LG Düsseldorf, Urt. v. 11.08.04, 2a O 35/04 – Honorarerstattung

eigenesache Die Kostenerstattungsklage gegen den Kennzeichenverletzer wegen Abmahnkosten ist stets Kennzeichensache im Sinne des § 140 MarkenG. Wenn die verletzte Marke in einer Internet-Präsenz ständig genutzt und verteidigt wird, entspricht ein Streitwert von 50.000 EUR dem wirtschaftlichen Interesse des Verletzten. Dem Gericht kommt aber bei der Frage, ob der Verletzer eine 7,5/10 oder eine 8/10 Geschäftsgebühr oder statt einer 5/10 eine 6/10 Besprechungsgebühr zu erstatten hat, eigenes Ermessen zu.

Streitwert: 572,60 €

 

 

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LANDGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 2a O 35/04
Entscheidung vom 11. August 2004

 

In dem Rechtsstreit

hat die 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2004 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. Fudickar und die Richterinnen am Landgericht Brückner-Hoffmann und Pastohr

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 415,70 EUR nebst Verzugszinsen hieraus seit dem 08.10.2003 nach einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 27 % und die Beklagte zu 73 %.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von durch eine Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.

Die Parteien vermitteln jeweils Ferienunterkünfte in der Toskana, die Kläge­rin seit fast 10 Jahren unter der Geschäftsbezeichnung »[...]«, die Beklagte unter der Geschäftsbezeichnung »[...]«. Die Klägerin ist Inhaberin der Wort‑/Bildmarke

[...]

beim Deutschen Patent‑ und Markenamt eingetragen am 08.11.2001 für Waren‑ und Dienstleistungen der Klasse 39, 41 und 42. Die Klägerin nutzt ihre Marke auf ihrer Homepage und in Printanzeigen. Anfang September 2003 stellte sie fest, dass die Beklagte das nachstehend wiedergegebene Logo zur Bezeichnung ihres eigenen Geschäftsbetriebes auf ihrer Webseite sowie in den Printmedien benutzte

[...]

Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.09.2003 forderte die Klägerin die Beklagte deshalb zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 15.09.2003 auf. Im Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten heißt es in dem Schreiben u.a. wie folgt:

»Vorsorglich haben wir Sie darauf hinzuweisen, dass weitere Gebühren dann anfallen, wenn Sie sich telefonisch mit uns in Verbindung setzen, um die Angelegenheit zu besprechen.«

Am 09.09.2003 führten der Prozessbevollmächtigte der Klägerin und der Ehemann der Beklagten ein Telefonat, wegen dessen mit Ausnahme der Höhe der im Gespräch genannten Rechtsanwaltskosten unstreitigen Inhalt auf die Anlage K 7 (Bl. 34 d.A.) Bezug genommen wird. Die Beklagte gab in der Folge die strafbewehrte Unterlassungs‑ und Verpflichtungserklärung ab und zahlte auf die der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten 911,80 EUR. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellte dieser für seine Tätigkeit im Abmahnverfahren unter dem 07.09. bzw. 10.09.2003 einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.721,90 EUR brutto in Rechnung, auf den die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin 1.484,40 EUR netto zahlte. Gegenstand der anwaltlichen Rechnungen waren dabei eine 8/10 Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO sowie eine 6/10 Besprechungsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO, jeweils ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 50.000,00 EUR, sowie eine Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO in Höhe von 20,00 EUR. Die Klägerin nimmt die Beklagte in Höhe des verbleibenden Differenzbetrages in Anspruch, den sie zuletzt unter Fristsetzung zum 07.10.2003 erfolglos anmahnte.

