LG Leipzig, Urt. v. 13.12.05, 05HK O 4007/05 - Indizierte Spiele II

Wird in Abmahnungen an verschiedene Empfänger wiederholt der Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs verlangt, ist das ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs.  4 UWG.  Die Regelung des § 1 Abs. 4 UWG betr. des Ausschlusses eines Vorliegens eines Versandhandels bezieht sich nicht schon auf die bloße Werbung mit indizierten Spielen, soweit sie selbst darin noch nicht inhaltlich zugänglich gemacht wird. Wenn durch ein ausreichendes Altersverifikationssystem ausgeschlossen ist, dass ein indiziertes Spiel an Jugendliche als versandt werden kann, liegt kein Versandhandel im Sinne des JuSchG vor.

Streitwert: 10.000€

 

 

sachsen

LANDGERICHT LEIPZIG
IM NAMEN DES VOLKES

Aktenzeichen: 05HK O 4007/05
Entscheidung vom 13. Dezember 2005

In dem Verfahren

[...]

wegen einstweiliger Verfügung

erlässt die 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Leipzig durch VRiLG Zügler als Vorsitzenden auf die mündliche Verhandlung vom 15.11.2005 am 13.12.:2005 das folgende

Urteil

1. Auf den Widerspruch des Verfügungsbeklagten vom 10.10.2005 wird die Beschluss vom 23.09.2005 erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 22.09.2005 zurückgewiesen.

2. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

3. Das Urteil ist für den Verfügungsbeklagten hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteiles für den Verfügungsbeklagten vollstreckbaren Betrag abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Gegenstandswert wird auf Euro 10.000 festgesetzt.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin (Klägerin) begehrt von dem Verfügungsbeklagten (Beklagten) im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren wie auch in anderen einstweiligen Verfügungsverfahren, darunter einem zwischenzeitlich verglichenen, und einem Hauptsacheverfahren Unterlassung der Werbung für als jugendgefährdend indizierte elektronische Spiele.

Der Beklagte betreibt ein Internetversandhaus, weiches Computer- und Videospiele an den Letztverbraucher betreibt. Die die fast 70jährige Klägerin betreibt unter der Firmierung Gameland in Stadthagen ausweislich einer vorgelegten Gewerbeanmeldung und vorgelegten Zeitungsartikeln und -annoncen seit April 2001 ein kleineres Einzelhandelsgeschäft für einen Handel u.a. mit Computer- und Videospielen und DVDs. Seit 2005 betreibt sie ausweislich einer weiteren Gewerbeanmeldung außerdem ein solches Geschäft erneut in Wunstorf. Neben Teilzeitbeschäftigten ist dort vor allem ihr Sohn tätig. Von einem Großhändler hat sie in 2005 für ca. Euro 18.000 Spiele bezogen. Derzeit unterhält sie keine Homepage mehr. Bislang hat sie - ebenfalls vertreten durch ihren Prozessbeyollmächtigten - in jedenfalls sieben weiteren Fällen - neben dem einen Fall, in dem der Abgemahnte sich an die IHK wandte und die anderen Abmahnungen ins Internet stellte - andere Verkäufer solcher Spiele wegen Bewerbung von nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) indizierter Spiele abgemahnt, die Abmahnung in einem Fall nach einer Gegenabmahnung nicht weiter verfolgt, vielmehr die dahin betriebene Homepage abgeschaltet. Nach den vorangegangenen anderen Verfahren 5 HK O 650/05 und 5 HK O 2392/05 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mahnte sie durch ihren Bevollmächtigten unter dem 15.09.2005 den Beklagten über dessen Bevollmächtigte erneut ab unter Hinweis darauf, dass sie am 15.09.2005 festgestellt habe, dass er die streitgegenständlichen Spiele im Internet bewerbe und diese indiziert seien. Sie forderte mit diesem Schreiben zur Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafevereinbarung auf, hinsichtlich der auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhang verzichtet werden sollte, und machte dafür Rechtsanwaltsgebühren von brutto Euro 532,90 geltend. Zuvor hatten die Parteien in dem Verfahren 5 HK O 3647/05 - in dem es ebenfalls um die Untersagung der Werbung für ein indizierte Spiele ging, wobei ausdrücklich formuliert war:»...wie z.B. »Resident Evil 4« (UK - Version)...« - am 13.06.2005 folgenden Vergleich abgeschlossen:

