LANDGERICHT LEIPZIG
IM NAMEN DES VOLKES
Aktenzeichen: 05 HK O 650/05
Entscheidung vom 22. November 2005
In dem Verfahren
[...]
wegen einstweiliger Verfügung
erlässt die 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Leipzig durch VRiLG Zögler als Vorsitzenden auf die mündliche Verhandlung vom 03.11.2005 am 22.11.2005 das folgende
URTEIL
1. Auf den Widerspruch des Beklagten vom 11.10.2005 wird die mit Beschluss vom 15.02.2005 erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 14.02.2005 als unzulässig zurückgewiesen
2. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu trägen.
3. Das Urteil ist für den Verfügungsbeklagten hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils für den Verfügungsbeklagten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin (Klägerin) begehrt von dem Verfügungsbeklagten (Beklagten) im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens - über die zwischenzeitlich auch ein Hauptsacheverfahren anhängig ist - wie u.a. auch in einem späteren einstweiligen Verfügungsverfahren und einem zwischenzeitlich verglichenen Unterlassung der Werbung für als jugendgefährdend indizierte elektronische Spiele und die Werbung für im Zeitpunkt der Werbung bzw. der dort zugesagten Lieferzeit noch lieferbare Spiele.
Der Beklagte betreibt ein Internetversandhaus welches Computer- und Videospiele an den Letztverbraucher betreibt.
Die die fast 70jährige Klägerin betreibt unter der Firmierung [...] in Stadthagen ausweislich einer vorgelegten Gewerbeanmeldung und vorgelegten Zeitungsartikeln - und Annoncen seit April 2001 ein kleineres Einzelhandelsgeschäft für einen Handel u.a. mit Computer- und Videospielen und DVDs. Seit 2005 betreibt sie ausweislich einer weiteren Gewerbeanmeldung außerdem ein solches Geschäft erneut in Wunstorf. Neben Teilzeitbeschäftigten ist dort vor allem ihr Sohn tätig. Von einem Großhändler hat sie in 2005 für ca. Euro 18.000 Spiele bezogen. Derzeit unterhält sie keine Homepage mehr. Bislang hat sie - ebenfalls vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten - in jedenfalls sieben weiteren Fällen - neben dem einen Fall, in dem der Abgemahnte sich an die IHK wandte und die anderen Abmahnungen ins Internet stellte - andere Verkäufer solcher Spiele wegen Bewerbung von nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) indizierter Spiele abgemahnt, die Abmahnung in einem Fall nach einer Gegenabmahnung nicht weiter verfolgt, vielmehr die dahin betriebene Homepage abgeschaltet.
Unter dem 24.01.2005 mahnte sie durch Anwaltsschreiben auch den Beklagten ab unter Hinweis darauf, dass sie am 21.01.2005 festgestellt habe, dass er die streitgegenständlichen Spiele im Internet bewerbe und diese indiziert seien. Sie forderte mit diesem Schreiben zur Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafevereinbarung auf, hinsichtlich der auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhang verzichtet werden sollte, und machte dafür Rechtsanwaltsgebühren, von brutto Euro 477,11 geltend. Diese Anforderung wurde mit Rechtsanwaltsschreiben vom 26.01.2005 zurückgewiesen. Auf Antrag vom 14.02.2005 erließ die Kammer mit Beschluss vom 15.02.2004 eine einstweilige Verfügung dahin, dass dem Beklagten untersagt wurde im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem letzten Verbraucher die indizierten Tägermedien »Max Paine« (X - Box) und »Stae of Emergency« (PV) und »Shellshock Mam 67« (X - Box) im Internet so zu bewerben, dass die Werbung Kindern und Jugendlichen