EuGH, Urt. v. 06.11.03, C 243/01 - Gambelli.

Regelungen des nationalen Rechts, die die Möglichkeit für Kapitalgesellschaften, auf dem Markt eines anderen Mitgliedstaats eine Konzession zur Durchführung von Sportwetten zu erhalten, praktisch ausschließen, stellen eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit auch dann dar, wenn diese Beschränkung unterschiedslos allen Kapitalgesellschaften mit Sitz in dem betreffenden oder in einem anderen Mitgliedstaat auferlegt sind.

 

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EUROPÄISCHER GERICHTSHOF
URTEIL DES GERICHTS

 Aktenzeichen: C-243/01
Entscheidung vom 6. November 2003

 

In der Rechtssache C-243/01

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Tribunale Ascoli Piceno (Italien) in dem bei diesem anhängigen Strafverfahren gegen

Piergiorgio Gambelli u. a.

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 43 EG und 49 EG

erlässt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung

des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans und J. N. Cunha Rodrigues, der Richter D. A. O. Edward (Berichterstatter) und R. Schintgen, der Richterinnen F. Macken und N. Colneric und des Richters S. von Bahr, Generalanwalt: S. Alber, Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- von Herrn Gambelli u. a., vertreten durch D. Agnello, avvocato,

- von Herrn Garrisi, vertreten durch R. A. Jacchia, A. Terranova und I. Picciano, avvocati,

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von D. Del Gaizo, avvocato dello Stato,

- der belgischen Regierung, vertreten durch F. van de Craen als Bevollmächtigten im Beistand von P. Vlaemminck, avocat,

- der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos und D. Tsagkaraki als Bevollmächtigte,

- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Fraguas Gadea als Bevollmächtigte,

- der luxemburgischen Regierung, vertreten durch N. Mackel als Bevollmächtigten,

- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und A. Barros als Bevollmächtigte,

- der finnischen Regierung, vertreten durch E. Bygglin als Bevollmächtigte,

- der schwedischen Regierung, vertreten durch B. Hernqvist als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Aresu und M. Patakia als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Herrn Gambelli u. a., vertreten durch D. Agnello, von Herrn Garrisi, vertreten durch R. A. Jacchia und A. Terranova, der italienischen Regierung, vertreten durch A. Cingolo, avvocato dello Stato, der belgischen Regierung, vertreten durch P. Vlaemminck, der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos, der spanischen Regierung, vertreten durch L. Fraguas Gadea, der französischen Regierung, vertreten durch P. Boussaroque als Bevollmächtigten, der portugiesischen Regierung, vertreten durch A. Barros, der finnischen Regierung, vertreten durch E. Bygglin, und der Kommission, vertreten durch A. Aresu und M. Patakia, in der Sitzung vom 22. Oktober 2002,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. März 2003

folgendes

Urteil

Das Tribunale Ascoli Piceno hat mit Beschluss vom 30. März 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Juni 2001, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung der Artikel 43 EG und 49 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Diese Frage stellt sich in einem Strafverfahren gegen Herrn Gambelli und 137 weitere Beschuldigte (im Folgenden: die Beschuldigten des Ausgangsverfahrens), denen zur Last gelegt wird, widerrechtlich heimlich Wetten organisiert zu haben und Inhaber von Zentren zu sein, in denen Daten über Wetten gesammelt und übermittelt werden, wobei eine solche Tätigkeit den Tatbestand des Betruges zu Lasten des Staates erfülle.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

Artikel 43 EG hat folgenden Wortlaut:

Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.

Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.

Nach Artikel 48 Absatz 1 EG [...] stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind.

Artikel 46 Absatz 1 EG bestimmt: Dieses Kapitel und die aufgrund desselben getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht die Anwendbarkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.

Artikel 49 Absatz 1 EG lautet: Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.

Nationale Regelung

Gemäß Artikel 88 des Regio Decreto Nr. 773, Testo Unico delle Leggi di Pubblica Sicurezza (Königliches Dekret Nr. 773, Testo Unico der Gesetze auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit) vom 18. Juni 1931 (GURI Nr. 146 vom 26. Juni 1931, im Folgenden: Königliches Dekret), kann keine Genehmigung für das Sammeln von Wetten erteilt werden, es sei denn für Wetten bei Rennen, Regatten, Ballspielen oder ähnlichen Wettkämpfen, sofern das Sammeln der Wetten eine notwendige Voraussetzung für einen zweckdienlichen Ablauf des Wettkampfs darstellt.

Nach der Legge Finanziaria Nr. 388 (Finanzgesetz Nr. 388) vom 23. Dezember 2000 (Supplemento ordinario des GURI vom 29. Dezember 2000, im Folgenden: Gesetz Nr. 388) wird die Genehmigung zur Veranstaltung von Wetten ausschließlich Konzessionären oder denjenigen erteilt, die durch ein Ministerium oder eine andere Einrichtung, der das Gesetz die Organisation oder Annahme von Wetten vorbehält, dazu ermächtigt sind. Die Wetten können sich auf den Ausgang oder das Ergebnis von Sportereignissen beziehen, die unter der Kontrolle des Comitato Olimpico Nazionale Italiano (Italienisches Nationales Olympisches Komitee, im Folgenden: das CONI) oder von diesem abhängiger Organisationen stattfinden, oder auf das Ergebnis von Pferderennen, die durch Vermittlung der Unione nazionale per l'incremento delle razze equine (Nationalverband zur Verbesserung der Pferderassen, im Folgenden: die UNIRE) organisiert werden.