»1. Der Verfügungsbeklagte verpflichtet sich, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher das indizierte Computerspiel »Resident Evil 4« (Englische Versjon/UK - Version; nicht US - Version), Nintendo Gamecube, Capcom Entertainment, Sunnyvale/USA, zu bewerben; soweit nicht durch ein face - to - face oder gleichwertiges Verfahren ausgeschlossen wird, dass Minderjährige Zugriff auf diese Werbung nehmen können.
2. Damit sind alte streitgegenständliche Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, abgegolten. Es wird klargestellt, dass dieser Vergleich nicht das Verfahren Landgericht Leipzig 05HK0 2392/05 erfasst...«

In dem weiteren Verfahren 5 HK 650/05 - in dem die einstweilige Verfügung inzwischen mit Urteil 22.11.2005 aufgehoben wurde - wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin vor Einleitung des dortigen Ordnungsgeldverfahrens mit Schreiben vom 24.02.2005 an den hiesigen wie dortigen Beklagten und verlangte Zahlung einer Vertragsstrafe, ansonsten ein Ordnungsgeld beantragt werde.
Auf Antrag vom 22.09.2005 erließ die Kammer im hiesigen Verfahren mit Beschluss vom 23.09.2005 eine einstweilige Verfügung dahin, dass dem Beklagten untersagt wurde im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem letzten Verbraucher die Spiele »Silent Scope« für Gameboy Advance, Hesteller Konami, und das PC - Spiel »Doom 3 - Resurrection of Evil«, US -Version, Addon, zu bewerben soweit nicht durch technische Vorkehrungen ausgeschlossen wird, dass Minderjährige Zugriff auf diese Werbung nehmen können.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie einem Wettbewerbsverhältnis mit dem Beklagten stehe und ihr Vorgehen nicht rechtsmissbräuchlich sei, insbesondere nicht der Erzielung von Einnahmen auch ihres Prozessbevollmächtigen diene, sie gebe von den Gebühren auch nichts an sie ab. Die Spiele seien sämtlich wirksam nach dem JuSchG indiziert und die Indizierung gelte auch unabhängig von dem in ihrer Veröffentlichung angegebenem Medium wie etwa X - Box allgemein.

Sie beantragt,

unter Zurückweisung des Widerspruchs vom 10.10.2005 die einstweilige Verfügung vom 23.09.2005 aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 23.09.2005 aufzuheben.

Er ist - unter Bezugnahme auf seinen Vortrag in dem Hauptsacheverfahren 5 HK O 2392/05 zu 5 HK O 650/05 im Übrigen - der Ansicht, dass die einstweilige Verfügung bereits unzulässig sei im Hinblick auf den abgeschlossenen Vergleich, da von diesem alle in der Vergangenheit liegenden Wettbewerbsverstöße erfasst seien. Die Antragstellerin könne auch nicht geltend machen, dass ihr/ihrem Sohn die nun hier streitgegenständliche Werbung erst jetzt aufgefallen sei, so dass es an der Eilbedürftigkeit fehle. Wenn denn eine Indizierung vorliege, so doch schon längere Zeit vor der Abmahnung und der Beantragung ihres Erlasses und er habe das Spiel schon, zwei Jahre im Bestand. Sie sei auch missbräuchlich; wenn die Klägerin überhaupt Inhaber eines Gewerbetriebes sei, so beschäftige sie sich nicht schwerpunktmäßig mit dem Verkauf von solchen Spielen und der eine Laden sei nur 3 qm groß und in einem Hinterhof gelegen. Die Abmahntätigkeit erfolge nur zwecks Erzielung von Einnahmen auch zu Gunsten des Bevollmächtigten der Beklagten. Jedenfalls sei sie nicht begründet. Es fehle an einem Wettbewerbsverhältnis und an. einer Wettbewerbsabsicht, da nur die von Großhändlern gelieferten Spiele beworben worden seien Die tatsächlich vertriebenen Spiele seien nur auf solchen Medien, vertrieben wurden auf die sich eine - in ihrer Wirksamkeit bestrittene - Indexierung nicht beziehe, da sich diese nur auf die in der en Veröffentlichung benannten Medien beziehe.