zugänglich ist. Außerdem wurde dem Beklagten untersagt, die Computer- und Videospile z.B. »Painkiller« und »Run like Hell« (X - Box) gegenüber dem letzten Verbraucher zu bewerben, soweit sie am Tage des Erscheinens, der Werbung und innerhalb der zugesagten Lieferfrist tatsächlich nicht veröffentlich und/oder erhältlich sind. Insoweit ist zwischenzeitlich das Hauptascheverfahren 5 HK O 2392/05 anhängig. Unter dem 13.04.2005 erließ die Kammer einen Ordnungsgeldbeschluss über Euro 1.500,- wegen Vertriebs der Spiele »Max Payne« Play Station 2 und »Sellshock Nam 67« Play Station 2, wobei hilfsweise für den Fall, dass die einstweilige Verfügung diese Medien nicht erfassen sollten, der Erlass einer weitere einstweiligen Verfügung beantragt, dieser Antrag aber dann zurückgenommen wurde. Wegen des Spiels »Resident Evil 4« (UK - Version) beantragte sie unter dem 24.08.2005 ( 5 HK O 3647/05) den Erlass einer weiteren einstweiligen Verfügung, wobei dieses Verfahren durch Vergleich vom 13.09.2005 endete. Auf Antrag vom 22.09.2005 erging wegen eines weiteren Spiels eine einstweilige Verfügung, gegen die ein noch nicht beschiedener Widerspruch bei der Kammer zwischenzeitlich anhängig ist.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie in einem Wettbewerbsverhältnis mit dem Beklagten stehe und ihr Vorgehen nicht rechtsmissbräuchlich sei, insbesondere nicht der Erzielung von Einnahmen auch ihres Prozessbevollmächtigen diene, er gebe von den Gebühren auch nichts an sie ab. Die Spiele seien sämtlich wirksam nach dem JuSchG indiziert und die Indizierung gelte auch unabhängig von dem in ihrer Veröffentlichung angegebenem Medium wie etwa X-Box allgemein.
Sie beantragt,
unter Zurückweisung des Widerspruchs vom 11.10.2005 die einstweilige Verfügung vom 15.02.2005 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung Vom 15.02.2005 aufzuheben.
Er ist der Ansicht, dass die einstweilige Verfügung bereits unzulässig sei. Wenn denn eine Indizierung vorliege, so doch schon längere Zeit vor der Abmahnung und der Beantragung ihres Erlasses. Sie sei auch missbräuchlich; wenn die Klägerin überhaupt Inhaber eines Gewerbetriebes sei, so beschäftige sie sich nicht schwerpunktmäßig mit dem Verkauf von solchen Spielen und der eine Laden sei nur 3 qm groß und in einem Hinterhof gelegen. Die Abmahntätigkeit erfolge nur zwecks Erzielung von Einnahmen auch zu Gunsten des Bevollmächtigten der Beklagten. Jedenfalls sei sie nicht begründet. Es fehle an einem Wettbewerbsverhältnis und an einer Wettbewerbsabsicht, da nur die von Großhändlern gelieferten Spiele beworben worden seien. Die tatsächlich vertriebenen Spiele seien nur auf solchen Medien vertrieben wurden, auf die sich eine - in ihrer Wirksamkeit bestrittene - Indexierung nicht beziehe, da sich diese nur auf die in deren Veröffentlichung benannten Medien beziehe.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Hörung des präsenten Zeugen [...] zu der Frage der Betriebsgröße und ihm erteilte Auskünfte hinsichtlich der Frage, ob sich eine Indexierung eines Spiels nur auf die bei er Veröffentlichung im Bundesanzeiger angegebenen Trägermedien bezieht oder allgemein zu verstehen ist. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.11.2005 Bl. 124-125 dA Bezug genommen.
Zwecks Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen, und zwar auch auf die Akte des Hauptsacheyerfahrens 5 HK O 2392/05, soweit die Parteien im hiesigen Verfahren auf ihren dortigen Vortrag Bezug genommen haben.
