AG München, Urt. v. 29.09.10, 142 C 9152/10 - Domain-Treuhänder

eigenesache Der eingetragene Domaininhaber haftet für Urheberrechtsverletzungen, die durch den Inhalt einer mit der Domain adressierten Website begangen werden, auch dann, wenn er die Domain nur treuhänderisch für einen Dritten hält. Etwas anderes gilt unter Umständen dann, wenn er darlegen und nachweisen kann, warum er im Innenverhältnis ausnahmsweise für den Inhalt der Internetpräsenz nicht verantwortlich sein sollte.

Streitwert: 850,00 €

 

bayern

AMTSGERICHT MÜNCHEN
URTEIL

Entscheidung vom 29. Septemer 2010
Aktenzeichen 142 C 9152/10

In dem Rechtsstreit

[...]

erlässt das Amtsgericht München durch den Richter am Amtsgericht Dombrowski auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2010 folgendes

Enduteil

1. der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929,00 € nebst Zinsen aus 850,00 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.04.2007 zu bezahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein kartographischer Verlag, der Stadt- und Landkreiskarten zum Zwecke der Werbung herstellt und diese Kartographien unter der Internetadresse [...] kostenlos zum Aufruf zur Verfügung stellt. Gleichzeitig bietet sie an, dass ihre Karten gegen Entrichtung einer Lizenzgebühr auf anderen Internetseiten verwendet werden dürfen. Der Beklagte ist als Inhaber der Internetseite [...] bei der DENIC e. G. eingetragen.

Am 22.08.2006 stellte die Klägerin fest, dass auf der Internetseite des Beklagten ein Stadtplan der Klägerin von [...] in Größe DIN A 5 zum Zwecke der Anfahrtsbeschreibung genutzt wurde, obwohl eine Berechtigung des Beklagten hierzu nicht vorlag.

Mit Schreiben vom 20.04.07 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben sowie Schadensersatz zu leisten. Mit Schreiben vom 30.05.2007 gab der Beklagte eine Unterlassungserklärung ab.

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte sei passivlegitimert. Sie bestreitet, dass der Beklagte lediglich als Treuhänder für das im Internet präsentierte Malerunternehmen tätig gewesen sei. Sie sei aktivlegitimiert, da ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte an der streitgegenständlichen Karte zuständen. Auf dem Vervielfältigungsstück (Anlage K 5) sei sie als Inhaberin der Nutzungsrechte bezeichnet.

Für die unberechtigte Nutzung macht die Klägerin im Wege der so genannten Lizenzanalogie einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 850 € geltend. Dies entspräche der von der Klägerin angebotenen Lizenzgebühr und sei üblich und angemessen. Zudem verlangt die Klägerin den Ersatz ihrer Abmahnkosten die mit insgesamt 86,30 € beziffert, von denen sie jedoch lediglich pauschal 79 € geltend macht.

Die Klägerin beantragt,

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 850,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 (1/0 über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2007 sowie 79,00 EUR vorgerichtliche Kosten zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen

Der Beklagte wendet ein, dass er zwar als Domaininhaber bei der DENIC e.G. registriert sei, jedoch die Internetseite lediglich treuhänderisch für das dort präsentierte Malerunternehmen innehabe. Er sei insoweit lediglich Scheininhaber. Er habe im Jahre 2004 im Auftrag des Zeugen [...] die Verwaltung der Domain übernommen, da der Zeuge zum einen so in den Genuss eines Großkunden-Tarifs bei 1 & 1 Internet AG kommen wollte, zum anderen, weil der Zeuge nicht nach außen in Erscheinung treten wollte, da er mit technischen Fragen der Verwaltung einer Dornain nicht vertraut gewesen sei. Den Beklagten treffe daher weder der Vorwurf der Fahrlässigkeit, noch des Vorsatzes hinsichtlich der auf der Domain begangenen Rechtsverletzung. Er könne auch nicht als Störer in Haftung genommen werden, da er für die unverzügliche Löschung der Karte gesorgt habe. Eine Intervention sei ihm auf Grund der Besonderheiten des Falles nicht möglich gewesen, Im Übrigen bestreitet der Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen.

Ergänzend wird auf die bei den Akten befindlichen Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2010 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist begründet.

