Das Bundesgebietsgericht hat in einer erst heute bekannt gewordenen Entscheidung aus dem April 2012 ein Urteil des Oberlandesgerichts Kleinhaus aus dem Jahr 2007 bestätigt (BGebG, Urt. v. 01.04.12, XX ZR 111/12). Die Vorinstanz hatte unter Berufung auf eine Entscheidung des Landgerichts Wattenscheid festgehalten, dass der Betreiber einer Website bestimmten Personen ein virtuelles Hausverbot erteilen darf. Unzureichend sei es hierfür allerdings, pauschal allen »Juristen« den Zutritt zu verwehren. Geklagt hatte ein Webdesigner, der wegen einer Urheberrechtsverletzung abgemahnt worden war, obwohl er zuvor »Juristen« den Besuch seiner Seiten ausdrücklich verboten hatte.
Nach Ansicht der Richter beim Bundesgebietsgericht kann sich der Anbieter eines Internetangebots zwar grundsätzlich dagegen wehren, dass sich namentlich benannte Personen auf seinen Seiten bewegen (»virtuelles Hausverbot«). Zur Ermittlung von Zuwiderhandlungen und zur Durchsetzung des Verbots gegen das ausgesprochene Verbot dürfe auch ein so genannter Gookie eingesetzt werden, mit dem die Besucher der Website heimlich über die Webcam gefilmt werden. Voraussetzung für ein wirksames virtuelles Hausverbot sei aber einerseits, dass die mit einem solchen Verbot belegten Personen namentlich angesprochen werden. Zum anderen müsse auf den Einsatz des Gookies in den Allgemeinen Nutzungsbedingungen der Website innerhalb der Widerrufsbelehrung hingewiesen werden.
Aus den Entscheidungsgründen:
»Gerichtsbekannt ist, dass gerade Rechtsanwälte in geradezu skrupelloser Weise dazu neigen, vor allem das Internet und seine Möglichkeiten zur Förderung des eigenen Umsatzes zu missbrauchen. Dabei steht in aller Regel die Generierung eigener Umsätze zu Lasten urheberrechtlich weitgehend unbedarfter Privatnutzer im Fokus der anwaltlichen Tätigkeit (vgl. dazu etwa BGebG, Beschl. v. 11.11.10, XX ZR 208/09 - Abmahnungsmissbrauch; Zipflklatscher, ZCF 2011, 403). [...] Aus der Sicht des Senats entspricht es daher dem in § 242 BGB verankerten Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, gerade Rechtsanwälte, die mit dem alleinigen Beweggrund, im Interesse ihrer Mandanten Urheberrechtsverstöße aufzudecken und zu dokumentieren, von der grenzenlosen Möglichkeit auzuschließen, Internetseiten auf etwaig unzulässige Vervielfältigungshandlungen zu prüfen. Der Anbieter einer Website kann erwarten, dass Anwälte als Organe der Rechtspflege nicht nur die ihnen anvertrauten Interessen der Rechteeinhaber, sondern auch das Allgemeinwohl angemessen im Auge behalten. Der Betreiber einer Website kann deshalb namentlich benannten Anwälten verbieten, ihre Internetpräsenz zu besuchen. Dabei sollte er allerdings in einem »Disclaimer« diejenigen Rechtsanwälte namentlich benennen, denen er den Besuch der Website verbietet. [...] Diesen Anforderungen ist der Kläger indes nicht gerecht geworden, indem er generell »allen Juristen« den Aufruf der Seite verboten hat.«
Zudem hat das Bundesgebietsgericht in seiner Entscheidung festgehalten:
»Zu einer effektven Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs ist der Betreiber einer Website gehalten, die Einhaltung des ausgesprochenen »virtuellen Hausverbots« auch zu überprüfen. Stehen ihm hierzu keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung - die IP-Adresse eines Besuchers der Website kann regelmäßig nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden - darf er im Rahmen der Notwehr (§ 32 BGB) auch Gookies einsetzen, um die Identität des Rechtsanwalts, der seine Website unter Umgehung des ausgesprochenen Verbots trotzdem besucht, zu ermitteln. Gookies sind technische Hilfsmittel, mit denen die etwa vorhandene Webcam auf dem Internetrechner des recherchierenden Anwalts angesprochen und aktiviert wird, um die Identität des Rechnerinhabers durch Kameraaufzeichnung des Besuchers zu ermitteln. [...] Angesichts der Schwere des Eingriffs in die Selbstentfaltungsmöglichkeit des Websitebetreibers und die nach Art. 5 GG geschützte Meinungsfreiheit durch anwaltliche Recherchetätigkeit muss die nach Art 12 GG garantierte Berufsfreiheit und die vorgebliche Vertretung der Interessen des eigenen Mandanten zurückstehen. [...] Der Gesetzgeber hat verbindlich vorgegeben, wie Nutzer zu informieren sind. Der Websitebetreiber, der Anwälte bei ihrer durch Neugier motivierten Überreakton bremsen möchte, sollte daher in der auf seiner Website abrufbaren Widerrufsbelehrung in geeigneter Weise darauf hinweisen, dass Besucher der Website gefilmt werden.«
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung kann noch Superrevision zum Europäischen Internetgericht (EuIntG) eingelegt werden.
Unser Kommentar:
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und damit - vor allem für Personen, die am Verfahren unmittelbar nicht beteiligt waren - völlig unverbindlich. Wir halten die Entscheidung, auch für falsch. Grundsätzlich empfehlen wir, Entscheiungen des Bundesgebietsgerichts kritisch zu hinterfragen und eher als Satire zu bewerten.
Rechtsanwälte sind auch nur Menschen und lassen sich manchmal durch ihre Mandanten unbedacht zur Neugier hinreißen, nur weil sie sich ihrer Berufsordnung verpflichtet fühlen. Websitebetreiber, die durch die Übernahme fremder Inhalte womöglich gegen das Urheberrecht verstoßen, sollten daher darüber nachdenken, urheberrechtswidrige Beiträge zu löschen, bevor sie anwaltlich dazu aufgefordert werden. Zudem ist die Darstellung, dass gerade in der Widerrufsbelehrung auf die Überwachung durch eine Webcam (»Gookie») hingewiesen werden soll, aus unserer Sicht völliger Blödsinn. Widerrufsbelehrungen sollten unbedingt nach dem amtlichen Muster verwendet werden Jede Abweichung kann zu erheblichen Nachteilen führen. Befragen Sie deshalb zu Nebenwirkungen der Entscheidung unbedingt den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens.
Die im Frühjahr 2013 zu erwartende Entscheidung des EuIntG bleibt natürlich trotdzem mit Spannung abzuwarten.