Entscheidungsgründe
Auf den zulässigen Widerspruch hin war die einstweilige Verfügung vom 15.02.2005 aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass als unzulässig abzuweisen.
A.
I.
Der Widerspruch gegen die erlassene einstweilige Verfugung war zulässig.
1. Die Sache ist nicht durch den Vergleich zwischen den Parteien in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 5 HK 3647/05 vom 13.09.2005 mit verglichen.
Dort war zwar das ausdrücklich benannte Spiel nur ausdrücklich nur beispielhaft benannt für die Werbung mit indizierten Spielen, so dass die Abgeltungsklausel in Ziffer 2 des Vergleichs weiter reichen mag als nur auf dieses konkrete Spiel bezogen. Aber ganz abgesehen davon, dass dort nicht auch die Frage des Anbietens noch gar nicht lieferbarer Spiele streitgegenständlich war, folgt schon aus der Regelung, dass das Hauptsacheverfahren zur vorliegenden streitgegenständlichen Verfügung von den Wirkungen des Vergleichs ausdrücklich ausgenommen wurde, dass auch das vorliegende einstweilige Verfügungsyerfahren nicht ausgenommen werden sollte. Der hier wie in dem Hauptsacheverfahren geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen der hier gerade nicht nur beispielhaft genannten Spiele sollte offen bleiben, mithin auch dessen vorläufige Durchsetzung in einem Eilverfahren. Gegenteiliges war denn auch nicht Gegenstand der dortigen Vergleichsverhandlungen, soweit vor der Kammer und nicht vor dem Verhandlungssaal in einer Sitzungspause geführt. Damals ging es auch wesentlich um die Frage des Zugänglichseins für Jugendliche und vor allem darum, ob die Indexierung eines Spiels auf CD auch die für Gameboy etwa beinhaltet, wobei damals noch beide Parteien gegenüber der Kammer (s. den Zwangsmittelbeschluss der Kammer vom 13.04.2005 in hiesiger Sache) die Ansicht vertraten, dass das so nicht der Fall sei, weswegen der Vergleich aus Sicht der Kammer geschlossen wurde (man siehe auch den genauen Beschrieb in Ziffer I. des Vergleichs).
Ob damit andere einstweilige Verfügungen unzulässig geworden sind, soweit nicht der Unterlassungsanspruch auf eine Verletzung des Vergleichs gestützt wird, kann mithin vorliegend dahin stehen.
2. Der Widerspruch ist damit weder bereits wegen des Vergleichs unzulässig noch sonst.
Der Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung datiert zwar vom 11.10.2005, mithin nahezu 8 Monate nach Erlass der einstweiligen Verfügung, und nach dem Beschluss im Ordnungsmittelverfahren vom 31.04.2005 und Einleitung des Hauptsacheverfahrens zur hiesigen einstweiligen Verfügung. Gleichwohl ist er zulässig. Zwar kann nämlich die Einlegung erst nach vielen Monaten rechtsmissbräuchlich sein (KG GRUR 1985, 237; OLG Frankfurt MDR 1956, 622), aber nicht, solange - wie hier der Fall - der Hauptsacheprozess noch läuft (BGH NJW1992,2297).
II.
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war zwar nicht bereits wegen fehlender Eilbedürftigkeit (Verfügungsgrund) unzulässig, jedoch fehlt liegt ein Rechtsmissbrauch nach § 8 Abs. 4 UWG vor, was nach überwiegender Ansicht zur Unzulässigkeit der gerichtlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs nach § 8 UWG führt.
1. Vom Vorliegen eines Verfügungsgrundes (Eilbedürftigkeit) ist nach der Vermutung des § 12 Abs. 2 UWG auszugehen. Eine (Selbst-)Widerlegung liegt nicht vor.
Wie immer man die Frist für eine sog. Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung auch beurteilen mag, so ist das Vorgehen der Klägerin vorliegend nicht so, dass schon von einer Selbstwiderlegung auszugehen wäre.
