OLG Hamburg, Urt. v. 18.11.99, 3 U 230/99 - Powershopping I

Der Zusammenschluss von Käufergruppen im Internet, mit dem eine Minderung des Kaufpreises erreicht werden soll, das sog. »Powershopping«, verstößt gegen das Rabattgesetz.

 

hamburg

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT HAMBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 3 U 230/99
Entscheidung vom 3. November 1999

 

Tatbestand

Die Antragstellerin stellt Geräte der Unterhaltungselektronik her und vertreibt sie unter anderem unter der Marke [...].

Die Antragsgegnerin vertreibt Waren über das Internet. Das geschieht in folgender Weise (Anlage AS 1 und 2):

Anlage AS 1

»Anleitung
Powershopping.de ist die neue Art einzukaufen. Warenanbieter vereinen immer weiter Ihre Einkaufskapazitäten um selbst bessere Einkaufskonditionen zu erzielen. Powershopping ermöglicht Ihnen, Ihre Nachfragemacht als Konsument zu konzentrieren, denn je mehr Käufer sich für unsere Artikel finden, desto billiger werden sie. Genial einfach und einfach genial.

[...]

In der Powershopping-Preisstufe sehen Sie die Beträge, zu denen wir Ihnen zum Beispiel ein Fahrrad anbieten. Das Fahrrad kostet in Abhängigkeit von der Anzahl der Käufer zwischen 300 und 500 DM. Finden sich nur weniger als 21 Leute, die bereit sind das Fahrrad für 500 DM zu kaufen, so erhält diese Anzahl von Käufern das Fahrrad für 500 DM. Finden sich hingegen mehr als 20 Käufer die 450 oder 500 Mark bereit sind zu zahlen, so erhält jeder dieser Käufer das Fahrrad für 450 DM selbst dann, wenn er ursprünglich 500 DM angeboten hat. Finden sich mehr als 40 Käufer, so erhalten alle Käufer die bereit waren 400 DM oder mehr zu bezahlen das Rad für 400 DM usw. Die derzeit aktuelle Preisstufe erkennen Sie an dem roten Pfeil.

Es ist möglich, sein Kaufangebot in Powershopping-Preisstufe abzugeben, die noch nicht erfolgreich ist. Sollten Sie etwa das Fahrrad höchstens für 300 DM kaufen wollen, müssen Sie darauf hoffen, dass mindestens 80 andere Käufer 300 DM oder mehr bieten. Aber Vorsicht: Die Reihenfolge, nach der die Kaufangebote bedient werden richtet sich danach, in welcher Powershopping-Preisstufe Ihr Angebot abgegeben wurde, für welche Stückzahl Ihr Angebot gilt und wie früh Sie Ihr Angebot abgegeben haben. Finden sich im o.g. Beispiel 120 Kaufinteressenten für das Fahrrad, so erhalten 100 von Ihnen das Rad für 300 DM. 20 Kaufangebote können nicht bedient werden. Hier fallen die Angebote heraus, die von vornherein sich in die tiefste Preisstufe eingetragen haben.

Die Angebote in einer Powershopping-Preisstufe werden weiterhin nach der durch einen Käufer nachgefragten Stückzahl und dem Zeitpunkt der Angebotsabgabe bedient.

Also geben Sie Ihre Angebote wohlüberlegt oder auch taktisch ab. Ein frühes Angebot in einer höheren Preisstufe kann Ihnen unter Umständen erst den Zuschlag in einer tieferen Preisstufe sichern.

Sollten für eine Preisstufe nicht genügend Käufer zusammenkommen, bleiben alle Angebote dieser Preisstufe unberücksichtigt.

Lieferung und Bezahlung der Artikel erfolgt zunächst ausschließlich per Nachnahme.

AGBs
Für alle Lieferungen und Leistungen der [...] GmbH & Co. KG., [...] im Rahmen von Powershopping.

Gegenstand von Powershopping
Gegenstand von Powershopping sind Waren und Dienstleistungen. Die Einzelheiten des Kaufes ergeben sich aus der dem Käufer bei der Registrierung elektronisch übermittelten Kaufinformation, den Angaben zur jeweiligen Verkaufsveranstaltung, den Regeln, sowie diesen Einkaufsbedingungen.

