Streitwert: 20.000 €
LANDGERICHT HAMBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 327 O 758/07
Verkündet am: 8. Mai 2008
In der Sache
[...]
erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 27 auf die bis zum 20.3.2008 eingereichten Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht M. Schmidt den Richter am Landgericht Dr. Söchtig den Richter am Landgericht Weihrauch
für Recht::
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen, im Internet für den Verkauf von Gewindefahrwerken zu werben, soweit diese nicht vorrätig sind und ohne dass in einem ausreichenden Umfang auf etwaige Warenvorratsmängel hingewiesen wurde.
2. an die Klägerin € 536,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11.11.2007 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 1/10 und die Beklagten zu 9/10 zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch zu Ziff. 1.1. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000,00 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet;
und beschließt:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für den Klagantrag zu 1. auf € 20.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.
Die Parteien vertreiben über das Internet innerhalb Deutschlands Autotuningzubehör. Die Beklagte bewarb in dem von ihr betriebenen Internetshop unter der Domain www.[...].de ausweislich des als Anlage K 3 zu den Akten gereichten Screenshots unter anderem Gewindefahrwerke für BMW 1er Typ 187 (E87) »Hicon GT«, Baujahr 9/04, und bot diese Gewindefahrwerke dort zum Kauf an. Ein Hinweis darüber, ob das Gewindefahrwerk vorrätig ist, befand sich auf der Seite nicht.
Am 27.06.2007 bestellte Herr [...] als Letztverbraucher das genannte Gewindefahrwerk, wobei die Bezahlung per Nachnahme erfolgen sollte. Als am 11.07.2007 das Gewindefahrwerk noch nicht geliefert worden war, ließ Herr [...] bei der Beklagten nach dem Verbleib anfragen. Dabei wurde ihm mitgeteilt, dass die Bestellung eingegangen und bestätigt sei, die Ware jedoch voraussichtlich erst am 19.07.2007 ausgeliefert werden könne, da sie nicht vorrätig sei. Am 26.07.2007 wurde das Gewindefahrwerk an Herrn [...] geliefert.
Nach erfolgloser Abmahnung der Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schreiben vom 13.7.2007 (Anlage K 5) erwirkte die Antragstellerin die einstweilige Verfügung der Kammer vom 20.08.2007, durch welche der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten worden ist, im Internet für den Verkauf von Gewindefahrwerken zu werben, soweit diese nicht vorrätig sind und ohne dass in einem ausreichenden Umfang auf etwaige Warenvorratsmängel hingewiesen wurde, insbesondere wie aus der Anlage K 3 ersichtlich. Die einstweilige Verfügung wurde der Antragsgegnerin am 28.8.2007 zugestellt.
Auf den Antrag der Klägerin vom 31.8.2007 erging der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.9.2007, mit dem antragsgemäß Kosten in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr nach einem Streitwert von € 20.000 zzgl. Auslagenpauschale und Gerichtsvollziehergebühren festgesetzt worden sind. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Anlage B 6 verwiesen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.9.2007 (Anlage B 5) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen und an die Klägerin Rechtsverfolgungskosten in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr für das Abmahnschreiben nach einem Streitwert von € 50.000,- sowie für das Abschlussschreiben nach einem Streitwert von € 80.000,- zu zahlen. Mit Schreiben vom 26.9.2007 (Anlage B 9) kündigte die Beklagte an, eine 1,3-fache »Prozessgebühr« sowie die geminderte Geschäftsgebühr in Höhe des 0,65-fachen Satzes aus € 20.000 für das außergerichtliche Abmahnschreiben vorläufig zu bezahlen. In der Folge zahlte die Beklagte an die Klägerin € 1.280,-.
Mit Schreiben vom 29.10.2007 gab die Beklagte gegenüber der Wettbewerbszentrale eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab (Anlage B 3). Diese ist per Fax am selben Tag bei der Wettbewerbszentrale eingegangen. Hiervon erhielt die Klägerin am 1.11.2007 Kenntnis.