Wegen des Vortrages im Einzelnen einschließlich der Hinweise, der Kammer wird auf den Akteninhalt Bezug genommen, einschließlich der Akte 5 HK 0 2392/05.

Es ging nach der mündlichen Verhandlung noch ein nicht nachgelassener Schriftsatz der Verfügungsklägerin ein.

Entscheidungsgründe

Auf den zulässigen Widerspruch hin war die einstweilige Verfügung vom 23.09.2005 aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass als unzulässig abzuweisen, jedenfalls aber als unbegründet zurück zuweisen.

A.

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war jedenfalls im Zeitpunkt der maßgeblichen mündlichen Verhandlung bereits unzulässig, und zwar unabhängig davon, ob der Vergleich in der Sache 5 HK O 3647/05 auch die beworbenen Streit gegenständlichen Spiele erfasst oder nicht.

I.

Geht man davon aus, dass die vorliegend streitgegenständliche Bewerbung der zwei weiteren Spiele bereits von dem Vergleich in der Sache 5 HK O 3647/05 erfasst ist und sich ein Unterlassungsanspruch für deren Bewerbung (nur noch) für die Zeit nach seinem Abschluss (nur noch) aus diesem Vergleich ergibt, dann fehlt es an dem Verfügungsgrund (Eilbedürftigkeit). Dann kann sich der Beklagte zwar nicht mehr auf die Missbrauchsregelung des § 8 Abs. 4 UWG berufen. Denn diese Vorschrift gilt nur für die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen nach dem UWG (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 8 UWG Rn. 4.8). Andererseits bezieht sich aber auch die Vermutung der Eilbedürftigkeit nach 12 Abs. 2 UWG ebenfalls nur auf Unterlassungsansprüche aus dem UWG, erfasst jedenfalls solche aus einem Vergleich als vertraglicher Anspruch aus dem Bürgerlichen Recht nicht (Köhler aaO. § 12 Rn. 3.14; Büscher, in: Fezer, UWG, § 12 UWG Rn. 57 mwN), so dass hier die Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen war. Daran fehlt es trotz Hinweis in der mündlichen Verhandlung.

Hinsichtlich des Spiels »Silent Scope« fehlt es daran schon deshalb, weil es nach unbestrittenem Vortrag des Beklagen vom ihm, nicht mehr beworben wird, da es nicht mehr lieferbar ist, wie er durch Schreiben zweier Lieferanten hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Das gilt auch unabhängig davon. Denn der Beklagte hat bereits in der Widerspruchsschrift behauptet; dass es nicht nachvollziehbar sei, dass die Klägerin/ihr Sohn erst unmittelbar nach Abschluss des Vergleichs in der Sache 5 HK O 3647/05 bemerkt haben will; dass auch die hier Streit gegenständlichen Spiele (nach wie vor) beworben werden, ohne dass die Klägerin gerade dem entgegengetreten wäre.