Die Klägerin ist der Ansicht, die in Rechnung gestellten Rechtsanwaltsge­bühren seien nicht, zu beanstanden und trägt hinsichtlich des Gegenstandswertes zur umfangreichen Nutzung der Klagemarke vor.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 572,60 EUR nebst Verzugszinsen hieraus seit dem 8. Oktober 2003 nach einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die streitige Honorarforderung sei übersetzt. Der Ge­genstandswert sei überhöht. Der Verletzungszeitraum sei ‑ wie von der Klägerin jeweils mit Nichtwissen bestritten ‑ kurz gewesen und sie habe in dieser Zeit maximal 3.000,00 EUR Umsatz und keinerlei Gewinn gemacht. Schließlich gehe der Bekanntheitsgrad der Marke gegen Null. Weiterhin sei die Überschreitung des Mittelwertes bei der Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt, da die Sache. einfach gelagert sei. Das Telefonat zwischen dem Klägervertreter und ihrem Ehemann habe eher eine Sachstandsanfrage ohne streitige Verhandlung beinhaltet und keine Besprechung.

Die Beklagte rügt die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

I.

Die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf ergibt sich aus den §§ 140 MarkenG, 32 ZPO. Die Kostenerstattungsklage gegen den Kennzeichenverletzer wegen Abmahnkosten ist stets Kennzeichenstreitsache im Sinne des § 140 MarkenG (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 140 Rz. 14). Ort der Kennzeichenverletzungen aus unerlaubter Handlung ist auch Düsseldorf, da die Verletzung unter anderem durch das Internet erfolgte.

II.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 415,70 EUR aus den §§ 683, 670, 677 BGB.

1.  Dem Grund nach sind sämtliche geltend gemachten Gebühren gerechtfertigt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass derjenige, der vom Störer die Beseitigung einer Störung verlangen kann, gemäß § 683 BGB Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen als Geschäftsführer ohne Auftrag hat, soweit er seinerseits bei der Beseitigung der Störung hilft und dabei im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen und mutmaßlichen Willen des Störers tätig wird (BGHZ 52, 393, 340 »Fotowettbewerb«). Die Abmahnung durch die Klägerin war vorliegend für die Beklagte als Störerin objektiv nützlich und entsprach auch ihrem wirklichen oder mutmaßlichen Willen, da sie berechtigt war und der Beklagten ein kostspieligeres gerichtliches Verfahren dadurch erspart geblieben ist. Das Abmahnbegehren war dabei jedenfalls aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG gerechtfertigt. Die streitgegenständliche Wort/Bildmarke der Klägerin besitzt jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft, die von den Parteien angebotenen Dienstleistungen »Reisen in die Toskana« sind identisch. Vor diesem Hintergrund sind die Klagemarke und das von der Beklagten benutzte Logo, das sich ohne weiteres als schlichte Bearbeitung der Klagemarke darstellt, stark verwechslungsfähig.

Neben der Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und der Auslagenpauschale gemäß § 20 BRAGO für die Abmahnung selbst kann die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten auch den Ersatz der Be­sprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO dem Grunde nach verlangen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass in dem Telefonat vom 09.09.2003 das weitere Vorgehen in der Sache erörtert worden ist und dabei von beiden Seiten Zusagen gemacht wurden. Es handelt sich demnach nicht nur um eine bloße fernmündliche Nachfrage, sondern um eine tatsächliche fernmündliche Erörterung, die eine Besprechungsgebühr auslöst (vgl. Riedel/Sussbauer, Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung, 8. Aufl., § 118 Rz. 38). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin konnte weiterhin davon ausgehen, dass die Erörterung, durch die die Gebühr nach § 118 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ausgelöst wurde, im tatsächlichen oder mutmaßlichen Interesse der Beklagten lag. Zwar entspricht es dem Willen des Störers, die Aufwendung für eine Abmahnung möglichst niedrig zu halten (BGHZ 52, 393, 340), so dass es regelmäßig nicht im tatsächlichen oder mutmaßlichen Interesse des Störers liegen dürfte, wenn ‑ ohne weiteren ausdrücklichen Hinweis, auf zusätzlich entstehende Kosten ‑ der grundsätzlich unterwerfungswillige Störer bzw. dessen Vertreter ein kurzes Gespräch mit der Gegenseite lediglich noch deshalb sucht, um die weitere Vorgehensweise im Einzelnen abzusprechen. Vorliegend hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte jedoch schon im Abmahnschreiben vom 08.09.2003 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass durch einen telefonischen Kontakt mit ihm weitere Gebühren entstehen würden. Er durfte deshalb davon ausgehen, dass das Führen des den Gebührentatbestand auslösenden Gespräches auch dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprechen würde, von deren Seite aus das Gespräch selbst gesucht worden war.

