1050, 1051 »Cityservice«). Ausgehend hiervon fehlt der angemeldeten Wortmarke »handy.com« in Bezug auf sämtliche angemeldeten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Eignung, im Verkehr als Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen angesehen zu werden.

Zunächst entbehrt das Eingangswort »Handy« nach den dargelegten Grundsätzen jeglicher Unterscheidungskraft. Abgeleitet von der Bedeutung »zur Hand, greifbar, handlich, praktisch« des englischen Adjektivs »handy« (vgl. PONS COLLINS Großwörterbuch Englisch, 1997, S. 1202), hat es sich im deutschen Sprachgebrauch zu einer allgemein geläufigen Gattungsbezeichnung für ein Mobil(funk)-Telefon entwickelt (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. 2001, CD-ROM, zu dem Stichwort »Handy«) und wird vom inländischen Publikum demzufolge ganz überwiegend auch so und nicht in seiner ursprünglichen englischen Bedeutung verstanden. Als die gängige Bezeichnung der im heutigen Geschäftsieben allgegenwärtigen Mobil(funk)-Telefone fasst der Verkehr das Wort »Handy« stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel auf, und zwar unabhängig von einem ihm in Bezug auf die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommenden, konkret die Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstige Merkmale beschreibenden Aussagegehalt (vgl. BPatG Mitt. 2003, 569 »[...].de«). Dabei ist, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, zu berücksichtigen, dass Handy schon heute eine Vielzahl von Funktionen besitzen, wie z.B. Multi-Media-Funktionen, Foto- und Video-Funktionen (Foto-Handy), den Zugang zum Internet ermöglichen (WAP-fähige Handys) oder mit anderen technischen Apparaten oder Anwendungen kombiniert werden (z.B. Handholds (=Taschen-PCs) mit Handys, Überwachungs- und Steuerungsgeräte mit Handys), und dass gerade im Hinblick auf die derzeit beginnende Markteinführung der UMTS-Technologie die Anwendungen und Funktionen von Handys und die Möglichkeiten des Datenaustausches über Handys stetig ausgebaut und erweitert werden. So kann eine ganze Reihe von Dienstleistungen unmittelbar online per - Intemetfähigem - Handy in Anspruch genommen (z.B. Geld- und Finanzgeschäfte) bzw. ihre Ausführung mittels spezieller Handy-Funktionen unterstützt werden. Außerdem kann praktisch in Bezug auf alle Arten von Waren oder Dienstleistungen die Bestellung, Beauftragung, Reservierung, Information oder Beratung über das Handy online, telefonisch oder per SMS bzw. MMS durchgeführt werden. Die Bezeichnung »Handy« wird der Verkehr daher im Geschäftsverkehr im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen immer nur als solche verstehen und darin einen Hinweis auf die Möglichkeit des Informations- oder sonstigen Datenaustausches in Bezug auf das jeweilige Produkt- oder Leistungsangebot über das Kommunikationsmedium »Handy« sehen, nicht aber ein auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen hinweisendes Kennzeichen.

