Streitwert: 3.430 €
AMTSGERICHT MÖCHENGLADBACH
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 4 C 117/07
Entscheidung vom 8. Februar 2008
In dem Rechtsstreit
[...]
hat das Amtsgericht Mönchengladbach auf die mündliche Verhandlung vom 18.01.2008 durch den Richter Toeller
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückzahlung einer Vergütung für einen Partnerschaftsvermittlungsvertrag.
Die Beklagte betreibt eine Partnerschaftsvermittlung in [...]. Aufgrund einer in der FAZ vom 23.07.2005 geschalteten Anzeige trat die Klägerin telefonisch zu ihr in Kontakt.
Am 27.09.2005 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin in ihrer Wohnung auf. Hierbei unterzeichnete die Klägerin einen Auftrag zur Einrichtung eines Anschriftendepots gegen eine Vergütung von 3.480,00 € inklusive Mehrwertsteuer, wobei der Vertrag eine Laufzeit von vier Monaten haben und die Beklagte der Klägerin vier Anschriften aus ihrem Bestand in das Depot einstellen sollte. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die von der Klägerin eingereichte Kopie des Auftrags vom 27.09.2005 (Bl. 6 GA) verwiesen.
Die Klägerin zahlte die vereinbarte Vergütung an die Beklagte. Die Beklagte übermittelte der Klägerin daraufhin 11 Partnervorschläge (Bl. 8 ff- GA).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.09.2006 erklärte die Klägerin den Widerruf und die Anfechtung des Vertrages.
Die Klägerin behauptet, dass sie nicht darum gebeten habe, dass sie von einem Mitarbeiter der Beklagten zu Hause aufgesucht werde, sie sei auch nicht vorab telefonisch über die Vertragsbedingungen informiert worden. Vielmehr habe der Außendienstmitarbeiter der Beklagten ein persönliches Gespräch gewünscht. Bei diesem Gespräch habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie bezüglich der Partnervorschläge Wert auf räumliche Nähe lege. Sie habe den Wunsch geäußert, dass potentielle Partner aus dem Postleitzahlengebiet 7, möglichst aus dem Raum Freiburg kommen sollten.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte den Vertrag nicht erfüllt habe. Hierzu behauptet sie, dass die elf von der Beklagten vorgeschlagenen potentiellen Partner kein Interesse an einer Freundschaft gehabt hätten. Zu den einzelnen Kritikpunkten an den jeweiligen Vorschlägen wird auf den Schriftsatz der Klägervertreterin vom 12.02.2007 (Bl. 4 ff. GA) verwiesen. Die Beklagte habe insbesondere den Wunsch der Klägerin bezüglich der räumlichen Nähe nicht beachtet. Femer sei ein Teil der vorgeschlagenen Partner von der Beklagten angeworben worden und habe selbst für die Vermittlung keine Zahlungen leisten müssen.
Weiterhin beruft sich die Klägerin darauf, dass der Partnerschaftsvermittlungsvertrag sittenwidrig sei, da Leistung und Gegenleistung in einem krassen Missverhältnis stünden.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3480,00 € nebst Zinsen in Höhe van fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz hieraus seit dem 30.09.2006 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 191,65 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass der Besuch ihres Mitarbeiters in der Wohnung der Klägerin am 27.09.2005 auf ausdrücklichen vorherigen Wunsch der Klägerin erfolgt sei.
Sie ist der Ansicht, dass sie den Vertrag mit der Klägerin sogar überobligatorisch erfüllt habe, da sie der Klägerin statt der vertraglich geschuldeten vier insgesamt 11 Partnervorschläge unterbreitet habe.
Der Vertrag sei auch nicht sittenwidrig, da die vereinbarte Vergütung branchenüblich sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 3.460,00 € aus § 812 I 1, 1. Alt. BGB.
Die Beklagte hat diesen Betrag nicht rechtsgrundlos von der Klägerin erlangt Rechtsgrund für die Zahlung der Klägerin ist der zwischen den Parteien geschlossene Partie rschaftsvermittlungsvertrag vom 27.09.2005.
Dieser Vertrag ist wirksam.
Der Vertrag ist zunächst nicht nach § 138 I BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Es besteht kein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Es ist gerichtsbekannt, dass sich die hier zwischen den Parteien für die Erstellung eines Partnerdepots vereinbarte Vergütung im Rahmen des Branchenüblichen halt. Im Bezirk des Amtsgerichts Mönchengladbach haben mehrere Partnervermittlungsagenturen ihren Sitz, so dass dem Gericht die Höhe der üblicherweise für derartige Verträge verlangten Vergütung aus anderen Verfahren bekannt ist.
Der Vertrag ist auch nicht gemäß § 142 I BGB durch die Anfechtungserklärung der Klägerin vom 19.09.2006 als von Anfang an nichtig anzusehen.
Die Klägerin hat weder eine arglistige Täuschung noch einen Irrtum substantiiert vorgetragen.Die Klägerin hat gegen die Beklagte femer keinen Anspruch auf Zahlung von 3.480,00 € aus §§ 357 1,346 1 BGB.