Mit anwaltlichem Abmahnschreiben vom 24.01.2005 verlangte die Verfügungsklägerin die Unterlassung der beanstandeten Werbung, auf die sie danach am 20.01.2005 aufmerksam geworden war, und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis 02.02.2005, was mit Schreiben vom 26.01.2005 der Bevollmächtigten der Beklagten zurückgewiesen wurde. Mit Schriftsatz vom 14.02.2005 wurde so dann der Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.
Der Verfügungsklägerin kann auch nicht entgegengehalten werden, dass. die fraglichen Spiele - jedenfalls teils - schon länger auf dem Markt und indiziert sind.
Das bedeutet noch nicht, dass ihr bzw. ihrem Sohn schon länger bekannt war, dass der Beklagte die fraglichen Spiele bewirbt. Es kann - entgegen dem Beklagten - auch keine solche Marktbeobachtungspflicht in dem Sinne geben, dass zwecks Meidung einer Selbstwiderlegung ein - gerade kleinerer Gewerbetreibender wie vorliegend - verpflichtet ist, ständig und dann ja auch umfassend den Markt daraufhin zu beobachten, ob alle anderen Marktteilnehmer die jugendschutzrechtlichen Bestimmungen einhalten, um dann sofort unmittelbar nach einem ersten tatsächlichen Verstoß gegen eine solche Vorschrift gegen einen Konkurrenten vorzugehen. Auch wenn die Klägerin im Hauptsacheverfahren vorgetragen hat, dass jeden Tag Jugendliche erscheinen und erklären, dass und wie man im Internet an verbotene Spiele herankomme über Suchmaschinen wie Google, so ändert das nichts. Insoweit argumentiert der Beklagte denn letztlich auch widersprüchlich, wenn er der Klägerin die Abmahnung auch anderer Anbieter als missbräuchlich vorwirft, wobei aber gerade ein solches Vorgehen über Suchmaschinen zu massenhaften Abmahnungen führen muss/kann.
2. Es ist indes jedenfalls bei der gebotenen Abwägung aller Umstände, ein Missbrauch nach § 8 Abs. 4 UWG von dem Beklagten zumindest hinreichend glaubhaft nicht hinreichend gemacht, wobei dahin stehen kann, ob das auch - unter den dann zu stellenden weitergehenden Anforderungen - auch schon als bewiesen anzusehen ist.
a) Aus einer Mehrfachabmahnung bzw. einem mehrfachen Verklagen des Beklagten durch die Klägerin folgt eine Missbrauch - jedenfalls bei isolierter Betrachtung - noch nicht. Es mag sein, dass die Klägerin gegen den Beklagten mehrfach vorgeht. Daraus folgt indes noch nicht, dass eine missbräuchliche Mehrfachverfolgung vorliegt. Es liegen keine gleichzeitig oder mehr oder weniger gleichzeitig erhobene Klagen/einstweilige Verfügungen vor, so dass allenfalls die späteren Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung missbräuchlich sein könnten (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 8 UWG Rn. 4.17). Darüber ist vorliegend nicht zu entscheiden.
Der - inzwischen verglichene - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der Sache 5 HK O 3647/05 datiert nämlich vom 24.08.2005, der in der Sache 5 HK O 4007/05 vom 22.09.2005.
b) Es mag womöglich nicht hinreichend glaubhaft gemacht sein, dass zwischen der Klägerin und ihrem Bevollmächtigten eine Gebührenteilung stattfindet bzw. Abmahnungen und Anträge auf Erlass einstweiliger Verfügungen nur oder zumindest hauptsächlich im Gebühreninteresse des Bevollmächtigten der Klägerin erfolgen. Indes ist hinreichend glaubhaft gemacht bzw. trifft die Klägerin zumindest die objektive Beweislast insoweit, dass von einem eigenen Einnahmeerzielungsinteresse der Klägerin auszugehend wobei eine völlig andere Frage die eines Beweises dessen ist. Auf diese Frage wird es erst in der Hauptsache ankommen.