Abgesehen davon besitzt das Wort »Handy« in der dargelegten Bedeutung für die überwiegende Zahl der angemeldeten Waren und Dienstleistungen zudem einen konkret beschreibenden Aussagegehalt und wird vom Verkehr auch aus diesem Grund nicht als Unterscheidungsmittel aufgefasst werden. So kann es sich bei den in der Klasse 9 angemeldeten Waren zum Teil um Handys, sprich Mobil(funk)-Telefone, selbst handeln (z.B. Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild, Video und Daten; Geräte der Nachrichten- und Kommunikationstechnik; fernmeldetechnische Apparate und Instrumente; Funktelefone), zum Teil um Geräte, Apparate und Instrumente, die mit Mobil(funk)-Telefonen ausgestattet oder kombiniert sind (z.B. Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs-, Labor- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie Computerkomponenten und Computerperipherie), sowie zum Teil um Geräte, Apparate, Instrumente und Softwareprodukte, deren bestimmungsgemäßer Einsatz oder Anwendungsbereich Mobil(funk)-Telefone sind (z.B. auf maschinenlesbaren Datenträgern gespeicherte Softwarealgorithmen, insbesondere -...; Microchips und Microcontroller; Telefonvermittlungsgeräte; Moderne (Modulatoren und Demodulatoren); elektrische Leiter). Weiterhin bezeichnet das Wort »Handy« in Bezug auf die in den Klassen 35, 36, 38, 41 und 42 angemeldeten Dienstleistungen entweder deren inhaltlichen oder thematischen Gegenstand (z.B. gewerbsmäßige Beratung; Marktforschungs- und -analysedienstleistungen; Projektplanung; Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Marketingdienstleistungen; Versicherungswesen; Ausbildung; Unterhaltung; wissenschaftliche und industrielle Forschung, insbesondere ...; Content-Providing, nämlich Sammeln und Bereitstellen von Nachrichten und allgemeinen Informationen; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere Katalogen...; Dienstleistungen einer Systemhausagentur, nämlich EDV-Dienstleistungen im Bereich von Software-Entwicklung und -Beratung sowie Internet-Dienstleistungen, nämlich Vermittlung und Vermietung, Sammeln, Speichern, Verarbeiten, Verwalten, Bereitstellen von Daten und Software; Erstellen von technischen Gutachten; Ingenieurarbeiten; Qualitätsprüfungsdienstleistungen) oder das Kommunikationsmedium, mittels derer die betreffende Dienstleistung durchgeführt oder unterstützt wird (z.B. Werbung; Dienstleistungen einer Personaldienstleistungsagentur, nämlich Zeitarbeits- und Zeiterfassungsdienstleistungen und damit verbundene Abrechnungssysteme; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Kapitalverwaltung; Telekommunikation, Merchandisedienstleistungen, nämlich Dienstleistungen zur Steigerung von Umsätzen; Unternehmenskommunikationsdienstleistungen; Dienstleistungen einer Systemhausagentur, nämlich Internet-Dienstleistungen, nämlich die Bereitstellung, Zurverfügungstellung und Vermietung von Zugangsmöglichkeiten und/oder Zugriffszeiten zu digitalen Netzen (Accessproviding)) oder deren bestimmungsgemäßen Anwendungsbereich (z.B. Dienstleistungen einer Werbeagentur, nämlich konzeptionelle Erarbeitung, Gestaltung und Design von Film-, Funk-, Print-, Multimedia-, Internet- sowie anderer digitaler Medien; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Analyse, Installation, Aktualisierung, Wartung und Vermietung von Computersoft- und Hardware, Einrichten und Planung von Netzwerken, technische sowie konzeptionelle Computerdienstleistungen).

Unterscheidungskraft erlangt die angemeldete Marke auch nicht in ihrer Gesamtheit durch das nach einem Punkt dem Wort »handy« angefügte Kürzel »com«. Zwar kommt die Buchstabenfolge »com« als Abkürzung für mehrere unterschiedliche - englische - Begriffe in Frage, so u.a. für »commercial«, »communication(s)« oder »Compiler« (vgl. z.B. P Wennrich, Anglo-amerikanische und deutsche Abkürzungen in Wissenschaft und Technik, 1. Ausg. 1976, S 373). Gleichwohl wird der Verkehr die angemeldete Marke nicht als fantasievolle Gesamtbegriffsbildung mit uneinheitlichem mehrdeutigem Aussagegehalt, etwa im Sinn von »Handy-Kommunikation«, »kommerzielles Handy« o.ä., auffassen. Denn in der konkret angemeldeten, für Internetadressen typischen Schreibweise, in der die Abkürzung »com« - ohne Tastenabstand - durch einen Punkt (engl. = »dot«) getrennt, einem Begriff hintangestellt ist, erschließt sie sich dem informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher eindeutig als die vielfach vorkommende, allgemein bekannte generische Top-Level-Domain ».com« (vgl. F Huber, D Dingeldey, Ratgeber Domain-Namen, S. 19) und demzufolge die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit als (unvollständige/r) Domain-Name bzw. Internet-Adresse.

Nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann einer Marke, die nach Art einer Internet-Adresse gebildet ist, nicht allein wegen des Umstandes, dass Internet-Adressen nach bisheriger Praxis nur einmal vergeben werden, Unterscheidungskraft im markenrechtlichen Sinne gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und damit die Eignung beigemessen werden, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen als aus einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen. Die einmalige Vergabe besagt nämlich nicht notwendig, dass eine Internet-Adresse stets auch zu dem Produkt- oder Leistungsangebot eines bestimmten Anbieters führt. So wird in Internet-Adressen nicht selten ein Gattungs- oder sonstiger Sachbegriff als Second-Level-Domain gewählt, der auf den Inhalt einer Web-Seite hinweist und als Suchhilfe sowie zur Beschreibung von Teilnetzen oder zur Eingrenzung von Themenkreisen fungiert, wobei derartige Domain-Namen oft Internet-Seiten adressieren, die weitere Informationen zu einem bestimmten Thema und Links zu verschiedenen Anbietern enthalten, den Urheber der Seite aber nicht erkennen lassen (vgl. BPatG BIPMZ 2000, 294, 296 »http://cyberiaw.de«; BPatGE 43, 263, 265 »eCollect.de«; GRUR 2004, 336, 338 »beauty24.de«). Zudem gibt es zwischen Marken und Internet-Adressen erhebliche Unterschiede in ihren Kennzeichnungsgegenständen und -zwecken (vgl. Fezer WRP 2000, 669, 678 f). Hiervon ist auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung zu dem Domain-Namen »Mitwohnzentraie.de« (GRUR 2001, 1061, 1062 f) ausgegangen, in der er ausgeführt hat, dass an generischen Begriffen als Domain-Namen ein reges Interesse bestehe und wegen des Suchverhaltens der Internetnutzer der Einsatz von Gattungsbezeichnungen als Internet-Adressen zu einer gewissen Kanalisierung der Kundenströme führen könne, die Registrierung derartiger Gattungsbezeichnungen im Gegensatz zum Markenrecht (mangels einer Rechtsgrundlage) aber nicht aus dem Gesichtspunkt des Freihaltungsinteresses verhindert werden könne (vgl. hierzu auch BPatG GRUR 2004, 336, 338 »beauty24.de«). Ob eine nach Art einer Internet-Adresse gestaltete Marke Unterscheidungskraft aufweist, bleibt daher eine im Einzelfall nach den maßgeblichen markenrechtlichen Kriterien zu beurteilende Frage. Ausgehend hiervon sowie im Hinblick darauf, dass die gängigen Top-Level-Domains (z.B. .de, .at, .ch) lediglich ein geographisches oder, wie vorliegend ».com«, ein organisatorisches Zuordnungskriterium darstellen und daher vom Verkehr nicht als unternehmerischer Herkunftshinweis aufgefasst werden, fehlt einer nach Art eines Domain-Namens gebildeten Marke die Unterscheidungskraft regelmäßig dann, wenn die Second-Level-Domain nur in einer für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sachangabe oder einer sonstigen nicht unterscheidungskräftigen Angabe besteht. Diese Auffassung entspricht nicht nur der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts, sondern wird auch von den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt sowie dem überwiegenden Schrifttum vertreten (vgl. BPatG aaO »http://cyberlaw.de«; aaO »eCollect.de«; aaO »handy.de«; aaO »beauty24.de«; jeweils BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 119/99 »yingyang.de«; 27 W (pat) 216/00 »1stBavarianOnlineshop.com«; 27 W (pat) 93/00 »AGRARNET.de«; 33 W (pat) 269/00 »EquityStory.com«; 27 W (pat) 45/01 »Super-Handy.de«; 25 W (pat) 79/01 »www.strafzettel.de«; 25 W (pat) 167/01 »smartbuil-ding.de«; 29 W (pat) 31/01 »bayerische-rundschau.de«; 25 W (pat) 161/01 »getyourcar.de«; 32 W (pat) 95/01 »www.wirspielenlotto.de«; 33 W (pat) 36/02 »Garagenpark.de«; 29 W (pat) 4/02 »kaufeinbuch.de«; 33 W (pat) 29/02 »reise.de«; BPatG vom 25.9.03 - 25 W (pat) 249/02 »i-finance.de«; BPatG vom 9.10.03 -25 W (pat) 53/02 »UNI.DE«; BPatG vom 16.3.04 - 33 W (pat) 271/02 »Cyber-Communication.Com«; BPatG vom 30.9.2003 - 24 W (pat) 28/03 »ANWALTSTELEFON.de«; HABM jeweils PAVIS PROMA R77/99-2 »WWW.PRIMEBROKER.COM«; R610/99-2 »worldsport.com«; R866/99-3 »SOFTWARE.COM«; R589/99-2 »INTER-NET.COM«; R576/99-2 »INTERNETNEWS.COM«; R638/00-4 »BUY.COM«; R989/00-3 »deai4free.com«; R305/01-3 »PETS.COM«; R834/01-2 »LISTEN.COM«; R695/01-1 »SportsBet.com«; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. § 8 Rdn. 119; Ekey/Klippel, MarkenR, 2003, § 8 Rdn. 20; Fezer, WRP 2000, 669, 670 f; (aA lediglich BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 6/02 »handwerk.de«; BPatG vom 6.8.03 -32 W (pat) 302/02 »caselaw.de«).