Die Artikel 4, 4a und 4b des Gesetzes Nr. 401 vom 13. September 1989 über Interventionen auf dem Gebiet des heimlichen Spiels und der heimlichen Wetten und zum Schutz des ordnungsgemäßen Ablaufs sportlicher Wettkämpfe (GURI Nr. 294 vom 18. Dezember 1989, im Folgenden: Gesetz Nr. 401/89) in der Fassung des Gesetzes Nr. 388/00, durch dessen Artikel 37 Absatz 5 die Artikel 4a und 4b in das Gesetz Nr. 401/89 eingefügt wurden, bestimmen:

Widerrechtliche Ausübung von Spiel- oder Wetttätigkeiten

Artikel 4

(1) Wer widerrechtlich Lotterien, Wetten oder Prognosewettbewerbe organisiert, die gesetzlich dem Staat oder konzessionierten Einrichtungen vorbehalten sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft. Derselben Strafe unterliegt, wer Wetten oder Prognosewettbewerbe über von dem [CONI], den unter dessen Kontrolle stehenden Einrichtungen oder der [UNIRE] veranstaltete Sportereignisse organisiert. Wer widerrechtlich öffentliche Wetten über andere Wettkämpfe von Personen oder Tieren und über Geschicklichkeitsspiele organisiert, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu einem Jahr und einer Geldstrafe von mindestens 1 Million ITL bestraft.

(2) Wer für die Wettbewerbe, Spiele oder Wetten, die nach den in Absatz 1 beschriebenen Modalitäten veranstaltet werden, ohne Mittäter eines dort festgelegten Delikts zu sein, wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten und einer Geldstrafe zwischen 100 000 und 1 Million ITL bestraft.

(3) Wer an Wettbewerben, Spielen oder Wetten, die nach den in Absatz 1 beschriebenen Modalitäten veranstaltet werden, teilnimmt, ohne Mittäter eines dort festgelegten Delikts zu sein, wird mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten oder einer Geldstrafe zwischen 100 000 und 1 Million ITL bestraft.

[...]

Artikel 4a

Die in diesem Artikel vorgesehenen Sanktionen sind auf denjenigen anwendbar, der in Italien ohne die nach Artikel 88 des [Königlichen Dekrets] erforderliche Konzession, Genehmigung oder Lizenz eine Tätigkeit zur Annahme oder dem Sammeln oder jedenfalls zur Erleichterung der Annahme oder, auf welche Art auch immer, des Sammelns, auch über Telefon oder durch Datenübertragung, von Wetten jeder Art betreibt, die durch wen auch immer in Italien oder im Ausland abgeschlossen werden.

Artikel 4b

[...] die in diesem Artikel vorgesehenen Sanktionen [sind] auf denjenigen, anwendbar, der das Sammeln oder die Registrierung von Einsätzen für die Lotterie, Prognosewettbewerbe oder Wetten über Telefon oder durch Datenübertragung betreibt, ohne im Besitz einer Genehmigung zur Benutzung dieser Mittel zur Durchführung des Sammelns oder der Registrierung zu sein.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Laut Vorlagebeschluss haben die Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsrichter beim Tribunale Fermo (Italien) ermittelt, dass eine weit verbreitete und engmaschige Organisation italienischer Agenturen besteht, die über das Internet in Verbindung mit dem Buchmacher Stanley International Betting Ltd (im Folgenden: Stanley) in Liverpool (Vereinigtes Königreich) steht und zu der die Beschuldigten des Ausgangsverfahrens gehören. Ihnen wird zur Last gelegt, in Italien bei der Tätigkeit des Sammelns von Wetten eines ausländischen Buchmachers, das normalerweise gesetzlich dem Staat vorbehalten ist, mitgewirkt und dadurch gegen das Gesetz Nr. 401/89 verstoßen zu haben.

Diese Verhaltensweisen, die als Verstoß gegen das dem CONI eingeräumte Monopol für Sportwetten betrachtet und als Verstoß gegen Artikel 4 des Gesetzes Nr. 401/89 gewertet wurden, laufen nach folgendem Verfahren ab: Der Wettende teilt dem Inhaber der italienischen Agentur mit, auf welche Spiele er setzen möchte, und gibt den beabsichtigten Einsatz an. Diese Agentur übermittelt dem Buchmacher über das Internet einen Antrag auf Annahme der Wette und gibt die fraglichen nationalen Fußballspiele und die zu tätigenden Wetteinsätze an. Der Buchmacher übermittelt über das Internet in Echtzeit die Bestätigung der Annahme der Wette. Die italienische Agentur übermittelt dem Wettenden diese Bestätigung, woraufhin dieser den der Agentur geschuldeten Betrag zahlt, der dann an den Buchmacher auf ein speziell zu diesem Zweck im Ausland eröffnetes Konto weitergeleitet wird.

Bei Stanley handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts, die im Vereinigten Königreich im Handelsregister eingetragen ist und die aufgrund einer von der Stadt Liverpool nach dem Betting, Gaming and Lotteries Act (Gesetz über das Wetten, Glücksspiel und Lotterien) erteilten Lizenz die Tätigkeit eines Buchmachers betreibt. Sie ist zur Ausübung ihrer Tätigkeit im Vereinigten Königreich und im Ausland ermächtigt. Sie organisiert und verwaltet Wetten aufgrund einer britischen Lizenz, indem sie die Ereignisse und die Quoten ermittelt und das wirtschaftliche Risiko übernimmt. Stanley zahlt die entsprechenden Gewinne aus und entrichtet im Vereinigten Königreich die verschiedenen anfallenden Steuern ebenso wie die Steuern und Abgaben auf die Gehälter u. a. Sie ist strengen Kontrollen der Ordnungsgemäßheit ihrer Tätigkeiten unterworfen, die von einer privaten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sowie von dem Inland Revenue und den Customs & Excise durchgeführt werden.

Stanley bietet europaweit ein breit gefächertes Angebot von Wetten mit feststehender Quote über nationale, europäische oder weltweite Sportereignisse an. Die Einzelnen haben die Möglichkeit, von zu Hause aus über verschiedene Systeme wie das Internet, Fax oder Telefon Wetten zu platzieren, die Stanley organisiert und verwaltet.

Stanleys Präsenz als Unternehmen in Italien findet ihren konkreten Niederschlag im Abschluss von Geschäftsverträgen mit italienischen Wirtschaftsteilnehmern oder Vermittlern über die Errichtung von Datenübertragungszentren. Diese Zentren stellen den Benutzern elektronische Mittel zur Verfügung, sammeln und registrieren die Wettabsichten und übermitteln sie Stanley.