2.  Der Höhe nach besteht ein erstattungsfähiger anwaltlicher Honoraranspruch jedoch nur in Höhe von 1.327,50 EUR netto, so dass unter Berücksichtigung der von der Beklagten bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 911,80 EUR ein Restzahlungsanspruch in Höhe von 415,70 EUR verbleibt.

Zwar ist der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugrunde gelegte Gegenstandswert von 50.000,00 EUR nicht zu beanstanden. Es handelt sich vorliegend um, eine Markenstreitigkeit, die Klagemarke wird von der Klägerin beispielsweise in ihrer Internet‑Präsenz ständig genutzt und ‑ wie das vorlie­gende Verfahren zeigt ‑ auch verteidigt. Deshalb entspricht ein solcher Streitwert dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin an der mit der Abmahnung verfolgten Unterlassung weiterer Störungen, ohne dass es insoweit darauf ankäme, welchen wirtschaftlichen Erfolg die Beklagte durch die Nutzung des rechtsverletzenden Logos erzielt hat.

Eine Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ist jedoch nur in Höhe des Mittelwertes von 7,5/10 gerechtfertigt. Zwar betrifft sowohl der vor­liegend vom Rechtsanwalt zu begutachtende Sachverhalt sowohl marken­ als auch wettbewerbs‑ und urheberrechtliche Fragen. Er ist jedoch nicht überdurchschnittlich schwierig gelagert, sondern vielmehr eher unterdurchschnittlich, da aufgrund der großen Ähnlichkeit der Klagemarke. mit dem von der Beklagten verwendeten Logo ersichtlich ist, dass es sich lediglich um eine einfache Bearbeitung handelt und Verwechselungsgefahr vorliegt. Eine Oberschreitung der Mittelgebühr ist unter diesen Umständen unbillig und auch nicht mehr vom anwaltlichen Ermessen gedeckt. Diese Feststellung konnte das Gericht im Übrigen selbst treffen, ohne dass es die Einholung eines Gutachtens des Vorstands der Rechtsanwaltskammer nach § 118 Abs. 12 BRAGO bedurft hätte. Denn der Einholung eines Gutachtens bedarf es dann nicht, wenn der Auftraggeber die von ihm an seinen Anwalt gezahlte Vergütung in einem Rechtsstreit von einem Dritten fordert (Gerold/von Eicken/Madert, BRAGO 15. Aufl., § 12 Rz. 20 am Ende).

Die Besprechungsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO ist schließlich nur in Höhe von 5/10 gerechtfertigt. Da der Sachverhalt denkbar einfach gelagert war, anspruchsvolle rechtliche Erörterungen in diesem Rahmen nicht durchgeführt worden sind und das Gespräch unstreitig auch keinen großen zeitlichen Aufwand erfordert, sondern zwischen 5‑15 Minuten gedauert hat, ist lediglich eine Gebühr am untersten Rahmen gerechtfertigt, mithin von 5/10. Die Geltendmachung von 0,1/10 mehr stellt sich angesichts der Geringfügigkeit der Bedeutung des Gesprächs, des sehr geringen Umfangs und der äußerst geringen Schwierigkeit als unbillig und damit der Beklagten als Dritten gegenüber nicht verbindlich dar.

Die Zinsforderung findet ihre Grundlage in den §§ 280, 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 572,60 EUR.

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