Vertragsabschluß
Sie bieten mit Ihrem Kaufangebot [...] den Abschluss eines Vertrages über den angebotenen Gegenstand verbindlich an. Für die Dauer der jeweiligen Powershopping-Aktion sind Sie an Ihr Kaufangebot gebunden. Sie können Ihr Kaufangebot innerhalb der Powershopping-Aktion jederzeit erhöhen. Eine Reduzierung des Kaufangebotes ist ausgeschlossen. Akzeptiert werden nur Kaufangebote, die während der Powershopping-Aktion entsprechend der für die jeweilige Aktion geltenden Bestimmungen von registrierten Kunden abgegeben werden. Der Vertrag kommt durch Annahme des Kaufangebotes zustande. Angenommen werden die gemäß den jeweiligen Powershopping-Aktions Bedingungen abgegebenen Kaufangebote. [...] behält sich vor, Powershopping-Aktionen ohne Vorankündigung jederzeit beenden zu können.

Lieferungen
Gekaufte Waren werden kostenpflichtig an die Registrierungsadresse geliefert. Zunächst liefern wir die Ware deutschlandweit aus. Ein Umtausch der Ware ist ausgeschlossen. In Sonderfällen (z.B. PKW) beachten Sie bitte die einzelnen Lieferbedingungen der Produkte.

Eigentumsvorbehalt
Die von Ihnen bestellte Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung unser Eigentum.

Gewährleistung
Sie sind verpflichtet, uns offensichtliche Mängel der Ware, auch Transportschäden, unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Lieferung der Ware mitzuteilen. Bei Versäumnis dieser Frist sind Gewährleistungsrechte wegen eines offensichtlichen Mangels ausgeschlossen. Mängel die auch bei sorgfältiger Prüfung innerhalb dieser Frist nicht entdeckt werden können, sind uns unverzüglich nach Entdeckung mitzuteilen.

Bei berechtigten Rügen von offensichtlichen Mängeln innerhalb von 2 Wochen nach Lieferung und von nicht offensichtlichen Mängeln innerhalb von 6 Monaten nach Lieferung erfolgt nach unserer Wahl kostenlose Nachbesserung oder Ersatzlieferung. Schlägt die Nachbesserung bzw. Ersatzlieferung fehl, können Sie nach Ihrer Wahl Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages verlangen. Für elektronische und mechanische Fehler während der PowerShopping-Aktion übernimmt [...] keine Haftung. Schadensersatzansprüche sind ausgeschlossen, soweit der Schaden nicht durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten von [...], eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen oder durch Verletzung der für die Vertragsdurchführung wesentlichen Pflicht verursacht wird.

Datenschutz
Wir verarbeiten ihre personenbezogenen Daten unter Beachtung des geltenden Datenschutzgesetzes zur Erfüllung des Kaufvertrages.

Die von Ihnen erhaltenen Daten (Anrede, Name, Adresse, Geburtsdatum, Email-Adresse, Telefonnummer, Zahlungsart, Bankverbindung, Beginn und Ende der Verbindung zu [...]) werden ausschließlich erhoben, verarbeitet und genutzt, soweit sie für die Begründung, Ausgestaltung oder Änderung des Kaufvertrages erforderlich sind. Wir sind berechtigt, diese Daten an von uns mit der Durchführung des Kaufvertrages beauftragte Partner zu übermitteln, soweit dies notwendig ist, damit wir unseren Rechten und Pflichten aus dem Kaufvertrag nachkommen können.

Wir werden die von Ihnen erhaltenen Daten für Zwecke Beratung, der Werbung, der Marktforschung sowie der bedarfsgerechten Gestaltung der Angebote verarbeiten und nutzen, wenn Sie sich ausdrücklich damit einverstanden erklärt haben. Diese Einwilligung kann von Ihnen jederzeit widerrufen werden.«

Die Antragsgegnerin bot unter anderem Fernseher der Antragsgegnerin an, so den ... am 13.September 1999 wie folgt (Anlage AS 5, vgl. auch Anlage AS 6):

»empf. VK. DM 2.000,-
jetziger Preis DM 1799,-
möglicher Preis DM 1599,-
fehlende Käufer 6
läuft von: 10.09.1999 11:00
läuft bis: 17.09.1999 12:00«.

Nach Auffassung der Antragstellerin verstößt die Antragsgegnerin gegen das Rabattgesetz, gegen die Preisangabenverordnung und gegen § 1 UWG.