Die Beschuldigten des Ausgangsverfahrens sind bei der Camera di Commercio (Handelskammer) als Inhaber von Unternehmen zum Betrieb eines Datenübermittlungszentrums eingetragen und haben eine Genehmigung vom Ministero delle Poste e delle Comunicazioni (Ministerium für Post und Telekommunikation) zur Übertragung von Daten erhalten.

Der Ermittlungsrichter beim Tribunale Fermo erließ einen Beschluss über die vorläufige Beschlagnahme; bei den Beschuldigten wurden Durchsuchungen sowohl ihrer Person als auch ihrer Agenturen, Wohnungen und Fahrzeuge vorgenommen. Gegen den Beschuldigten Garrisi, der Verwaltungsratsmitglied bei Stanley ist, wurde Polizeigewahrsam angeordnet.

Die Beschuldigten des Ausgangsverfahrens haben beim Tribunale Ascoli Piceno die Überprüfung der Beschlüsse zur Beschlagnahme der ihnen gehörenden Datenübermittlungszentren gestellt.

Das Tribunale Ascoli Piceno verweist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes und insbesondere auf dessen Urteil vom 21. Oktober 1999 in der Rechtssache C-67/98 (Zenatti, Slg. 1999, I-7289). Es vertritt die Ansicht, dass die Fragen, die sich in der ihm vorgelegten Rechtssache stellten, nicht in vollem Umfang dem Sachverhalt entsprächen, über den der Gerichtshof im Urteil Zenatti bereits entschieden habe. Die kürzlich erfolgten Novellierungen des Gesetzes Nr. 401/89 erforderten eine neue Prüfung der Frage durch den Gerichtshof.

Das Tribunale verweist in diesem Zusammenhang auf die parlamentarischen Arbeiten zur Änderung des Gesetzes Nr. 388/00, aus denen hervorgehe, dass die mit diesem Gesetz in das Gesetz Nr. 401/89 eingefügten Beschränkungen vorrangig von dem Erfordernis diktiert worden seien, die Sport-Totoannehmer, eine Gruppe privater Unternehmer, zu schützen. Nach Angaben des Tribunale lässt sich aus diesen Beschränkungen keine Besorgnis im Hinblick auf die öffentliche Ordnung herauslesen, die die Einschränkung der gemeinschafts- oder verfassungsrechtlich garantierten Rechte rechtfertigen könnte.

Die Zulässigkeit des Sammelns und der Weiterleitung von Wetten über ausländische Sportereignisse, die sich aus der ursprünglichen Formulierung des Artikels 4 des Gesetzes Nr. 401/89 habe ableiten lassen, habe die Entstehung und Entwicklung eines Netzes von Wirtschaftsteilnehmern herbeigeführt, die auf dem Spiel- und Wettsektor Kapital investiert und Infrastrukturen geschaffen hätten. Diesen Wirtschaftsteilnehmern sei unversehens durch die mit dem Gesetz Nr. 388/00 vorgenommenen Änderungen der Regelung, wonach die Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über sportliche Ereignisse, durch wen auch immer und wo auch immer, mit einem - strafbewehrten - Verbot für den Fall belegt worden sei, dass keine staatlich erteilte Konzession oder Genehmigung vorliege, die Rechtmäßigkeit ihrer Stellung entzogen worden.

Das vorlegende Gericht stellt sich die Frage, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen der größtmöglichen Intensität des strafbewehrten Verbotes, das den rechtmäßig errichteten Unternehmen und Wirtschaftsteilnehmern aus der Gemeinschaft die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten auf dem Spiel- und Wettsektor in Italien praktisch unmöglich machen könne, und der Bedeutung des geschützten inländischen öffentlichen Interesses, dem die gemeinschaftsrechtlichen Freiheiten zum Opfer fielen, gewahrt sei.

Im Übrigen müsse das Gericht die Frage nach der Bedeutung des offensichtlichen Missverhältnisses stellen, das zwischen einer nationalen Regelung, die die Tätigkeit der Annahme von Sportwetten durch ausländische Unternehmen aus der Gemeinschaft rigoros beschränke, und einer starken Ausweitung des Spielens und Wettens bestehe, die der italienische Staat im Inland zu dem Zweck verfolge, Einnahmen für die Staatskasse zu erzielen.

Das vorlegende Gericht führt aus, dass das bei ihm anhängige Verfahren zum einen Fragen des innerstaatlichen Rechts nach der Vereinbarkeit der Neuregelungen in Artikel 4 des Gesetzes Nr. 401/89 mit der italienischen Verfassung aufwerfe, die die private wirtschaftliche Initiative bei Tätigkeiten schütze, die dem Staat nicht zur Erzielung von Einkünften dienten, und zum anderen Fragen nach der Unvereinbarkeit der Vorschrift dieses Artikels mit der Niederlassungsfreiheit und dem grenzüberschreitenden freien Dienstleistungsverkehr aufwerfe. Zu den damit gestellten Fragen des innerstaatlichen Rechts hat das Tribunale die italienische Corte Costituzionale (Verfassungsgerichtshof) angerufen.

Vor diesem Hintergrund hat das Tribunale Ascoli Piceno das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist eine nationale Regelung wie die italienische in den Artikeln 4 Absätze 1 ff., 4a und 4b des Gesetzes Nr. 401/89 (zuletzt geändert durch Artikel 37 Absatz 5 des Gesetzes Nr. 388 vom 23. Dezember 2000), die - strafbewehrte - Verbote der Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über Sportereignisse, durch wen auch immer und wo auch immer, enthält, wenn im Inland keine Voraussetzungen für die Konzession und die Genehmigung geregelt sind, - mit den entsprechenden Wirkungen im nationalen Recht - mit den Artikeln 43 ff. und 49 ff. EG-Vertrag vereinbar, die die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen betreffen?