Es gibt zwar keine allgemeine Marktbeobachtungspflicht (s. Urteil vom 22.11.05, 5 HK O 650/05 unter A. II. 1. der Gründe). Es ist jedoch eine andere Frage, ob sie bzw. ihr Sohn bereits von Anfang an, zumindest aber bei einer - zu ihren Gunsten angesichts des längeren Zeitraums ab der ersten Abmahnung im Februar bis zu der zweiten vom 23.08.2005 in dem verglichenen Verfahren und der hiesigen vom 15.09.2005 - einer dritten, ursprünglich bei ihren durch Jugendliche angestoßenen Recherche (ursprünglich, zumindest über Google) festgestellt haben, dass der Beklagte auch damals bereits die nun hier streitgegenständlichen Spiele beworben hatte. Das ist nicht völlig ferne liegend, insbesondere bzw. zumindest bezogen auf die weitere Überprüfung des Internetangebots des Beklagten im Vorfeld des weiteren Verfahrens 5 HK O 3647/05. Durch die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Herrn [...], der das Internetangebot des Beklagten für die Klägerin überprüfte, nach dem dieser keinen Zugang dazu mehr möglich war, wird das nicht ausgeschlossen, zumal darin davon die Rede ist ausdrücklich, dass diese beworben wurden und werden, ohne dass ein genaues Datum dessen genannt wird. Auch wenn dort davon die Rede ist, dass der Beklagte in einem Telefonat mit Herrn [...] nach der Verhandlung in der (verglichenen) Sache 5 HK O 3647/05 (vom 13.09.05) mitgeteilt habe, dass er gleichwohl weiter indizierte Spiele anbieten werde und die Kammer anlässlich dessen die Parteien in hiesiger mündlicher Verhandlung auch darauf hingewiesen hat, dass seine damalige Referendarin unmittelbar nach der Verhandlung vom 13.09.2005 bereits erzählt habe, dass sie Entsprechendes bereits anlässlich der Vergleichsverhandlungen in der Sache 5 HK O 3647/05 zwischen den Parteien außerhalb des Gerichtssaales gehört habe, wie auch immer genau im Detail, so folgt zwar aus Letzterem nicht unbedingt, dass das Telefonat schon früher statt fand. Aber auch dann bleibt es dabei, dass aus der eidesstattlichen Versicherung nichts dazu folgt, wann er das fragliche Angebot festgestellt hat, nicht ausgeschlossen ist, dass es schon vorher war, jedenfalls der Sohn der Verfugungsklägerin den gerügten Verstoß schon vorher festgestellt hat. Auch die eidesstattliche Versicherung des Sohnes der Klägerin verhalt sich dazu nicht. Dabei wird auch nicht verkannt, dass an einen Negativ - Beweis bzw. hier Glaubhaftmachung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden können. Aber offensichtlich erfolgte die weitere Überprüfung durch Herrn [...] nicht über Google durch Eingabe indizierter Spiele, was auch der Klägerin selbst nach den PC - Kenntnissen des Vorsitzenden ja noch hätte möglich sein dürfen, sondern eben durch gezielte Überprüfung des Angebots des Beklagten auf indizierte Spiele.

II.

Indes kommt es nach Ansicht der Kammer darauf nicht entscheidend an. Auch und gerade dann, wenn man der Ansicht wäre, dass durch den Vergleich die hier streitgegenständlichen Bewerbungen der zwei Spiele nicht erfasst werden, nur das dort benannte Spiel erfasst werde, wäre der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unzulässig, weil nach dem dann anwendbaren. §8 Abs. 4. UWG rechtsmissbräuchlich.

1. Ob die vorliegende Sache durch den Vergleich zwischen den Parteien in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 5 HK 3647/05 vom 13.09.2005 mit Verglichen wurde, auch wenn dort das erst spätere hiesige Verfahren anders als das Hauptsacheverfahren 5 HK 02392/05 zu 5 HK O 650/05 nicht ausdrücklich ausgenommen ist, kann offen bleiben, auch wenn die Kammer dazu neigt, dies anzunehmen, den Vergleich mithin auf bis dahin bereist erfolgte Verstoße zu beschränken.

Im dortigen Verfahren war zwar das konkret benannte Spiel ausdrücklich nur beispielhaft benannt für die Werbung mit indizierten Spielen, so dass die Abgeltungsklausel in Ziffer 2 des Vergleichs weiter reichen mag als nur auf dieses konkrete Spiel bezogen, insbesondere ein Umkehrschluss nahe liegt, dass alle anderen weiterhin erfolgende Verstöße gegen das Verbot der Bewerbung indizierter Spiele von dem Vergleich erfasst werden. Hiergegen mag allerdings sprechen, dass das nach Sinn und Zweck des Vergleichs ausgeschlossen ist, weil ansonsten jedenfalls alle gesetzlichen Unterlassungsansprüche aus dem UWG auch in allen, anderen Fällen nur gegen das Verbot der Bewerbung eines einzigen Spiels, ausgeschlossen wären und immer »nur« auf den Vergleich für zeitlich nach ihm liegende Verstöße zurück gegriffen werden könnte als Grundlage für einen Unterlassungsanspruch, und zwar gerade ohne die Vermutung der Eilbedürftigkeit nach §12 Abs. 2 UWG. Eine - Vertragsstrafenregelung fehlt (nach Erinnerung des Vorsitzenden wegen des ausdrücklich ausgenommenen anderweitigen Verfahrens).