aa) Hierfür muss die Erzielung - von Einnahmen - auch zugunsten eines nahe stehenden Anwaltes - zumindest im Vordergrund stehen, wofür eine umfangreiche Abmahntätigkeit indes hoch kein Indiz (OLG Köln GRUR 1993, 571; OLG München NJWE - WettbR 1998, 29, 30), vielmehr erforderlich ist, dass sich die Abmahntätigkeit verselbständigt, in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zur eigentlichen Geschäftstätigkeit mehr steht und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenzahlungsinteresse mehr bestehen kann (BHG GRUR 2001, 260, 261). Dabei trifft nach zwar streitiger, aber nach Meinung der Kammer zutreffender Ansicht die objektive Beweislast hierfür die Klägerin (so OLG Köln WRP 1999, 357, -361 mwN; aA Kohle aaO. § 8 UWG Rn. 4.25 mwN.) und hat die Kammer für das Hauptsacheverfahren wegen des insoweit geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes bzw. Freibeweises das Erheben der angebotenen Beweise angekündigt und Auflagen erteilt. Aber ebenso ist es zutreffend, dass die Klägerin auch im Verfügungsverfahren sogar die allgemeinen Prozessvoraussetzungen darzulegen und glaubhaft zu machen hat nach §§ 920; 936 ZPO (Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 920 Rn. 15; Teplitzky, JuS 1981, 122, 124), wobei eine Amtsermittlung hier - anders als im Hauptsacheverfahren - indes gerade ausscheidet (Bernecke, Die einstw. Verfügung in Wettbewerbssachen, Rn. 154). Das alles setzt mithin zwar weiter voraus, dass hier die Beklagte überhaupt erstmal einen Gebührenmissbrauch substantiiert darlegen und dafür Beweis antreten bzw. im Rahmen einer einstweiligen Verfügung solche glaubhaft machen muss (OLG Köln aaO. und GRUR 1993, 571=MDR 1993, 634 f.; Köhler aaO.), bevor sich die Frage eines Überganges der (objektiven) Beweislast bzw. vorliegend der Glaubhaftmachungslast auf die Klägerin überhaupt stellen kann, ansonsten eben vom Normalfall auszugehen ist, dass kein Gebührenmissbrauch vorliegt. Aber die Beklagte hat einen Missbrauch jedenfalls bei Gesamtwürdigung aller Umstände nunmehr zumindest hinreichend glaubhaft gemacht (nicht notwendig bereits bewiesen):
bb) Davon war nach dem Glaubhaftmachungsstand zwar noch nicht auszugehen, soweit es um eine Teilung der Anwaltsgebühren geht.
Trotz der Bezugnahme im hiesigen Vortrag auf den in der Hauptsache, waren seitens des Beklagten keine präsenten Beweismittel angeboten (wurde sich in der Hauptsache nur auf den anwesenden Sohn der Klägerin bezogen, nicht aber auf den dann auch noch in der sich anschließenden hiesigen Verhandlung, wobei dahin stehen mag, ob auch den dortigen Beweisangeboten- Hauptbevollmächtigter und Sohn der Klägerin, mithin die Gegenseite, - überhaupt festgehalten wurde/wird nach Hinweisen der Kammer auch auf ein vom Hauptbevollmächtigten angestrengten einstweiligen Verfügungsverfahren wegen dieser prozessualer Behauptungen hier).