Zur Vorlagefrage

Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

Nach Ansicht der Beschuldigten des Ausgangsverfahrens Gambelli u. a. stellt die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung dadurch, dass sie italienischen Bürgern verbietet, sich mit ausländischen Firmen in Verbindung zu setzen, um Wetten zu platzieren und die von diesen Firmen über das Internet angebotenen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, dass sie es den italienischen Vermittlern verbietet, die von Stanley verwalteten Wetten anzubieten, dass sie das letztgenannte Unternehmen hindert, sich mit Hilfe dieser Vermittler in Italien niederzulassen und damit seine Dienstleistungen von einem anderen Mitgliedstaat aus dort anzubieten, und dass sie im Ergebnis auf dem Spiel- und Wettsektor ein Monopol errichtet und beibehält, eine Beschränkung sowohl der Niederlassungsfreiheit als auch des freien Dienstleistungsverkehrs dar. Diese Beschränkung lasse sich nicht im Hinblick auf die den Urteilen vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-275/92 (Schindler, Slg. 1994, I-1039), vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-124/97 (Läärä u. a., Slg. 1999, I-6067) und Zenatti zu entnehmende Rechtsprechung des Gerichtshofes rechtfertigen, denn der Gerichtshof habe keine Gelegenheit gehabt, die mit dem Gesetz Nr. 388/00 in diese Regelung eingefügten Änderungen zu prüfen, und er habe die Problematik nicht unter dem Gesichtspunkt der Niederlassungsfreiheit geprüft.

Die Beschuldigten des Ausgangsverfahrens weisen hierzu darauf hin, dass der italienische Staat keine kohärente Politik zur Begrenzung oder Verhinderung der Spieltätigkeiten im Sinne der Urteile Läärä u. a., Randnr. 37, und Zenatti, Randnr. 36, verfolge. Die Besorgnisse der italienischen Behörden hinsichtlich des Schutzes der Wettenden vor den Gefahren des Betrugs, der Wahrung der öffentlichen Ordnung oder der Verminderung der Spielmöglichkeiten, um schädliche Wirkungen der Wetten auf individueller und sozialer Ebene und den durch diese Spielmöglichkeiten ausgelösten Anreiz zu Ausgaben zu verhindern, seien angesichts dessen unbegründet, dass Italien das Angebot an Spielen und Wetten ausweite und selbst die Leute zur Teilnahme an diesen Spielen anreize, indem es die Regelung des Sammelns vereinfache, um die Steuereinnahmen zu erhöhen. Dass die Organisation von Wetten in Finanzgesetzen geregelt werde, lasse die wahre wirtschaftliche Motivation der nationalen Behörden erkennen.

Die italienische Regelung habe auch das Ziel, die Konzessionäre des staatlichen Monopols zu schützen, indem für Wirtschaftsteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten der Zugang dadurch unmöglich gemacht werde, dass in den Ausschreibungen Kriterien für die Eigentumsstruktur vorgesehen seien, die nicht von einer börsennotierten Kapitalgesellschaft, sondern nur von natürlichen Personen erfüllt werden könnten, und dass sie die Bedingung aufstellten, dass man über Geschäftsräume verfügen und seit langem Konzessionär gewesen sein müsse.

Nach Ansicht der Beschuldigten des Ausgangsverfahrens ist es kaum hinnehmbar, dass eine Gesellschaft wie Stanley, die vollkommen rechtmäßig handele und im Vereinigten Königreich ordnungsgemäß kontrolliert werde, nach italienischem Recht genauso behandelt werde wie ein Wirtschaftsteilnehmer, der sich der Organisation heimlicher Spiele widme, obwohl sämtliche Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Gemeinwohl durch das britische Recht gewahrt seien und die als Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften an diese Gesellschaft vertraglich gebundenen italienischen Vermittler in das Verzeichnis der Dienstleistungserbringer eingetragen und beim Ministerium für Post und Telekommunikation registriert seien, mit dem zusammen sie tätig würden und das sie in regelmäßigen Abständen kontrolliere und überprüfe.

Diese Situation, die unter die Niederlassungsfreiheit falle, verletze den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung in den Bereichen, in denen noch keine Rechtsangleichung stattgefunden habe. Sie verstoße auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, und zwar umso mehr, als eine strafrechtliche Sanktion die Ultima Ratio sein müsse, auf die ein Mitgliedstaat zurückgreifen könne, wenn andere Maßnahmen oder Instrumente keinen angemessenen Schutz der zu schützenden Güter gewährleisteten. Nach italienischem Recht werde dem auf italienischem Hoheitsgebiet befindlichen Wettenden aber nicht nur die Möglichkeit genommen, durch Vermittlung in Italien niedergelassener Wirtschaftsteilnehmer auf in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Buchmacher zurückzugreifen, sondern er mache sich auch noch strafbar.

Die italienische, die belgische, die griechische, die spanische, die französische, die luxemburgische, die portugiesische, die finnische und die schwedische Regierung sowie die Kommission verweisen auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere auf die Urteile Schindler, Läärä u. a. und Zenatti.

Die italienische Regierung nimmt Bezug auf das Urteil Zenatti, um die Vereinbarkeit des Gesetzes Nr. 401/89 mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr, aber auch über die Niederlassungsfreiheit zu begründen. Sowohl mit dem vom Gerichtshof in diesem Urteil geprüften Aspekt, der verwaltungsrechtlichen Genehmigung für die Ausübung der Tätigkeit des Sammelns und der Verwaltung von Wetten in Italien, als auch mit dem Problem, das sich im Ausgangsverfahren stelle, d. h. dem strafbewehrten Verbot dieser Tätigkeit für den Fall, dass diese von Wirtschaftsteilnehmern ausgeübt werde, die nicht dem staatlichen Monopolsystem für Wetten angehörten, werde das gleiche Ziel verfolgt, nämlich außerhalb der gesetzlich ausdrücklich erlaubten Fälle eine solche Tätigkeit zu verbieten und die die praktischen Spielmöglichkeiten zu vermindern.