2. Ginge man deshalb davon aus, dass der Vergleich sich nicht auf eine (auch noch) zeitlich spätere (fortgesetzte) Bewerbung indizierter Spiele bezieht, nur bis dahin erfolgte weitere Verstöße hinsichtlich anderer indizierter Spiele umfasst, so ist aber auch dann die beantragte einstweilige Verfügung auf Grund der nunmehr im Zeitpunkt der hiesigen mündlichen Verhandlung vorliegenden Erkenntnisse - auf diese ist auch bei der Frage der Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung bei Verhandlung über einen Widerspruch abzustellen - unzulässig, und zwar wegen Rechtsmissbrauch nach § 8 Abs. 4 UWG.

a) Insoweit kann zwecks Meidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem Urteil vom 22.11.2005 in der Sache 5 HK O 650/05, dort unter A. II. 2. der Entscheidungsgründe Bezug genommen werden, soweit es um die Frage des eigenen Einnahmeinteresses geht. Daran wird festgehalten.

Es wurden jedenfalls sieben andere Wettbewerber zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung unter Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs aufgefordert, wie auch gegenüber dem Beklagten mehrfach verfahren wurde. Das fragliche Schreiben aus Anlass des Verfahrens 5 HK O 650/05 zwischen den Parteien kommt hinzu, ist ebenso vorliegend zu beachten, wenn auch nicht auf die hier vorliegenden Verstöße bezogen. Dass andere Verfahren vor anderen Gerichten, erfolgreich waren, steht dem nicht entgegen; es ist nicht ersichtlich, dass dieses Vorgehen dort überhaupt bekannt war, auch ist nicht erforderlich, dass hinzu kommen muss, dass dann nicht gerichtlich vorgegangen wird, das ist ein eigenständiges Indiz.

Hier wie auch sonst war der Inhalt des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Verfügungsklägerin, soweit neuen Sachvortrag enthaltend, nicht zu berücksichtigen. Verhandlungen über einen Widerspruch gegen eine einstweilige Verfugung erschöpfen sich grundsätzlich in dieser (Berneke, Die eingtw. Verfügung in Wettbewerbssachen, Rn. 145.f.). Ein Ausnahmefall ist nicht ersichtlich.

b) Es kommt jedenfalls vorliegend hinzu die bereits oben angesprochene Problematik einer mehrfachen Klage, hier unter dem Aspekt einer womöglich missbräuchlichen Klagenspaltung (s. dazu Köhler aäO. § 8 UWG Rn. 4.17), wobei das hier wie auch die Glaubhaftmachungslast und deren Erfüllung indes dahin stehen mag, aus den Gründen zu vorstehend a), jedenfalls soweit es sich um einen selbständigen Missbrauchsgrund handelt.

B.

Selbst wenn man den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorliegend gleichwohl für zulässig erachtetet, war er aber nicht begründet, konnte der Beschluss nicht aufrecht erhalten werden, schon gar nicht Voll umfänglich.

I.

Da auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist, war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Fortbestehen eines Verfügungsanspruchs hinsichtlich des Spieles »Silent Cope« nicht (mehr) begründet.

Der Verfügungsbeklagte hat glaubhaft gemacht, dass er dieses Spiel in deren Zeitpunkt nicht mehr bewarb, weil gar nicht mehr lieferbar ausweislich der beiden vorgelegten Schreiben. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, insoweit den Antrag für erledigt zu erklären zwecks Meidung einer Abweisung.

II.

Jedenfalls dann, wenn man (mit der Kammer, s.o.) die Anspruchsgrundlage für eine Unterlassung nicht in dem Vergleich sieht, sondern davon ausgeht, dass er sich für andere als dem dort in Ziffer 1 genannten konkreten Spiel, gar nicht auf die Zeit nach seinem Abschluss bezieht mithin die Grundlage für einen Unterlassungsanspruch in §§ 3, 4 Nr. 11, 8, 12 UWG iVm § 15 JuSchG sieht, war der Antrag auch sonst mangels eines Verfügungsanspruchs unbegründet.