1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in Lizenzanalogie in Höhe von EUR 850,00 gemäß § 97 Abs. 1 UrhG a. F. zu.

a) Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Aus der Anlage K5 ergibt sich, dass die Klägerin dort als Herausgeberin im Sinne von § 10 Abs. 2 UrhG bezeichnet ist Ohne weiteres ist die Anlage K5 auch ein Vervielfältigungsstück. Somit ergibt sich die gesetzliche Vermutung, dass die Klägerin aktiv legitimiert ist. Das Bestreiten der Aktivlegitimation mit Nichtwissen durch den Beklagten ist nicht geeignet, diese Vermutung zu widerlegen. Dass es sich bei dem auf der Karte Anlage K5 dargestellten Symbol um ein Symbol der Klagepartei handelt, ist dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt.

b) Unstreitig wurde diese Karte auch ohne Berechtigung auf der Internetseite [...] verwendet und somit widerrechtlich in das urheberrechtlich geschützte Nutzungsrecht der Klägerin eingegriffen.

c) Der Beklagte ist hierfür auch verantwortlich. Zwar hat er eingewandt, dass er auf Grund eines Treuhandvertrages mit dem Zeugen [...] lediglich Scheininhaber der streitgegenständlichen Domain gewesen sei. Insoweit hat der Beklagte vorgetragen, er sei vom Zeugen [...] im Jahre 2004 damit beauftragt worden, die Verwaltung der Domain von der 1 & 1 Internet AG zu übernehmen. Dies zum einen, damit der Zeuge [...] in den Genuss eines Großkundentarifs bei der 1 & 1 Internet AG komme, zum anderen, weil der Zeuge [...] nicht nach außen in Erscheinung treten habe wollen, da er mit technischen Fragen im Zusammenhang mit der Verwaltung einer Domain nicht vertraut gewesen sei. 

Dieser Vortrag ist jedoch selbst bei Wahrunterstellung nicht geeignet, eine Verantwortlichkeit des Beklagten zu verneinen. Dem Gericht wurde nämlich nicht mitgeteilt, welche genaue Ausgestaltung das rechtliche Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Zeugen [...] hat, also insbesondere, welche Rechten und Pflichten dem Beklagten aus dem angeblichen Treuhandverhältnis treffen, welche Zugriffsrnöglichkeiten der Beklagten auf die streitgegenständliche Domain hatte, wer für den Inhalt der streitgegenständlichen Domain verantwortlich war oder wer die streitgegenständliche Domain erstellt hat. Insoweit traf den Beklagten die sekundäre Darlegungs- und Beweislast, worauf das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch explizit hingewiesen hat. Insbesondere betrifft die Verwaltung einer Domain auch und gerade hinsichtlich technischer Fragen regelmäßig auch den Inhalt der Internetseite, es sei denn, dass dies zwischen den Parteien anders geregelt worden wäre. Hierzu ist, wie bereits ausgeführt, kein ausreichender Sachvortrag ersichtlich. Daher ist der Beklagte der ihm obliegenden Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen, weswegen von einer Verantwortlichkeit des Beklagten auch für den Inhalt der Domain auszugehen war.

Hieran ändert auch die von dem Beklagten zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, da insoweit die Voraussetzungen unterschiedliche sind. Im dortigen Fall war von einem Pachtverhältnis ausgegangen worden, welches hier nicht ersichtlich ist.

d) Insoweit trifft den Beklagten auch ein Verschulden. Schuldhaft handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 BGB. An die Erfüllung dieser Sorgfalt stellt die Rechtsprechung strenge Anforderungen. Danach muss sich, wer einen fremden urheberrechtlich geschützten Gegenstand nutzen will, über den Bestand des Schutzes, wie auch über den Umfang seiner Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit besteht also eine Prüf- und Erkundigugspflicht (vergleiche Dreier/Schulz Urhebergesetzt, dritte Auflage, § 97 Rdn. 97).

Dazu, dass der Beklagte diese ihm obliegenden Erkundigungs- und Prüfpflichten nachgekommen wäre, ist nichts ersichtlich.

2. Der Klägerin steht gegen dem Beklagten zudem ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Kosten in Höhe von EUR 79,00 zu. Diese wurden von Seiten des Beklagten nicht bestritten und entsprechen der Höhe nach auch einem Betrag, welchen das Gericht bei einer Schätzung gemäß § 287 ZPO als angemessen erachtet hätte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Rechtsanwaltsgebühren von Seiten der Klägerin vorliegend nicht geltend gemacht wurden.

3. Die Nebenforderungen ergeben sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

III. Die Vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Dombrowski

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