Nach Ansicht der belgischen Regierung wird ein gemeinsamer Markt für Glücksspiele die Verbraucher nur zu mehr Geldverschwendung verleiten und erhebliche schädliche Wirkungen für die Gesellschaft hervorrufen. Mit dem durch das Gesetz Nr. 401/89 eingeführten Schutzniveau und der restriktiven Genehmigungsregelung könne die Verwirklichung der Ziele des Gemeinwohls, nämlich die strikte Begrenzung und Kontrolle des Angebots an Spielen und Wetten, sichergestellt werden; sie stünden auch in angemessenem Verhältnis zu diesen Zielen, ohne eine Diskriminierung aus Gründen der Staatszugehörigkeit aufzuweisen.

Die griechische Regierung vertritt den Standpunkt, dass die Organisation von Glücksspielen und Wetten über Sportereignisse unter der Kontrolle des Staates bleiben müsse und in Form eines Monopols zu betreiben sei. Ihre Durchführung durch private Einrichtungen hätte unmittelbare Auswirkungen wie die Erschütterung der sozialen Ordnung, die Verleitung zu Straftaten und die Ausbeutung der Wettenden und der Verbraucher im Allgemeinen.

Die spanische Regierung trägt vor, dass sowohl die Übertragung spezieller oder ausschließlicher Rechte durch ein strenges Genehmigungs- oder Konzessionssystem als auch das Verbot, Zweigniederlassungen ausländischer Agenturen zur Abwicklung von Wetten in anderen Mitgliedstaaten zu eröffnen, mit der Politik der Angebotsbeschränkung vereinbar seien, wenn diese Maßnahmen mit dem Ziel erlassen worden seien, die Gelegenheiten zum Spiel und die Anregung der Nachfrage einzudämmen.

Nach Ansicht der französischen Regierung stellt der Umstand, dass im Ausgangsfall das Sammeln der Wetten durch Datenübertragung erfolgt und die Sportereignisse, die Gegenstand dieser Wetten sind, ausschließlich in Italien stattfinden - was in der Rechtssache, die zum Urteil Zenatti geführt habe, nicht der Fall gewesen sei -, die Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht in Frage, wonach nationale Rechtsvorschriften, die die Ausübung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit Glücksspielen, Lotterien und Geldspielautomaten beschränken, mit dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs vereinbar sind, sofern mit ihnen ein am Allgemeininteresse ausgerichtetes Ziel wie die Betrugsbekämpfung oder der Schutz der Wettenden vor sich selbst angestrebt wird. Die Mitgliedstaaten seien daher berechtigt, die Tätigkeit von Wirtschaftsteilnehmern im Bereich von Wetten unter nichtdiskriminierenden Bedingungen zu regeln, wobei Intensität und Ausmaß der Beschränkungen dem Ermessen der staatlichen Stellen überlassen seien. Somit hätten die mitgliedstaatlichen Gerichte zu prüfen, ob die staatlichen Stellen bei der Wahl der eingesetzten Mittel im Hinblick auf den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs ein angemessenes Verhältnis gewahrt hätten.

Zur Niederlassungsfreiheit führt die französische Regierung aus, dass die Beschränkungen der Tätigkeit unabhängiger italienischer Gesellschaften, die vertraglich an Stanley gebunden seien, nicht das Recht dieses Buchmachers beeinträchtigten, sich in Italien frei niederzulassen.

Nach Ansicht der luxemburgischen Regierung stellt das italienische Recht ein Hindernis für die Ausübung der Tätigkeit der Organisation von Wetten in Italien dar, da es Stanley verwehrt, ihre Tätigkeit auf italienischem Gebiet entweder unmittelbar durch die freie Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen oder mittelbar durch Vermittlung italienischer Agenturen über das Internet auszuüben. Es stelle auch ein Hindernis für die Niederlassungsfreiheit dar. Diese Behinderungen seien jedoch gerechtfertigt, da mit ihnen am Allgemeininteresse ausgerichtete Ziele verfolgt würden wie das Bemühen, die Spiellust zu kanalisieren und zu kontrollieren; sie seien auch geeignet und stünden in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Zielen, weil sie keine Diskriminierung im Bereich der Staatszugehörigkeit aufwiesen, da sowohl italienische Einrichtungen als auch diejenigen mit Sitz im Ausland der gleichen vom Finanzminister erteilten Genehmigung bedürften, um die Tätigkeiten der Organisation, der Annahme und des Sammelns von Wetten im italienischen Hoheitsgebiet auszuüben.

Die portugiesische Regierung weist darauf hin, dass das Ausgangsverfahren von Bedeutung für die Möglichkeit sei, in Italien wie auch in anderen Mitgliedstaaten die Veranstaltung von Lotterien unter der Herrschaft eines öffentlichen Monopols beizubehalten und den Staaten eine wichtige Einnahmequelle zu sichern, die an die Stelle der Zwangserhebung von Steuern trete und dazu diene, Sozial-, Kultur- und Sportpolitik zu finanzieren. Was die Spieltätigkeit angehe, so führten die Marktwirtschaft und der freie Wettbewerb zu einer mit der sozialen Ordnung unvereinbaren Neuverteilung der im Rahmen dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen, denn diese würden sich tendenziell von den Ländern, in denen die gesamten Einsätze niedrig seien, in die Länder verlagern, in denen diese Einsätze höher und die Gewinnsummen attraktiver seien. Die Wettenden in den kleineren Staaten finanzierten so den Sozial-, Kultur- und Sporthaushalt der großen Mitgliedstaaten, und in den kleineren Staaten würden die Regierungen durch den Rückgang der Spieleinnahmen gezwungen, die öffentlichen Sozialmaßnahmen und die anderen staatlichen Tätigkeiten auf dem Gebiet der Sozial-, Kultur- und Sportpolitik auf andere Weise zu finanzieren, was in diesen Staaten eine Erhöhung der Steuern und in den großen Staaten deren Senkung nach sich zöge. Im Übrigen würde die Aufteilung des Lotterie- und Lottomarktes der Staaten auf drei bis vier große Veranstalter in der Europäischen Union strukturelle Veränderungen der von den Staaten rechtmäßig betriebenen Vertriebsnetze für Spiele hervorrufen, die zur massiven Zerstörung von Arbeitsplätzen und zu auseinander klaffenden Niveaus der Arbeitslosigkeit in den verschiedenen Mitgliedstaaten führten.