In der vorliegenden Sache wurden vielmehr, seitens der Klägerin ihre Beschäftigungsverhältnisse und Umsätze für einen ihrer beiden Läden offen gelegt, wobei offenbar zwar die steuerlichen Grenzwerte nicht überschritten sein dürften, so dass noch eine bloße Einnahme-/Überschussrechnung ausreicht, sie sich aber bei einem durchschnittlichen Umsatz von Euro 197.265,89 brutto aus zwei Jahren aber - für sich betrachtet - doch nicht zwingend als so gering darstellen, dass ihre Abmahntätigkeit auch und gerade gegenüber dem Beklagten wirtschaftlich von vornherein völlig unverständlich erschiene, zumal es sich auch nicht so verhält, dass diese handvoll anderer Abmahnungen dann auch gar sämtlich nicht durchgesetzt worden wäre oder überhöhte Abmahngebühren verlangt worden wären. Auch einem kleinen lokalen Händlern muss es jedenfalls grundsätzlich möglich sein, sich gegen mehrere per Internet tätige, größere Wettbewerber zu wenden. Es erscheint auch nicht als von vornherein ausgeschlossen, dass sich ein stationärer Händler auf dem auch von (ausländischen sogar) Internethändlern, frequentierten Markt für elektronische. Spiele gegen eine Vielzahl von Anbietern indizierter Spiele wendet, auch wenn man sich fragen mag, ob das nicht ein Kampf gegen Windmühlen ist und warum sich gerade ein kleiner Wettbewerber dessenthalben nicht an Verbände etc. wendet.
cc) Etwas anderes ergibt sich nach Ansicht der Kammer indes aus einer Gesamtschau dessen gerade mit dem mit Schreiben vom 24.02.2005 und vor allem damit, dass offenbar nicht nur im vorliegenden Fall eine Vertragsstrafe unter Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhanges abverlangt wurde.
aaa) Damit mag zwar für sich alleine gesehen noch nicht zumindest glaubhaft gemacht - ob auch im Rahmen eines Hauptsacheverfahren schon bewiesen, ist ohnehin eine andere Frage, die hier dahin stehen kann - sein, dass die Klägerin die hier vorangegangene Abmahnung oder die vorliegend streitgegenständliche und/oder gar andere einstweilige Verfügungen auf Unterlassung der wettbewerbswidrigen Werbung mit indizierten Spielen sachfremd überwiegend auch zur Einnahmeerzielung zu nutzen gedenkt bzw. von Anfang gedachte.
Für die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung ist auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch abzustellen. Das dann auch beantragte und festgesetzte Ordnungsgeld kommt nicht der Antragstellerin zu Gute, sondern der Staatskasse. Auch ist das etwas anderes als die Verwirklichung einer im Rahmen einer strafbewehrten Unterlassungserklärung versprochenen Vertragsstrafe, deren Wirkung im Falle der nicht Abgabe einer solchen nicht gleichsam nachgeholt werden kann. Allerdings ist zu beachten, dass dieses Schreiben erst erfolgte, als der Beklagte aus Sicht der Klägerin wie auch der Kammer (s. den Ordnungsgeldbeschluss) gegen die einstweilige Verfugung verstieß, wobei bei isolierter Betrachtung nicht (zwingend) davon ausgegangen werden kann, dass das von vornherein für die Klägerin als zwingend absehbar gewesen wäre und damit die Möglichkeit eines solchen Schreibens, wenn auch der sehr zügige Ablauf auffallen mag gerade vor dem Hintergrund der rechtlichen Diskussion um eine Schonfrist: Erhalt des Beschlusses am Freitag, den 22.02.05, ZU an Beklagte am 22.02., Kontrolle von dessen Homepage am 23.02., Antrag auf Ordnungsgeld unter dem 28.02.05, gepaart mit einem neuen hilfsweisen Antrag auf Erlass einstweiligen Verfügung. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ordnungsgeldverfahren später durchgeführt wird, ist nach den bisherigen Erfahrungen der Kammer aber auch nicht auszuschließen. Allerdings ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass auch in anderen Fällen so vorgegangen wurde.
