LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 18.05.15, 3 O 672/14

eigenesache Die Aufhebung eines Ordnungsmittelbeschlusses ist auch nach seiner Rechtskraft und auch dann noch möglich, wenn das Ordnungsgeld bereits bezahlt ist.

 

bayern 

LANDGERICHT NÜRNBERG-FÜRTH
BESCHLUSS

Aktenzeichen: 3 O 672/14
Entscheidung vom 18. Mai 2015

In dem Rechtsstreit

[...]

wegen Markenrechtsverletzung

erlässt das Landgericht Nürnberg-Fürth - 3. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Rottmann, den Richter am Landgericht Dr. Beckstein und den Richter am Landgericht Husemann am 18.05.2015 folgenden

Beschluss

1. Der Aufhebungsbeklagte hat die Kosten des Aufhebungsverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung zu tragen.

2. Der Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.03.2014 (Az. 3 0 672/14) wird aufgehoben.

3. Der Aufhebungsbeklagte hat die Kosten des Ordnungsmittelverfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert für das Aufhebungsverfahren wird auf 8.500,00 € festgesetzt.

I.

Die Parteien streiten um die Kosten eines Aufhebungsverfahrens und die Aufhebung eines Ordnungsmittelbeschlusses.

Die Kammer erließ am 31.01.2014 gegen die Aufhebungsklägerin eine einstweilige Verfügung, in der sie der Aufhebungsklägerin untersagte, die Bezeichnung »[...]« im geschäftlichen Verkehr für Posterbücher zu benutzen und/oder benutzen zu lassen. Außerdem legte die Kammer der Aufhebungsklägerin die Kosten des Verfügungsverfahrens auf und setzte den Streitwert auf 25.000,00 € fest.

Auf Antrag des Aufhebungsbeklagten erließ die Kammer am 26.03.2014 einen Beschluss, in dem sie gegen die Aufhebungsklägerin wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen das in der Beschlussverfügung vom 31.01.2014 enthaltene Verbot ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500,00 € festsetzte. Außerdem legte die Kammer der Aufhebungsklägerin die Kosten des Vollstreckungsverfahrens auf und setzte den Gegenstandswert des Vollstreckungsverfahrens auf 5.000,00 EUR fest. Die sofortige Beschwerde der Aufhebungsklägerin wies das Oberlandesgericht Nürnberg mit Beschluss vom 06.05.2014 zurück. Außerdem legte das Oberlandesgericht der Aufhebungsklägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf und setzte den Beschwerdewert auf 2.500,00 € fest.

Mit Beschluss vom 12.02.2014 gab die Kammer dem Aufhebungsbeklagten auf, innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Beschlusses Klage wegen der der einstweiligen Verfügung vom 31.01.2014 zugrundeliegenden Ansprüche zu erheben. Dieses Hauptsacheverfahren wurde beim Landgericht Nürnberg-Fürth unter dem Aktenzeichen 3 0 1565/14 geführt. Mit Endurteil vom 20.08.2014 wies die Kammer die Klage ab und legte dem Aufhebungsbeklagten die Kosten des Rechtsstreits auf. Den Streitwert setzte die Kammer auf 37.500,00 € fest. Die dagegen vom Aufhebungsbeklagten eingelegte Berufung nahm dieser am 13.01.2015 zurück.

Mit Schreiben vom 06.02.2015 erklärte der Aufhebungsbeklagte, dass er auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung vom 31.01.2014 verzichte, und überreichte den entwerteten Titel der Aufhebungsklägerin. Am 19.03.2015 teilte der Aufhebungsbeklagte der Aufhebungsklägerin mit, dass auf diese Rechte auch rückwirkend verzichtet werde.

Mit Schriftsatz vom 25.03.2015 erklärte die Aufhebungsklägerin ihren Antrag auf Aufhebung der einstweilen Verfügung für erledigt. Der Aufhebungsbeklagte hat der Erledigterklärung der Klagepartei nicht widersprochen.

II.

1. Die Kostenentscheidung für die Kosten des Aufhebungsverfahrens beruht auf § 91a Abs. 1 ZPO. Das Gericht hat dabei unter und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann.

Die zulässige Aufhebungsklage war im Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung begründet.

Es bestand ein Rechtsschutzbedürfnis für das Aufhebungsverfahren. Vorliegend hatte zwar der Aufhebungsbeklagte rückwirkend auf den Titel verzichtet und diesen an die Aufhebungsklägerin herausgegeben. Aufgrund der noch nicht erfolgten Klärung in Bezug auf die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung bestand jedoch ein Rechtsschutzbedürfnis für das Aufhebungsverfahren (BGH, NJW 1993, 2685).

Die Aufhebungsklägerin hatte gemäß § 927 ZPO einen Anspruch auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 31.01.2014. Aufgrund der rechtskräftigen Klageabweisung im Hauptsacheverfahren 3 0 1565/14 steht der Aufhebungsgrund fest (BGH, NJW 1993, 2685).

2. Da der Erlass der einstweiligen Verfügung von Anfang an unrechtmäßig erfolgte, waren dem Aufhebungsbeklagten neben den Kosten des Aufhebungsverfahrens auch die Kosten des gesamten Verfügungsverfahrens aufzuerlegen (BGH, NJW 1993, 2685).

3. Aufgrund der Aufhebung der Beschlussverfügung vom 31.01.2014 hat die Aufhebungsklägerin gemäß §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO auch einen Anspruch auf Aufhebung des Ordnungsmittelbeschlusses vom 26.03.2014. Die Aufhebung des Ordnungsmittelbeschlusses ist trotz seiner Rechtskraft möglich und hat auch dann zu erfolgen, wenn das Ordnungsgeld bereits bezahlt ist (Kammergericht, NJW-RR 2000, 1523).

4. Den Streitwert für das Aufhebungsverfahren hat die Kammer auf ca. 1/3 des Streitwerts für das Verfügungsverfahren festgesetzt (Kammergericht, JurBüro 2002, 479). Ein gesonderter Streitwert für die Aufhebung des Ordnungsmittelbeschlusses war nicht festzusetzen.

Rottmann              Dr. Beckstein                 Husemann



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