Die finnische Regierung beruft sich insbesondere auf das Urteil Läärä u. a., in dem er Gerichtshof anerkannt habe, dass die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der von einem Mitgliedstaat erlassenen Bestimmungen allein im Hinblick auf die von den nationalen Stellen dieses Staates verfolgten Ziele und das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen seien, so dass es Sache des vorlegenden Gerichts sei, zu prüfen, ob sich mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften unter Berücksichtigung ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten die Ziele erreichen ließen, die die Existenz dieser Rechtsvorschriften rechtfertigten, und ob die Beschränkungen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Zielen stünden, wobei diese Rechtsvorschriften selbstverständlich unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer, stammten sie nun aus Italien oder aus einem anderen Mitgliedstaat, anzuwenden seien.

Nach Ansicht der schwedischen Regierung lässt der Umstand, dass die Einführung der Beschränkungen für den freien Dienstleistungsverkehr einem fiskalischen Interesse dient, nicht den Schluss zu, dass sie gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen, solange sie verhältnismäßig sind und keine Diskriminierung von Wirtschaftsteilnehmern mit sich bringen, was das vorlegende Gericht zu prüfen habe. Mit den sich aus dem Gesetz Nr. 388/00 ergebenden Änderungen könne verhindert werden, dass eine Einrichtung, der die Genehmigung zum Sammeln von Wetten in Italien versagt worden sei, die Regelung durch die Ausübung ihrer Tätigkeit von einem anderen Mitgliedstaat aus umgehe, und mit ihnen werde es ausländischen Einrichtungen, die in ihrem eigenen Land Wetten organisierten, verwehrt, ihre Tätigkeit in Italien auszuüben. So habe der Gerichtshof in den Randnummern 36 bzw. 34 der Urteile Läärä u. a. und Zenatti ausgeführt, dass allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt habe, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen habe.

Nach Ansicht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften verdeutlichen die Gesetzesänderungen gemäß dem Gesetz Nr. 388/00 nur das, was bereits das Gesetz Nr. 401/89 inhaltlich erfasst hatte, ohne wirklich neue Straftatbestände einzuführen. Die sozialpolitischen Gründe, die zur Beschränkung der schädlichen Wirkung der Wetttätigkeit bei Fußballspielen Anlass gäben und die es rechtfertigten, dass das Recht zum Sammeln dieser Wetten nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmten Einrichtungen vorbehalten sei, blieben sich unabhängig davon gleich, in welchem Mitgliedstaat diese Ereignisse stattfänden. Dass im Urteil Zenatti die Sportereignisse, auf die sich die Wetten bezogen hätten, im Ausland stattgefunden hätten, während es im Ausgangsverfahren um in Italien stattfindende Fußballspiele gehe, sei ohne Bedeutung. Außerdem sei die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, inbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) (ABl. L 178, S. 1) nicht auf Wetten anwendbar, so dass die künftige Entscheidung nicht anders ausfallen sollte als die in der Rechtssache Zenatti.

Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass die vorliegende Rechtssache nicht im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit zu prüfen sei, da die von den Beschuldigten des Ausgangsverfahrens betriebenen Agenturen unabhängig seien und als Sammelzentren für Wetten sowie als Vermittler zwischen ihren italienischen Kunden und Stanley handelten, ohne zu dieser in einem Verhältnis der Unterordnung zu stehen. Selbst wenn jedoch die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit anwendbar sein sollten, wären die durch die italienischen Rechtsvorschriften eingeführten Beschränkungen aus denselben sozialpolitischen Gründen gerechtfertigt, wie sie der Gerichtshof in den Urteilen Schindler, Läärä u. a. und Zenatti in Bezug auf die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs anerkannt habe.

In der Sitzung hat die Kommission dem Gerichtshof mitgeteilt, dass sie gegen die Italienische Republik ein Vertragsverletzungsverfahren in Bezug auf die Liberalisierung der von der UNIRE verwalteten Pferdewetten eingeleitet habe. Zum - liberalisierten - Lotto-Sektor hat die Kommission auf das Urteil vom 26. April 1994 in der Rechtssache C-272/91 (Kommission/Italien, Slg. 1994, I-1409) verwiesen, in dem der Gerichtshof für Recht erkannt hat, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen u. a. aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, dass sie die Teilnahme an einer Ausschreibung für die Konzession für das automatisierte System des Lottospiels Einrichtungen, Gesellschaften, Konsortien und Zusammenschlüssen vorbehalten hat, deren Gesellschaftskapital sich einzeln oder insgesamt mehrheitlich in öffentlicher Hand befindet.

Antwort des Gerichtshofes

Erstens ist zu prüfen, ob eine Regelung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Gesetz Nr. 401/89 eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt.

Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats einschließlich der Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften sind nach Artikel 43 EG verboten.

Soweit eine Gesellschaft wie Stanley mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Tätigkeit des Sammelns von Wetten durch Vermittlung einer Organisation von Agenturen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat wie denen der Beschuldigten des Ausgangsverfahrens nachgeht, stellen die diesen Agenturen auferlegten Beschränkungen ihrer Tätigkeit Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit dar.

Ferner hat die italienische Regierung in ihrer Antwort auf Fragen des Gerichtshofes in der Sitzung eingeräumt, dass die italienische Regelung über Ausschreibungen für die Wetttätigkeit in Italien Beschränkungen enthalte. Der Umstand, dass außer der Einrichtung, die in diesem Bereich über das Monopol verfüge, keine andere eine Genehmigung für diese Tätigkeit erhalten habe, erkläre sich daraus, dass die italienischen Rechtsvorschriften so gefasst seien, dass die Konzession nur bestimmten Personen erteilt werden könne.