Da die angemeldete Marke - wie oben dargelegt - ebenfalls nur aus einer nicht unterscheidungskräftigen Angabe in Verbindung mit einer geläufigen Top-Level-Domain besteht, muss die Beschwerde des Anmelders erfolglos bleiben. sr

Für die von der Widersprechenden angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung. Zu entscheiden war nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), sondern vielmehr im wesentlichen über Fragen rein tatsächlicher Art im Rahmen der Subsumtion des vorliegenden Einzelfalls unter das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Abgesehen davon hat sich der Bundesgerichtshof in dem Urteil »Mitwohnzentrale.de« (aaO) bereits grundsätzlich zur Frage des Ausschlusses von Domain-Namen vom registerrechtlichen Markenschutz geäußert. Weiterhin erfordert auch die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die Frage der absoluten Schutzfähigkeit von nach Art einer Internet-Adresse gebildeten Marken ist von den Senaten des Bundespatentgerichts sowie auch von den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts bereits vielfach nach den im vorliegenden Fall angewandten Grundsätzen beurteilt worden (vgl. die oben zitierte Rspr.). Soweit zwei - oben ebenfalls zitierte - Beschlüsse eines Senats des Bundespatentgerichts (vgl. aaO »handwerk.de«; »caselaw.de«) von dieser ständigen Rechtsprechung der übrigen Senate abweichen, handelt es sich um Einzelfallentscheidungen, denen keine symptomatische Bedeutung zukommt, zumal derselbe Senat die Schutzfähigkeit zweier anderer wie Internet-Adressen gebildeter Marken demgegenüber verneint hat (vgl. aaO »yingyang.de«; »www.wirspielenlotto.de«). Die beiden fraglichen, von der ständigen Rechtsprechung der übrigen Senate abweichenden Entscheidungen lassen daher keinen Nachahmungseffekt erwarten, welcher die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gefährden könnte (vgl. BGH GRUR 2003, 259, 260 »Revisionsvoraussetzungen«; NJW 2002, 2473, 2474; NJW 2004, 1167).

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