Fundstelle: MMR 2002, 248
LANDGERICHT BRAUNSCHWEIG
BESCHLUSS
Aktenzeichen: 21 O 2178/01 (082)
Entscheidung vom 20. Dezember 2001
Sachverhalt
Der Kl. ist zugelassener Rechtsanwalt und eingetragener Kaufmann. Als Kaufmann ist er Betreiber eines sog. Internetportals. Er ist Inhaber verschiedener Domains, die schlagwortartig bestimmte Rechtsgebiete bezeichnen. U.a. ist er Inhaber der Domain »www.pruefungsrecht.de«.
Er bietet interessierten Personen - u.a. Rechtsanwälten gegen bestimmte Gebühren an, unter dieser Domain eigene Beiträge zu den jeweiligen Themengebieten zu hinterlegen oder Verweise auf die eigene Homepage dort anzubringen. Die Bekl. sind Rechtsanwälte in überörtlicher Sozietät, die verstärkt auf dem Gebiet des Prüfungsrechts tätig sind. Ohne vorherige Kontaktaufnahme haben die Bekl. den Kl. mit Schreiben v. 18.7.2001 abgemahnt. Sie haben ihn in der Abmahnung aufgefordert, »es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe i.H.v. 40.000,00 DM zu unterlassen, im Internet unter der Domain www.pruefungsrecht.de ohne erläuternden Zusatz und/oder ohne Hinweis darauf, dass Sie weder Rechtsanwalt sind noch Informationen zum Prüfungsrecht geben, aufzutreten«. Diese Abmahnung hat der Kl. seinerseits zum Anlass genommen, ohne vorherige Kontaktaufnahme mit den Bekl. negative Feststellungsklage zu erheben. Die Eigenschaft des Kl. als zugelassener Rechtsanwalt war aus seinem Internetauftritt nicht erkennbar. Nachdem dies in der mündlichen Verhandlung unstreitig geworden war, erklärte der Beklagtenvertreter, dass er im Hinblick auf die Eigenschaft des Kl. als Rechtsanwalt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht weiter aufrechterhalte. Im Anschluss an diese Erklärung erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt und verhandelten mit widerstreitenden Kostenanträgen.
Aus den Gründen
[Die Bekl. haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen] ... Die Abmahnung der Bekl. war unberechtigt. Aus der Reservierung und Verwendung des beschreibenden Begriffs »Prüfungsrecht« folgt grds. kein Wettbewerbsverstoß (BGH NJW 2001, 3262 [= MMR 2001, 666 m. Anm. Hoeren] - mitwohnzentrale.de; OLG Braunschweig CR 2000, 614 [= MMR 2000, 6101 - stahlguss.de). ... Ein Unterlassungsanspruch hätte sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von § 1 UWG i.V.m. dem RBerG herleiten lassen. Eine individuelle, dem RBerG unterfallende Beratung wurde auf der Internetseite nicht angeboten. Ein Unterlassungsanspruch wäre auch nicht aus §§ 1, 3 UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung gegeben, da der Kl. Rechtsanwalt ist. [...]
Der Kl. war nicht auf Grund der Abmahnung verpflichtet, die Bekl. darüber aufzuklären, dass er Rechtsanwalt ist. Er war auch nicht seinerseits zu einer Gegenabmahnung vor Erhebung der negativen Feststellungsklage verpflichtet. Entgegen der Auffassung der Bekl. begründet die Abmahnung als solche noch keine Sonderrechtsbeziehung, die zu einer Aufklärung oder Gegenabmahnung verpflichten würde (Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdnr. 725a). Denkbar wäre hier allenfalls ein Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung, welches durch den Wettbewerbsverstoß begründet worden wäre (Melullis, a.a.O., Rdnr. 726). An einem solchen Schuldverhältnis fehlt es hier aber, da die Abmahnung, unabhängig von der Rechtsanwaltseigenschaft des Kl., von vornherein unbegründet war. Weder aus der Bezeichnung der Domain (www.pruefungsrecht.de) noch aus der vorgetragenen Gestaltung der Internetseite ergab sich, dass der Kl. für sich in Anspruch nimmt, Rechtsanwalt zu sein. Nur dies hätte bei fehlender Rechtsanwaltseigenschaft einen Unterlassungsanspruch begründen können. Der Verkehr folgert aus dem allgemeinen Hinweis »Prüfungsrecht« nicht notwendigerweise, dass sich unter dieser Adresse ein Rechtsanwalt befindet. Es sind unter dieser Bezeichnung ebenso Internetseiten von Schulen, Schulbehörden, spezialisierten Verlagsprogrammen, Universitäten oder etwa Selbsthilfegruppen zu erwarten. Die Klage des Kl. hätte daher, unabhängig von seiner Rechtsanwaltseigenschaft, Erfolg gehabt. Die Abmahnung war daher von vornherein unbegründet und hat keine Sonderrechtsbeziehung und damit auch keine Aufklärungspflicht begründet.
Darüber hinaus hat die Bekl. ihre Abmahnung nach der Begründung der Abmahnung nicht allein auf die fehlende Rechtsanwaltseigenschaft des Kl. gestützt, sondern auch ausgeführt, dass durch die Blockierung der genannten Domain eine Behinderung vorliege und auch gegen das Verbot der Alleinstellungswerbung verstoßen werde. Der Kl. hatte daher keinen Anlass anzunehmen, dass die bloße Information der Bekl. über den Umstand, dass er auch Rechtsanwalt ist, die Bekl. zum Fallenlassen ihres Anspruchs bewogen hätte. Die Bekl. hat einen rechtlich nicht zu beanstandenden Internetauftritt des Kl. zum Anlass genommen, diesen abzumahnen. Es entspricht daher auch der Billigkeit, wenn sie nach dem Fallenlassen ihres Anspruchs die Kosten des Verfahrens trägt.