Soweit nun das Fehlen ausländischer Wirtschaftsteilnehmer unter den Konzessionären auf dem Sektor der Wetten über Sportereignisse in Italien darauf zurückzuführen ist, dass die italienische Regelung für Ausschreibungen die Möglichkeit für Kapitalgesellschaften, die auf den reglementierten Märkten der anderen Mitgliedstaaten notiert sind, Konzessionen zu erhalten, praktisch ausschließt, stellt eine solche Regelung auf den ersten Blick eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, und zwar auch dann, wenn diese Beschränkung unterschiedslos allen Kapitalgesellschaften mit Sitz in Italien oder in einem anderen Mitgliedstaat auferlegt ist, die ein Interesse an diesen Konzessionen haben könnten.

Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass die durch die italienische Regelung auferlegten Bedingungen für die Beteiligung an Ausschreibungen zur Vergabe dieser Konzessionen gleichfalls ein Hindernis für die Niederlassungsfreiheit darstellen.

Zweitens ist zu prüfen, ob die genannte italienische Regelung eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt.

Nach Artikel 49 EG sind die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, verboten. Dienstleistungen sind nach Artikel 50 EG Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.

Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass die Einfuhr von Werbematerial und Losen in einen Mitgliedstaat zu dem Zweck, die in diesem Staat wohnenden Personen an einer in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Lotterie teilnehmen zu lassen, zu den Dienstleistungen gehört (Urteil Schindler, Randnr. 37). Entsprechend gehört eine Tätigkeit, die darin besteht, die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats an in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Wetten teilnehmen zu lassen, auch dann zu den Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 EG, wenn es bei den Wetten um in dem erstgenannten Mitgliedstaat veranstaltete Sportereignisse geht.

Der Gerichtshof hat weiter entschieden, dass Artikel 49 EG dahin auszulegen ist, dass er Dienstleistungen erfasst, die ein Leistungserbringer potenziellen Leistungsempfängern, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, telefonisch anbietet und die er ohne Ortswechsel von dem Mitgliedstaat aus erbringt, in dem er ansässig ist (Urteil vom 10. Mai 1995 in der Rechtssache C-384/93, Alpine Investments, Slg. 1995, I-1141, Randnr. 22).

Überträgt man diese Auslegung auf die Problemstellung im Ausgangsverfahren, so ergibt sich, dass Artikel 49 EG Dienstleistungen erfasst, die ein Leistungserbringer wie Stanley mit Sitz in einem Mitgliedstaat, hier dem Vereinigten Königreich, über das Internet - und damit ohne Ortswechsel - in einem anderen Mitgliedstaat, hier der Italienschen Republik, ansässigen Leistungsempfängern anbietet, so dass jede Beschränkung dieser Tätigkeiten eine Beschränkung der freien Erbringung von Dienstleistungen durch einen solchen Leistungserbringer darstellt.

Außerdem umfasst der freie Dienstleistungsverkehr nicht nur die Freiheit des Leistungserbringers, Leistungsempfängern, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig sind, in dessen Gebiet sich dieser Leistungserbringer befindet, Dienstleistungen anzubieten und zu erbringen, sondern auch die Freiheit, als Leistungsempfänger von einem Leistungserbringer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat angebotene Dienstleistungen zu empfangen oder in Anspruch zu nehmen, ohne durch Beschränkungen beeinträchtigt zu werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 31. Januar 1984 in den Rechtssachen 286/82 und 26/83, Luisi und Carbone, Slg. 1984, 377, Randnr. 16, und vom 26. Oktober 1999 in der Rechtssache C-294/97, Eurowings Luftverkehr, Slg. 1999, I-7447, Randnrn. 33 und 34).

auf Fragen des Gerichtshofes in der Sitzung hat die italienische Regierung aber bestätigt, dass die Tätigkeit eines Einzelnen, der sich in Italien von zu Hause aus über das Internet mit einem Buchmacher mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat in Verbindung setze und seine Kreditkarte als Zahlungsmittel verwende, ein nach Artikel 4 des Gesetzes Nr. 401/89 sanktioniertes Delikt darstelle.

Ein solches strafbewehrtes Verbot der Teilnahme an Wetten, die in anderen Mitgliedstaaten als dem organisiert werden, in dessen Gebiet der Wettende ansässig ist, stellt eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

Das Gleiche gilt für das an Vermittler wie die Beschuldigten des Ausgangsverfahrens gerichtete ebenfalls strafbewehrte Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer organisiert werden, der wie Stanley seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem diese Vermittler ihre Tätigkeit ausüben, zu erleichtern, da ein solches Verbot eine Beschränkung des Rechts des Buchmachers auf freien Dienstleistungsverkehr darstellt, und zwar auch dann, wenn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie die Empfänger dieser Dienstleistungen.

Es ist daher festzustellen, dass eine nationale Regelung wie die italienische über Wetten, insbesondere Artikel 4 des Gesetzes Nr. 401/89, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt.

Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob solche Beschränkungen aufgrund der in den Artikeln 45 EG und 46 EG ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen zulässig oder nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind.

Was die insbesondere von der griechischen und der portugiesischen Regierung zur Rechtfertigung der Beschränkungen für Glücksspiele und Wetten vorgetragenen Argumente angeht, so genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, wonach Steuermindereinnahmen nicht zu den in Artikel 46 EG genannten Gründen gehören und keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses bilden, der zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit oder des freien Dienstleistungsverkehrs angeführt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-264/96, ICI, Slg. 1998, I-4695, Randnr. 28, und vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C-136/00, Danner, Slg. 2002, I-8147, Randnr. 56).

Wie aus Randnummer 36 des Urteils Zenatti hervorgeht, müssen die Beschränkungen jedenfalls wirklich dem Ziel dienen, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein.

Jedoch hat der Gerichtshof, worauf die Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, wie auch die Kommission hingewiesen haben, in seinen Urteilen Schindler, Läärä u. a. und Zenatti ausgeführt, dass die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, es rechtfertigen können, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben.

Damit die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt sind, müssen sie auf jeden Fall die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergebenden Voraussetzungen erfüllen (vgl. u. a. Urteile vom 31. März 1993 in der Rechtssache C-19/92, Kraus, Slg. 1993, I-1663, Randnr. 32, und vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 37).