1. Es kann schon nicht verlangt werden dann, dass sichergestellt sein muss, dass bereits die neutrale Werbung an sich vor dem Zugriff Jugendlicher hinreichend und damit nach Ansicht der Kammer durch ein face-to-face-Verfahren geschützt sein muss. Die Regelung des § 1 Abs. 4 UWG betr. des Ausschlusses eines Vorliegens eines Versandhandels bezieht sich nicht schon auf die bloße Werbung mit indizierten Spielen, soweit sie selbst darin noch nicht inhaltlich zugänglich gemacht wird, wovon hier auszugehen ist, da Gegenteiliges weder ersichtlich noch trotz Hinweis hierauf in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden ist. Es geht darum, dass die Übersendung an Jugendliche soweit als nur möglich ausgeschlossen ist.

2. Überdies und vor allem besteht schon abgesehen davon vorliegend kein glaubhaft gemachter Unterlassungsanspruch aus § 4 Nr. 11 UWG i.V.m § 15 Abs. 1 und 3 JuSchG, obgleich die Kammer davon ausgeht, dass einmal zwar auch neutrale Werbung von § 15 JuSchG erfasst wird, zum anderen nach den von den Parteien in den diversen Verfahren vor der Kammer vorgelegten Auskünften der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien sich eine Indizierung grundsätzlich auf ein Spiel unabhängig davon bezieht, für welches technisches Trägermedium es angeboten und im Bundesanzeiger als indiziert veröffentlicht wird (was indes aus nachfolgenden Gründen hier letztlich offen bleiben kann).

Wenn nach § 1 Abs. 4 JuSchG durch ein ausreichendes Altersverifikationssystem ausgeschlossen ist, dass ein indiziertes Spiel an Jugendliche als Besteller/Empfänger versandt werden kann, liegt kein Versandhandel im Sinne des JuSchG mehr vor. Dann ist nach Ansicht der Kammer § 15 Abs. 1 Nr. 6 JuSchG nicht mehr anwendbar, sondern nur dann wenn die erforderliche Zugangskontrolle gegenüber Jugendlichen nicht gewährleistet ist (so auch Scholz/Liesching, Jugendschutzrecht, 4. Aufl., §. 15 JuSchG Rn. 23). Wenn demgemäß mangels Vorliegen eines Versandhandels § 15. Abs. l Nr. 6 JuSchG nicht mehr greift, kann aber auch die weitere Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 JuSchG nicht mehr angewandt werden. Die Nr. 6 stellt sich für den Versandhandel in einem rein tatsächlichen Sinn verstanden nämlich letztlich als ausschließliche lex specialis dar. Wenn man nämlich trotz nicht Vorliegen eines Versandhandels iSd JuSchG zwar nicht § 1 Abs. 1 Nr. 6 JuSchG, aber gleichwohl dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3 anwendet, dann läuft dies auf ein allgemeines Werbeverbot für indizierte Spiele hinaus auch in dem Fall, dass dem § 1 Abs. 4 JuSchG durch hinreichende Sicherstellung eines Nichtempfangs durch jugendliche Rechnung getragen ist. Es ist zwar sicher möglich, mit zwei Internetportalen zu arbeiten, einem für alle zugänglichen und einem nur nach Altersverifikation für Erwachsene zugänglichem. Das fordert § 1 Abs. 4 JuSchG so aber nicht. Liegt keine hinreichende Zugangskontrolle vor, gilt alleine § 1 Abs. 1 Nr. 6 JuSchG, liegt sie vor, kann nicht auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 JuSchG zurückgegriffen werden, da ansonsten das Herausnehmen aus dem gesetzlichen Begriff des Versandhandels unterlaufen würde, überflüssig wäre.

Es ist aber - abgesehen von der dann gffls. eingreifenden Folge der sekundären Darlegungs- und Beweis- bzw. hier Glaubhaftmachungslast - grundsätzlich Sache eines Anspruchsstellers, das Vorliegen eines Versandhandels darzutun. § 1 Abs. 4 JuSchG lautet bei der hier fraglichen Alternative nämlich nicht dahin, dass es dort etwa »es sei denn....« heißt. Dies vorzutragen ist auch unschwer möglich. Es muss nur vorgetragen werden, ob/dass ohne jegliches Altersverifikationssytem ein Zugang zu den Internetangeboten hier des Klägers möglich war oder wie ein etwa vorhandenes System beschaffen ist. Daran fehlt es.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Der Gegenstandswert war nach § 3 ZPO festzusetzen wie bereits in dem Verfahren 5 HK O 650/05 erfolgt.

Zügler

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