bbb) Allerdings ist ein Indiz für einen Missbrauch, wenn systematisch in den mit Abmahnschreiben zwecks Abgabe übersandten strafbewehrten Unterlassungserklärung im Rahmen der dortigen Vertragsstrafe ein Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs gefordert wird (BGHZ 121, 13, 21 f für AGB eines Wettbewerbsvereines; das zutreffend verallgemeinernd Köhler aaO. § 8 UWG Rn. 4.12), was in der vorliegenden zumindest gegeben ist in deren Ziffer 3. Es kommt hinzu, dass nach dem in Bezug genommenen Vortrag des Beklagte in der Hauptsache ausweislich eines dortigen Internetauftritts gleiche Abmahnungen an mindest 8 namentlich bekannte Vertreiber ergingen mit dann auch gleichem Verlangen hinsichtlich der Vertragsstrafe zzgl. einer weiteren unbekannten Zahl abgemahnter. Dieser Vortrag ist hier wie dort so unbestritten geblieben.
Sieht man nun alle vorstehend angesprochenen Aspekte zusammen, dann ist damit aber bei einer Gesamtschau zumindest glaubhaft gemacht, dass es der Klägerin/ihrem Sohn im Wesentlichen auch um eine Einnahmeerzielung geht, und zwar selbst dann, wenn keine Teilung der Gebühren mit dem Bevollmächtigten erfolgen sollte, so dass das hier sogar dahin stehen kann. Ein doch relativ kleiner Betrieb mahnt doch, etliche Internetkonkurrenten ab, verlangt den Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs und wendet sich dann noch vor einem Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes zumindest in einem Falle an den Gegner, um ein solches gegen Zahlung einer nicht vereinbarten Vertragsstrafe abzuwenden, geht dann später wegen weiterer Verstöße gegen diesen vor, wobei dahin stehen mag, ob die dann verfolgten Verstöße nicht bereits der »ersten Kontrolle« des Internetangebotes des Beklagten schon erkennbar waren/erkannt wurden. Alles zusammen, auch schon ohne die späteren Anträge, indiziert ein eigenes Einnahmeinteresse zumindest nachhaltig.
B.
Die Frage des Bestehens eines Verfügungsanspruchs bedurfte damit keiner Entscheidung mehr.
Es kann daher offen bleiben, ob die Begründung der Kammer in dem hier aufgehobenen Beschluss überhaupt so in allen Aspekten zutrifft und an ihr vollumfänglich auch hinsichtlich der Beweislast festgehalten wird, dass dann, wenn die Klägerin zwar nicht beweist/glaubhaft macht, dass der Beklagte wegen § 1 Abs. 4 letzte Alt. JuSchG auf Grund nicht hinreichendem Schutzes gegen Zugriffe durch Jugendliche - es wurde bereits in der Verhandlung zu 5 HK O 3647/05 darauf hingewiesen, dass dies eine face to face Kontrolle erfordern dürfte - zwar nicht als Versandhandel anzusehen ist, womit nicht § 15 Abs. 1 Nr. 4 JuSchG anzuwenden sei, er vielmehr dem § 15 Abs. 1 Nr. 6 JuSchG unterfalle. Zwar bleibt es dabei, dass er (auch) dem § 15 Abs. 1 Nr. 6 JuSchgG unterfällt, wird im Internet ohne eine solche Zugangskontrolle (s. Scholz/Liesching, 4. Aufl., § 15 JuSchG Rn. 23) geworben, obwohl dann schon §15 Abs. Nr. 4 JuSchG einschlägig sein dürfte, fraglich ist indes, wer das Fehlen/Vorhandensein einer solchen wirksamen Zugangskontrolle darzulegen/glaubhaft zu machen/zu beweisen hat. Ist eine solche ausreichende Kontrolle vorhanden, hätte die Kammer indes weder § 15 Abs. 1 Nr. 4 noch Nr. 6 JuSchG (mehr) angewendet.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 6,711 ZPO.
Der Gegenstandswert war bereits festgesetzt.
Zügler