Auf den Widerspruch der Beklagten wurde die einstweilige Verfügung mangels wirksamer Zustellung innerhalb der Vollziehungsfrist mit Urteil vom 1.11.2007 aufgehoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr der Unterlassungsanspruch zustehe und insbesondere die Wiederholungsgefahr nicht durch die gegenüber der Wettbewerbszentrale abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung entfallen sei. Es fehle ein sachlicher Grund für eine Drittunterwerfung und es mangele an deren Ernsthaftigkeit. Schließlich fehle es auch an einer Annahmeerklärung seitens der Wettbewerbszentrale, welche erforderlich sei, um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten hinsichtlich der vorgerichtlichen Tätigkeit ihrer Anwälte in Höhe einer 1,8-fachen Geschäftsgebühr sowie für die Fertigung des Abschlussschreibens zusätzlich eine 1,3-fache Geschäftsgebühr jeweils nach einem Gegenstandswert von € 20.000 und jeweils zzgl. Auslagenpauschale zustehe. Die angesetzten Gebühren seien in einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung angemessen.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss sei formell und materiell rechtskräftig, weshalb eine hilfsweise Aufrechnung mit dem darauf gezahlten Betrag nicht in Betracht komme. Für den Fall, dass das Gericht »der Hilfsaufrechnung der Beklagten Folge« leistet, erklärt die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von € 419,90 für erledigt.
Nach Rücknahme der Zahlungsklage in Höhe von € 439,90 beantragt die Klägerin,
1. der Beklagten bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten, im Internet für Gewindefahrwerke zu werben, soweit diese nicht vorrätig sind und ohne dass in einem ausreichenden Umfang auf etwaige Warenvorratsmängel hingewiesen wurde,
2. die Beklagte zu verurteilen an sie einen Betrag in Höhe von € 1.602,70 nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nicht zustehe, da die Wiederholungsgefahr durch die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber der Wettbewerbszentrale entfallen sei. Diese sei von der Wettbewerbszentrale auch angenommen worden, wobei es einer ausdrücklichen Erklärung der Annahme wegen § 151 Satz 1 BGB ohnehin nicht bedürfe. Auch ohne Annahmeerklärung sei davon auszugehen, dass die Wiederholungsgefahr entfalle. Schließlich bestehe kein Anlass an der Ernstlichkeit der abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung zu zweifeln: Zum einen handele es sich bei der Wettbewerbszentrale um einen seriösen Wettbewerbsverein. Zweifel daran, dass dieser Verstöße gegen ihm gegenüber abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung auch verfolge, seien unberechtigt. Zum anderen liege auch ein berechtigtes Interesse an einer Drittunterwerfung vor. Es sei der Beklagten nicht zumutbar, der Klägerin gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, da zu erwarten sei, dass die Beklagte sich anderenfalls trotz wettbewerbskonformen Verhaltens unberechtigten Vertragsstrafeforderungen seitens der Klägerin ausgesetzt sehen würde.
Auch Kostenerstattungsansprüche bestünden nicht: Bezüglich des Abschlussschreibens deshalb, weil es aufgrund der Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 20.8.2007 durch Urteil vom 1.11.2007 keinen Anlass zur Abgabe einer Abschlusserklärung mehr gegeben habe. Hinzu komme, dass das Abschlussschreiben auch deshalb nicht erforderlich gewesen sei, weil zwischen der Zustellung der einstweiligen Verfügung und der Übersendung des Abschlussschreibens nicht einmal zwei Wochen gelegen hätten und der Beklagten deshalb nicht ausreichend Zeit gegeben worden sei, von sich aus eine Abschlusserklärung abzugeben.
Hinsichtlich des Abmahnschreibens sei der Kostenerstattungsanspruch durch Zahlung sowohl auf den Kostenfestsetzungsbeschluss als auch in Höhe einer zusätzlichen 0,65-fachen Geschäftsgebühr bereits erloschen.
Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung in Höhe des überschießenden Betrages mit der - wie sich aus dem aufhebenden Urteil vom 1.11.2007 ergebe - zu Unrecht gezahlten Verfahrensgebühr.
Zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu (I.). Der Zahlungsanspruch ist dagegen nur teilweise begründet (II).
I.
1. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte gemäß §§ 8, 3, 5 Absätze 1 und 5 UWG zu, weil es die Beklagte im Rahmen der Werbung für Gewindefahrwerke, wie sie aus dem Screenshot Anlage K3 ersichtlich ist, unterlassen hat, auf Warenvorratsmängel hinzuweisen. Dass solche vorliegend tatsächlich bestanden, wird durch den von Herrn [...] vorgenommenen Bestellvorgang belegt und auch durch die Beklagte nicht in Abrede genommen. Das begründet die Wiederholungsgefahr hinsichtlich gleichgelagerter Handlungen und damit nach § 8 Abs. 1 UWG den geltend gemachten Unterlassungsanspruch der Klägerin.
2. Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht dadurch weggefallen, dass die Beklagte bezogen auf den Streitgegenstand - unaufgefordert - gegenüber der Wettbewerbszentrale in München eine Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage B 3) abgegeben hat.
Zwar dürfte ein Unterlassungsvertrag mit der Wettbewerbszentrale auch ohne deren ausdrückliche Annahmeerklärung wegen eines in die Unterlassungsverpflichtungserklärung hineinzulesenden Verzichts gemäß § 151 Satz 1 BGB zustande gekommen sein (vgl. Bornkamm, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 1.116 ff.). Auch besteht grundsätzlich die Möglichkeit, durch eine Drittunterwerfung die Wiederholungsgefahr auszuräumen (vgl. Bornkamm a. a. O. § 12 Rn. 1.105; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 9. Aufl., Kap. 8 Rdnr. 41 m. w. Nachw.).
Die vorliegende Drittunterwerfung ist jedoch deshalb nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen, weil erhebliche Zweifel an der erforderlichen Ernstlichkeit der abgegebenen Verpflichtungserklärung bestehen. Ob sich eine Unterwerfungserklärung als Ausdruck eines ernsthaften, die Wiederholungsgefahr beseitigenden Unterlassungswillens darstellt, ist eine Frage des Einzelfalls, die unter Heranziehung aller dafür in Betracht kommenden Umstände der Prüfung bedarf (BGH GRUR 1987, 748, 749 f. - Getarnte Werbung II.) In den Fällen der aufgedrängten Drittunterwerfung ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Unterlassungsverpflichtungserklärung ernst gemeint ist und der Gläubiger, mit dem der Unterlassungsvertrag geschlossen wurde, zukünftige Zuwiderhandlungen auch wirklich verfolgen wird (Bornkamm a. a. O. Rn. 1.105). Letzteres wird in Fällen der Unterwerfung gegenüber der Wettbewerbszentrale unterschiedlich gesehen (vgl. Teplitzky, a.a.O. - hinreichend sichere Verfolgung; OLG München WRP 1998, 912 ff. - nicht hinreichend sichere Verfolgung). Die konkreten Umstände des zu beurteilenden Streitfalles begründen vorliegend erhebliche Zweifel an der Ernstlichkeit der Drittunterwerfung seitens der Antragsgegnerin:
Im konkreten Fall hat die Klägerin nämlich eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung durch fehlende Hinweise auf Warenvorratsmängel gerügt. Die Einhaltung einer entsprechenden Unterlassungsverpflichtung der Beklagten kann nur mit erhöhtem Aufwand überprüft werden, da es nicht genügt, die im Internet verbreiteten Angebote der Beklagten zu überprüfen. Zur Feststellung eines Verstoßes ist zusätzlich zwingend eine Warenbestellung erforderlich, da anderenfalls nicht feststellbar wäre, ob ein Warenvorratsmangel, der einen entsprechenden Hinweis erforderlich macht, überhaupt vorliegt. Die in Rede stehenden Gewindefahrwerke sind dabei mit einem Preis von ca. € 800,00 auch von einigem Wert und einiger Größe.
Nach Auffassung der Kammer kann unter diesen Umständen nicht mit der nötigen Sicherheit erwartet werden, dass die Wettbewerbszentrale, mag sie auch ansonsten grundsätzlich darauf bedacht sein, die Einhaltung ihr gegenüber abgegebener Unterlassungsverpflichtungserklärungen - auch in regelmäßigen Abständen - zu überprüfen, Wettbewerbsverstöße der streitigen Art ernsthaft und nachhaltig überprüft. Das ist bei einem Wettbewerber wie der Klägerin, der gleichartige Waren veräußert, deutlich anders, denn dieser hat Kontakt zu Verbrauchern, die entsprechende Güter nachfragen, und ist so ohne besonderen zusätzlichen finanziellen und organisatorischen Aufwand deutlich besser in der Lage, die Einhaltung einer Unterlassungsverpflichtungserklärung zu beobachten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Wettbewerbsverstoß der streitigen Art aufgrund der von der Beklagten abgegebenen Drittunterwerfung festgestellt werden könnte, ist unter den angeführten Umständen dagegen wesentlich geringer. Das ist auch der Beklagten bekannt, weshalb die Ernsthaftigkeit ihrer Drittunterwerfung zweifelhaft ist und die Wiederholungsgefahr schon deshalb fortbesteht.
Zusätzliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Erklärung werden durch die Umstände der Abgabe der Drittunterwerfungserklärung - insbesondere den Zeitpunkt der Abgabe - begründet: Vernünftige Gründe dafür, warum die Beklagte die Verpflichtungserklärung gegenüber der Wettbewerbszentrale erst unmittelbar vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung abgegeben hat, obwohl sie nach ihrem Vortrag davon ausgehen musste, dass die einstweilige Verfügung mangels Einhaltung der Vollziehungsfrist wieder aufgehoben werden würde, sind nicht erkennbar. Im Gegenteil: Da infolge der - letztlich jedenfalls in erster Instanz erfolgreichen - Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Möglichkeit einer gerichtlichen Sanktion von Wettbewerbsverstößen der streitigen Art nachträglich weggefallen war, was die Beklagte mit ihrem Widerspruch gerade erstrebt hatte, musste die Beklagte jedenfalls für den Zeitraum von der Zustellung der einstweiligen Verfügung bis zur späteren Verpflichtungserklärung gegenüber der Wettbewerbszentrale, mithin über einen Zeitraum von rund zwei Monaten, nicht mit der Ahndung weiterer Wettbewerbsverstöße rechnen. Wenn sie sich dann noch einem Unterlassungsschuldner mit - wie ausgeführt - jedenfalls voraussehbar geringerer Verfolgungswahrscheinlichkeit unterwarf, so zeigt dies, das die Beklagte ihr Gesamtverhalten darauf eingestellt hat, der Sanktionierung etwaiger Wettbewerbsverstöße der streitigen Art eher auszuweichen als sich einer sicheren strafbewehrten Kontrolle ihres Verhaltens insoweit zu unterstellen.
Diese Zweifel an der Ernstlichkeit der Drittunterwerfung werden auch nicht durch den Vortrag der Beklagten beseitigt, es sei ihr nicht zumutbar gewesen, der Klägerin gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, da zu erwarten sei, dass die Beklagte sich anderenfalls trotz wettbewerbskonformen Verhaltens unberechtigten Vertragsstrafeforderungen seitens der Klägerin ausgesetzt sehen würde. Es fehlt insoweit an substantiiertem Tatsachen Vortrag, der diese Behauptung stützt. Der Umstand allein, dass die Parteien in zahlreiche Rechtstreitigkeiten miteinander verwickelt sind, begründet nicht die Vermutung, dass die Klägerin auch ohne entsprechende Verletzungshandlungen unberechtigte Vertragsstrafeforderungen gegen die Beklagte erheben würde. Greifbare tatsächliche Umstände, die für ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin sprechen, werden auch in dem von der Beklagten eingereichten Urteil des Landgerichts München I vom 14.2.2008 nicht genannt.
Die Klägerin hat zudem einen Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 536,80 €. Ein weitergehender Zahlungsanspruch steht der Klägerin dagegen nicht zu.
1. Wegen der Kosten des Abmahnschreibens vom 13.7.2007 steht der Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ein Anspruch auf Erstattung der infolge der vorgerichtlichen Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten entstandenen Rechtsanwaltsgebühren zu. Da der Abmahnung ein entsprechender Unterlassungsanspruch zugrunde lag (vgl. oben I.), war die Rechtsverfolgung auch berechtigt.
Der insoweit seitens der Parteien übereinstimmend für angemessen gehaltene Gegenstandswert in Höhe von € 20.000,-- ist nicht zu beanstanden. Anders als von der Klägerin angenommen ist jedoch lediglich eine 1,3-fache Geschäftsgebühr entstanden. Eine höhere Gebühr kommt gemäß Ziffer 2300 W RVG nur in Betracht, »wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war«. Anhaltspunkte dafür, dass dies bei dem hier in Rede stehenden Streit der Fall gewesen wäre, werden von der Klägerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Der klägerische Anspruch ist insoweit jedoch gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. Zu Recht weist die Beklagte nämlich darauf hin, dass die Klägerin bereits die Kosten des Verfügungsverfahrens hat titulieren lassen. Wie aus der Anlage B6 ersichtlich, wurden mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.9.2007 antragsgemäß Kosten in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr nach einem Streitwert von € 20.000 zzgl. Auslagenpauschale und Gerichtsvollziehergebühren festgesetzt. Nach Ziffer (4) der Vorbemerkung zu Ziffer 3100 W RVG ist die Geschäftsgebühr nach Ziffer 2300 VV RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Soweit dies nach der neueren Rechtsprechung des BGH in der Weise zu geschehen hat, dass die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist und nicht umgekehrt, ist dies im Streitfall jedenfalls nicht geschehen. Hat aber die Klägerin im einstweiligen Verfügungsverfahren die volle Verfahrensgebühr festsetzen lassen, bestand wegen der vorgerichtlichen Tätigkeit lediglich noch ein Anspruch auf eine 0,65-fache Gebühr in Höhe von € 419,90 zuzüglich der Nebenkostenpauschale. Dieser Betrag ist von der Beklagten aber unstreitig ebenso beglichen worden wie die festgesetzten Kosten des gerichtlichen Verfahrens.
