Streitwert: 1.202,00 €.
LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Entscheidung vom 5. November 2014
Aktenzeichen: 2-06 0 190/14
In dem Rechtsstreit
[...]
hat das Landgericht Frankfurt am Main — 6. Zivilkammer — durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Kästner, Richter am Landgericht Dr. Hasse und Richterin am Landgericht Dr. La Corte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.9.2014 für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.044,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.01.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen unberechtigter Abmahnung.
Die Klägerin ist Buchhändlerin. Sie verkauft unter anderem Bücher und Kalender ausschließlich über ihren unter der Adresse »[...].de« erreichbaren Internetshop.
Der Beklagte ist Autor eines Buches und vertreibt unter dem Kennzeichen »You&Me« von ihm selbst kreierte Biersorten. Er ist Inhaber einer am 08.10.2009 angemeldeten und am 17.03.2010 eingetragenen Wortmarke »You&Me« sowie zweier am 19.11.2003 und 08.04.2009 angemeldeter und am 01.04.2004 und 06.08.2009 eingetragener Wort-Bildmarken »You&Me«. Alle Marken sind unter anderem für Druckereierzeugnisse, Fotografien und Schreibwaren beim Deutschen Patent- und Markenamt registriert.
Am 30.12.2013 hatte die Klägerin ein Posterbuch der Autorin Nani Corina mit dem Titel »You&Me« in ihrem Internetshop im Angebot. Dabei handelte es sich laut Angebotsbeschreibung um eine graphische Meditation über ein verliebtes Paar, u.a. bestehend aus Elementen des Expressionismus. Auf die Kopie der Angebotsseite (BI. 3 d.A.) wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Unter dem 03.01.2014 ließ der Beklagte die Klägerin wegen Verletzung seiner Marken aus einem Streitwert von 25.000,- € abmahnen. Die Klägerin beauftragte daraufhin ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten und ließ die Abmahnung zurückweisen. Ihr Prozessbevollmächtigter berechnete der Klägerin für seine außergerichtliche Tätigkeit eine 1,5fache Gebühr aus dem Streitwert von 25.000,- € nebst Post- und Telekommunikationspauschale, insgesamt 1.202,- €, die die Klägerin beglich. Die Klägerin forderte die Beklagte zum Ersatz des Anwaltshonorars unter Fristsetzung zum 14.01.2014 erfolglos auf.
Die Klägerin, die den Einwand der Nichtbenutzung einer Marke erhebt, ist der Auffassung, dass die Abmahnung unberechtigt gewesen sei. Eine 1,5fache Gebühr sei im kennzeichenrechtlichen Bereich angemessen. Zudem seien zwei schwierige, höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfragen zu prüfen gewesen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagte zu verurteilen, an sie 1.202,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.01.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die in seinem Namen ausgesprochene Abmahnung als rechtmäßig.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin kann nach § 823 Abs. 1 BGB wegen eines schuldhaften und rechtswidrigen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aufgrund der unberechtigten Abmahnung den Ersatz der ihr entstandenen, erforderlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.044,40 € verlangen.
Eine Abmahnung aus einem absoluten Schutzrecht stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar und kann zum Schadensersatz verpflichten, sofern sie unberechtigt war und der Abmahnende dies schuldhaft und rechtswidrig nicht erkannt hat (vgl. BGH GRUR 2005, 882 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; GRUR 2006, 432 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht II).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Abmahnung des Beklagten aus seinen Kennzeichenrechten war unberechtigt. Dem Beklagten standen Ansprüche wegen Verletzung seiner Marken gegen den Beklagten nicht zu, was er schuldhaft und rechtswidrig nicht erkannt hat.
Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die angegriffene Bezeichnung markenmäßig verwendet wird. Eine markenmäßige Benutzung oder - was dem entspricht - eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. EuGH GRUR 2003, 55 Tz. 51 ff. - Arsenal Football Club; BGH GRUR 2008, 793 Tz. 15 - Rillenkoffer; BGH, Urt. v. 14.01.2010, I ZR 82/08 Rn. 16 - CCCP; BGH GRUR 2012, 618, 619 Rn. 17 - Medusa). Buchtitel —wie der von der Klägerin auf ihren Angebotsseiten verwendete und vom Beklagten angegriffene — dienen regelmäßig nicht als Herkunftshinweis auf einen bestimmten Verlag, sondern werden von den angesprochenen Verkehrskreisen als Mittel zur Unterscheidung eines Werks von anderen aufgefasst (vgl. BGH GRUR 1994, 191, 201 — Asterix-Persiflagen m.w.N.; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rn. 187 m.w.N.).
Die Klägerin kann jedoch nicht den vollen Ersatz der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten verlangen, sondern lediglich 1.044,40 €.
Zu den wegen einer unerlaubten Handlung zu ersetzenden Kosten gehören nur solche Kosten eines mit der Sache befassten Rechtsanwalts, die zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH NJW 1995, 446; NJW 2006, 1065; GRUR 2007, 620 - Immobilienwertgutachten; GRUR 2007, 621 - Abschlussschreiben; GRUR 2008, 367, 368 - Rosenkrieg bei Otto). Erforderlich war nur die Erstattung von Anwaltskosten auf der Grundlage einer 1,3fachen Gebühr, nur in dieser Höhe hatte der Rechtsanwalt der Klägerin nach dem RVG einen Vergütungsanspruch gegen diese. Eine Überschreitung der Regelgebühr lässt sich nämlich nicht damit rechtfertigen, dass Kennzeichenstreitsachen von vornherein überdurchschnittlich schwierig seien (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 04.05.2010, 6 U 189/09 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urt. v. 08.11.2012, 6 U 208/11). An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn die kennzeichenrechtlichen Fragen, die die Sache schwierig erscheinen lassen sollen, konkret benannt und hier als höchstrichterlich noch nicht entschiedene kennzeichenrechtliche Rechtsfragen bezeichnet werden.
Der Beklagte hat als unterlegene Partei nach § 92 Abs. 2 ZPO die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil die Zuvielforderung der Klägerin verhältnismäßig gering war und keine Mehrkosten verursacht hat.
Das Urteil ist nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Kästner Dr. La Corte Dr. Hasse