Nach dieser Rechtsprechung müssen die genannten Beschränkungen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist. Auf jeden Fall müssen sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, darüber zu befinden, ob im Ausgangsverfahren die durch das Gesetz Nr. 401/89 eingeführten Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs diese Voraussetzungen erfüllen. Dabei hat es die in den nachfolgenden Randnummern angeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

Zunächst hat der Gerichtshof in den Urteilen Schindler, Läärä u. a. und Zenatti zwar anerkannt, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können; jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen.

Hierzu hat das vorlegende Gericht unter Bezugnahme auf die Vorarbeiten zu dem Gesetz Nr. 388/00 ausgeführt, dass der italienische Staat auf nationaler Ebene eine Politik der starken Ausweitung des Spielens und Wettens zum Zweck der Einnahmenerzielung verfolge und dabei die Konzessionäre des CONI schütze.

Soweit nun aber die Behörden eines Mitgliedstaats die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sich die Behörden dieses Staates nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu rechtfertigen.

Ferner müssen die durch die italienische Regelung auferlegten Beschränkungen im Bereich der Ausschreibungen in dem Sinne unterschiedslos anwendbar sein, dass sie in gleicher Weise und mit den gleichen Kriterien für in Italien ansässige Wirtschaftsteilnehmer wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten.

Das vorlegende Gericht wird zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die Beteiligung an Ausschreibungen für Konzessionen zur Durchführung von Wetten über Sportereignisse so festgelegt sind, dass sie in der Praxis von den italienischen Wirtschaftsteilnehmern leichter erfüllt werden können als von denjenigen aus dem Ausland. Gegebenenfalls wäre durch diese Voraussetzungen das Kriterium der Nichtdiskriminierung nicht beachtet.

Schließlich dürfen die durch die italienischen Rechtsvorschriften auferlegten Beschränkungen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des mit ihnen verfolgten Zieles erforderlich ist. Insoweit wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob die Strafe, die gegen jede Person, die von ihrem Wohnort in Italien aus über das Internet mit einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Buchmacher Wetten durchführt, verhängt wird, nicht vor allem deshalb eine im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofes unverhältismäßige Sanktion darstellt (vgl. Urteile vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-193/94, Skanavi und Chryssanthakopoulos, Slg. 1996, I-929, Randnrn. 34 bis 39, und vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C-459/99, MRAX, Slg. 2002, I-6591, Randnrn. 89 bis 91), weil zur Teilnahme an Wetten ermuntert wird, sofern sie im Zusammenhang mit Spielen stattfindet, die von zugelassenen nationalen Einrichtungen organisiert werden.

Das vorlegende Gericht wird sich außerdem die Frage stellen müssen, ob der Umstand, dass Vermittlern, die die Erbringung von Dienstleistungen durch einen Buchmacher, der in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ansässig ist, in dem diese Dienstleistungen angeboten werden, dadurch erleichtern, dass sie in ihren Räumen den Wettenden eine Internetverbindung zu diesem Buchmacher zur Verfügung stellen, Beschränkungen auferlegt werden, die mit Strafandrohungen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bewehrt sind, eine Beschränkung darstellt, die über das zur Betrugsbekämpfung Erforderliche hinausgeht. Dies könnte vor allem deshalb der Fall sein, weil der Leistungserbringer im Mitgliedstaat der Niederlassung einer Kontroll- und Sanktionsregelung unterliegt, die Vermittler rechtmäßig gegründet sind und diese Vermittler vor den sich aus dem Gesetz Nr. 388/00 ergebenden Gesetzesänderungen glaubten, zur Übermittlung von Wetten über ausländische Sportereignisse berechtigt zu sein.

Was die Verhältnismäßigkeit der italienischen Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit angeht, so kann sich, auch wenn das von den Behörden eines Mitgliedstaats verfolgte Ziel darin besteht, das Risiko auszuschalten, dass die Konzessionäre für Spiele in kriminelle oder betrügerische Tätigkeiten verwickelt werden, der Ausschluss der Möglichkeit für Kapitalgesellschaften, die auf den reglementierten Märkten der anderen Mitgliedstaaten notiert sind, Konzessionen für die Verwaltung von Sportwetten zu erhalten, obwohl es vor allem andere Mittel gibt, die Konten und Tätigkeiten solcher Gesellschaften zu kontrollieren, als eine Maßnahme erweisen, die über das zur Betrugsverhinderung Erforderliche hinausgeht.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die nationale Regelung angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten tatsächlich den Zielen Rechnung trägt, die sie rechtfertigen könnten, und ob die mit ihr auferlegten Beschränkungen nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stehen.

Angesichts all dieser Erwägungen ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass eine nationale Regelung, die - strafbewehrte - Verbote der Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über Sportereignisse, enthält, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Artikeln 43 EG und 49 EG darstellt, wenn der betreffende Mitgliedstaat keine Konzession oder Genehmigung erteilt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine solche Regelung angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten tatsächlich den Zielen Rechnung trägt, die sie rechtfertigen könnten, und ob die mit ihr auferlegten Beschränkungen nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stehen.

Kosten

Die Auslagen der italienischen, der belgischen, der griechischen, der spanischen, der französischen, der luxemburgischen, der portugiesischen, der finnischen und der schwedischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Tribunale Ascoli Piceno mit Beschluss vom 30. März 2001 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Eine nationale Regelung, die - strafbewehrte - Verbote der Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über Sportereignisse, enthält, stellt eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Artikeln 43 EG und 49 EG dar, wenn der betreffende Mitgliedstaat keine Konzession oder Genehmigung erteilt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine solche Regelung angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten tatsächlich den Zielen Rechnung trägt, die sie rechtfertigen könnten, und ob die mit ihr auferlegten Beschränkungen nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stehen.

Skouris   Jann   Timmermans   Cunha Rodrigues   Edward   Schintgen   Macken   Colneric   von Bahr

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