Einer Entscheidung über die Hilfsaufrechnung der Beklagten bedurfte es mithin ebenso wenig wie einer Würdigung der hilfsweisen Erledigungserklärung der Klägerin, die diese nur für den Fall, dass »der Hilfsaufrechnung der Beklagten Folge« geleistet würde, abgegeben hat.
2. Einen Erstattungsanspruch hat die Klägerin auch wegen der Kosten des so genannten Abschlussschreibens vom 10.9.2007 (Anlage B5) als Kosten, die - wenn sie notwendig sind - der Vorbereitung des Hauptsacheverfahrens dienen (vgl. Harte/Henning/Retzer, UWG, § 12 UWG Rn. 662; Teplitzky, a.a.O., Kap. 43, Rn. 30). Das Abschlussschreiben ist mit Blick auf das Hauptsacheverfahren insoweit zu behandeln wie ein Abmahnschreiben bezogen auf das Verfügungsverfahren.
Das Abschlussschreiben war berechtigt, da diesem ein Unterlassungsanspruch der Klägerin zugrunde lag (vgl. oben I.). Der Umstand, dass die einstweilige Verfügung, auf die sich das Abschlussschreiben bezog, letztlich mangels Einhaltung der Vollziehungsfrist wieder aufgehoben worden ist, beruht nur auf dem Fortfall des Verfügungsgrundes, berührt jedoch nicht den - für das Hauptsacheverfahren allein entscheidenden - Verfügungsanspruch. Die Beklagte hätte somit das Abschlussschreiben zum Anlass nehmen können, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen oder eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber der Klägerin abzugeben. Dadurch hätte sie die Kosten des Hauptsacheverfahrens vermeiden können, sodass das Vorgehen der Klägerin im Interesse der Beklagten lag.
Dagegen spricht auch nicht der Umstand, dass die Klägerin das Abschlussschreiben bereits knapp zwei Wochen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Beklagte übermittelte. Der Einwand der Beklagten, das Abschlussschreiben sei nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin ihr durch eine verfrühte Übersendung zu wenig Zeit gelassen habe, von sich aus eine Abschlusserklärung abzugeben, vermag nicht zu überzeugen. Das Verhalten der Beklagten im vorliegenden Streitfall zeigt, dass die Beklagte auch nach Erhalt des Abschlussschreibens weder eine Abschlusserklärung hoch eine Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber der Klägerin abgegeben; hat. Selbst die - unzureichende - Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber der Wettbewerbszentrale wurde von der Beklagten erst rund zwei Monate nach Zustellung der einstweiligen Verfügung abgegeben. Der Frage, ob der Beklagten noch einige Tage oder Wochen länger hätte eingeräumt werden müssen, um selbständig die Einleitung des Hauptsacheverfahrens zu vermeiden, muss deshalb nicht nachgegangen werden, da sie sich vorliegend jedenfalls nicht ausgewirkt hat.
Der Höhe nach steht der Klägerin jedoch nach ständiger Übung der Kammer lediglich eine 0,8-fache Geschäftsgebühr nach Ziffer 2300 W RVG zu, weil die im Zusammenhang mit der Erstellung des Abschlussschreibens zu entfaltende Tätigkeit des Anwalts vor dem Hintergrund des vorangegangenen Verfügungsverfahrens nur einfach gelagert ist. Nach einem Streitwert von € 20.000,- ergibt sich mithin inklusive Auslagenpauschale ein Anspruch in Höhe von € 536,80.
III.
Der Zinsanspruch steht der Klägerin gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB zu.
Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Klägerin den geltend gemachten Zahlungsanspruch teilweise zurückgenommen hat, aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, und im Übrigen aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 Satz 1 und 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
M.Schmidt Dr. Söchtig Weihrauch