Das Landgericht hat den Verfügungsantrag der Antragstellerin durch Urteil vom 21. Oktober 1999 zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der Berufung, mit der sie den Erlas einer einstweiligen Verfügung beantragt, wie sie sich aus dem Urteilsausspruch ergibt.

Aus den Gründen

Die Berufung der Antragstellerin hat Erfolg.

Der Verfügungsantrag ist begründet.

Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu gemäß Abs.1, 12 RabattG.

Die Antragsgegnerin kündigt aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise nicht mehrere nebeneinander bestehende Normalpreise an, sondern einen höchsten Preis als Normalpreis und hiervon Mengenrabatte, die sie Kunden, die sich für eine höhere Preisstufe entschieden haben, bei einem bestimmten Umsatz gewährt und die gegenüber dem im Rabattgesetz geregelten Fall des Mengenrabatts lediglich die Besonderheit aufweisen, dass nicht auf die Abnahmemengen eines einzigen Kunden oder mehrerer Kunden bei einer Sammelbestellung, sondern auf die mehrerer einzelner zusammen abgestellt wird, ohne dass eine Sammelbestellung vorliegt. Der angekündigte Normalpreis ist hier der Ausgangspreis von 1.799,-- DM, auf den es bei einer bestimmten Gesamtabnahme mehrerer Kunden jeweils einen Mengenrabatt gibt.

Dem Eindruck einer Rabattankündigung steht nicht entgegen, dass der Verbraucher sich bei seinem Angebot auf eine bestimmte Preisstufe festlegt. Daraus folgt nicht, das die Antragsgegnerin jeweils die - unter der Bedingung eines bestimmten Gesamtumsatzes stehende - Herabsetzung eines Normalpreises auf einen zweiten und dritten, ermäßigten Normalpreis ankündigt. Die Verknüpfung eines niedrigeren Preises mit einem höheren Umsatz ist dem Verkehr als "Mengenrabatt" geläufig, bei dem es sich um einen "echten" Preisnachlass im Sinne von § 1 Abs. 2 RabattG handelt; er überträgt die Vorstellung eines solchen "Mengenrabatts" zwanglos auf die hier vorliegende Ankündigung und Gewährung eines umsatzabhängigen Preisnachlasses.

Hier verhält es sich nicht etwa so, dass die Antragsgegnerin für verschiedene Leistungen verschiedene Preise verlangt. Ihre Leistung bleibt im vorliegenden Falle stets dieselbe; nur der Preis ändert sich in Abhängigkeit vom Umsatz. Die damit verbundenen Kostenvorteile und ihre (teilweise) Weitergabe an Kunden sind typisch für Mengenrabatte.

Demgemäß verwendet die Antragsgegnerin selbst in ihrer Werbung den Begriff "Preisrabatt". Ebenso wird im Pressebericht Anlage AS 6 zutreffend der Begriff »Rabatt« benutzt.

Der gewährte Mengenrabatt ist nicht etwa nach § 7 RabattG erlaubt. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind nicht gegeben. Eine entsprechende Anwendung scheidet hier schon deshalb aus, weil ein solcher Mengenrabatt nicht handelsüblich ist und es sich wegen des aleatorischen Charakters des "powershopping" auch nicht um eine wirtschaftlich vernünftige Fortentwicklung handelt. Ob der Kunde nämlich, nachdem er sich für eine bestimmte Preisstufe entschieden hat, in den Genus eines Mengenrabatts kommt, hängt nicht von seinem eigenen Umsatzverhalten ab, sondern von dem anderer, das für ihn völlig ungewiss ist und das er nicht beeinflussen kann, für ihn demnach zufällig ist.

Da bereits ein Verstoß gegen das Rabattgesetz vorliegt, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob - wegen des Zufallsmoments - auch ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliegt, wie ihn das Landgericht Köln in seinen Beschlussverfügungen vom 13. und 19. Oktober 1999 [...] angenommen hat, und/oder ob bei Verneinung eines Rabatts ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung zu bejahen wäre, weil die Antragsgegnerin bei einer solchen Annahme mit mehreren Normalpreisen arbeiten würde, ohne dass es sich auf ihrer Seite um unterschiedliche Leistungen handelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

[...]

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