Die Klägerin hat den Partnerschaftsvermittlungsvertrag nicht durch ihre Erklärung vom 19.09.2006 gemäß § 355 BGB widerrufen.
Der Klägerin stand kein Widerrufsrecht nach § 312 I 1 Nr. 1 BGB zu. Zwar ist der Vertrag in der Privatwohnung der Klägerin abgeschlossen worden, dass Widerrufsrecht ist hier jedoch gemäß § 312 III Nr. 1 BGB ausgeschlossen, weil die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschiuss vom 27.09.2005 beruhte, auf vorhergehende Bestellung der Klägerin geführt worden sind. Hiervon ist trotz der gegenteiligen Behauptung der Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 03.08.2007 (Bl. 59 GA) auszugehen, da die Klägerin eine entsprechende Erklärung im schriftlichen Auftrag vom 27.09.2005 (Bl. 6 GA) selbst unterschrieben hat. Unter Ziffer 4. dieses Auftrages heißt es wörtlich
»Hiermit bestätige ich ausdrücklich, dass ich den heutigen Hausbesuch in Kenntnis von Preis und Leistung und ausführlicher telefonischer Beratung zum Zwecke der Auftragserteilung bestellt habe«.
Das entsprechende Feld für die Aufnahme dieser Erklärung in den Vertragstext ist angekreuzt. Die Klägerin hat diesbezüglich selbst nicht vorgetragen, dass sie den Auftrag nicht oder nicht in der vorliegenden Form unterschrieben habe. Dementsprechend muss sie sich am Vertragstext festhalten lassen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zuletzt auch keinen Anspruch auf Zahlung von 3.480,00 € aus §§ 280 I, III, 281 BGB wegen einer Schlecht- oder Nichtleistung der Beklagten. Ein Schadensersatzanspruch wegen einer Schlechtleistung kommt bereits grundsätzlich nicht in Betracht. Die Schlechterfüllung eines Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrages lässt den Vergütungsanspruch grundsätzlich unberührt (OLG Koblenz, NJW-RR 2006, 419, Leitsatz). Unter dem Gesichtspunkt der Nichtleistung kann ein Schadensersatzanspruch vorliegen, wenn die Leistung völlig unbrauchbar ist (OLG Koblenz aaO).
Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Die Beklagte hat ihre vertragliche Pflichten gegenüber der Klägerin jedenfalls in einem Maß erfüllt, bei dem von einer völligen Unbrauchbarkeit der von ihr erbrachten Leistung nicht ausgegangen werden kann. Obwohl die Beklagte nach Ziffer 1. des Vertrages vom 27.09.2005 nur verpflichtet war, bei einer Laufzeit von vier Monaten vier Anschriften von potentiellen Partnern auszuwählen und in das Depot der Klägerin einzustellen, hat sie der Klägerin in einem Zeitraum von einem halben Jahr (04.10.2005 bis 19.04.2006) insgesamt 11 Partnervorschläge unterbreitet. Diese sowohl in zeitlicher als auch in quantitativer Hinsicht überobligatorische Leistung spricht bereits gegen eine völlige Unbrauchbarkeit. Daneben ist auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht davon auszugehen, dass die jeweils unterbreiteten Vorschläge qualitativ vollständig unbrauchbar waren. Selbst wenn man den von der Beklagten bestrittenen Vortrag der Klägerin, dass sie bei Abschluss des Vertrages erklärt habe, dass sie Wert auf räumliche Nahe lege, als zutreffend unterstellt, kann hieraus nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Von den elf von der Beklagten unterbreiteten Adressen stammen sieben aus dem von der Klägerin nach ihrem Vortrag gewünschten Postleitzahlenraum 7, die übrigen jedenfalls aus Süddeutschland. Da die Beklagte wie bereits dargelegt nur die Unterbreitung von vier Adressen schuldete, vermag das Gericht nicht zu erkennen, wieso nach dem klägerischen Vortrag hinsichtlich der räumlichen Nähe eine Nichtleistung der Beklagten vorliegen soll.
Ob die Gründe, aus denen nach dem Vortrag der Klägerin die Freundschaften zu den von der Beklagten vorgeschlagenen Partnern jeweils gescheitert sind, tatsächlich zutreffen kann an dieser Stelle dahinstehen. Auch wenn man den diesbezüglichen Vortrag dar Klägerin als wahr unterstellt handelt es sich hierbei nur um üblicherweise bei der Partnersuche auftretende Probleme, die auf Seiten der Beklagten allenfalls eine Schlechtleistung darstellen könnten, wenn sie nicht ohnehin dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen sind. Eine solche Schlechtleistung ist aber im Gegensatz zur völligen Nichtleistung bei einem Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrag wie oben bereits dargelegt unbeachtlich.
Da keine Hauptforderung besteht, mit deren Leistung sich die Beklagte in Verzug befinden könnte, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Freistellung von ihren vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Toeller