LG München, Urt. v. 14.01.99, 4HK 0 16788/98 - Medizinischer Informationsdienst

Im Rahmen eines medizinischen Informationsdienstes ist es nicht erlaubt, konkrete Angaben über »Besuche von Weiterbildungsveranstaltungen«, über »Referententätigkeiten« sowie über von den jeweiligen Ärzten selbstverfasste »Veröffentlichungen und/oder Bücher« zu speichern und weiterzugeben.

 

bayern

LANDGERICHT MÜNCHEN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 4HK 0 16788/98
Entscheidung vom 14. Januar 1999

 

In dem Rechtsstreit

[...]

wegen Unterlassung

erlässt das Landgericht München I, 4. Kammer für Handelssachen, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.11.1998 folgendes

Endurteil

I. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs potentiellen Patienten Ärztinnen und/oder Ärzte zusammen mit deren Behauptungen

1. zu regelmäßigen Besuchen von Weiterbildungsveranstaltungen,

2. zu Referententätigkeit auf Fachveranstaltungen sowie

3. zu (ihren) Veröffentlichungen und/oder (ihren) Büchern zu benennen.

II. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Ziffer I. wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld von DM 5,-- bis zu DM 500.000,--, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

III. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 7/10 und der Beklagte 3/10.

V. Das urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin in Höhe von DM 31.400,-- und für den Beklagten in Höhe von DM 3.300,-- .

Der Klägerin wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft der Deutschen Apotheker- und Ärztebank eG zu erbringen.

Tatbestand

Die Klägerin ist die berufsständische Organisation der Ärzte Bayerns. Der Beklagte betreibt bis heute unter der Bezeichnung »top-medic medizinischer Informationsdienst« die Vermittlung von Patienten an Ärzte. Er wirbt dafür bei potentiellen Patienten mit einem Prospekt »Wie finde ich den richtigen Arzt?« und bietet an, gezielt den Wunschmediziner zu suchen und diesen ausweislich des Werbeprospektes (Anlage K 1) mit detaillierten Informationen über Fachgebiete, Spezialisierung und Qualifikation über Telefon und Internet zu benennen, wofür der Anfragende DM 2,40 pro Minute zu zahlen habe.

Um entsprechende Auskünfte erteilen zu können, fordert der Beklagte Ärztinnen und Ärzte auf, sich in eine von ihm eingerichtete Datenbank eintragen zu lassen. Er gibt zu diesem Zwecke Anmeldeformulare aus, die vier verschiedene Informationsrubriken aufweisen, nämlich

1. Abschnitt »BASIC« mit Angaben über

Praxis-/Klinikname,
Name und Vorname,
Straße,
PLZ Ort/Ortsteil,
Bundesland,
Telefon,
Fax und
medizinische Fachgebiete, wie z.B. Allgemeinmedizin, Anästhesiolgie, Augenheilkunde, Chirurgie, etc.;

2. Abschnitt »LITE« mit Angaben über

Sprechzeiten,
Hausbesuche?,
nur Privatpatienten?,
Belegarzt am Krankenhaus;

3. Abschnitt »BUSINESS« mit Angaben über

Schwerpunkte, wie z.B. Gefäßchirurgie, Thoraxchirurgie, Unfallchirurgie, Angiologie, Kardiologie, etc.,
Bereiche, wie z.B. Allergologie, Betriebsmedizin, Naturheilverfahren, Sportmedizin, Umweltmedizin, etc.,
spezielle Kenntnisse bei bestimmten Krankheiten,
spezielle Kenntnisse bei bestimmten Operationsmethoden-/Behandlungsmethoden ;

4. Abschnitt »PREMIUM« mit Angaben über

fakultative Weiterbildung, wie z.B. klinische Geriatrie, spezielle Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie, Molekularpathologie, etc.,
Angaben zur Praxis, Lage und Verkehrsanbindung, Geräteausstattung, durchschnittliche Wartezeit mit/ohne Termin, etc.,
weitere Abgaben: Geburtsdatum, weitere Titel, regelmäßiger Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen, Referent auf Fachveranstaltungen/ Veröffentlichungen/ Bücher (Erscheinungsdatum und Titel).

Der Zugang zum Verzeichnis des Beklagten steht allen Ärztinnen und Ärzten offen. Den »BASIC«-Eintrag nimmt der Beklagte entsprechend seiner Ankündigung, z.B. auf dem Anmeldeformular, kostenlos vor; im übrigen haben diese an den Beklagten folgende Jahresbeiträge inkl. Mehrwertsteuer zu erstatten:

a) für den »LITE«-Eintrag, der die Eintragung in »BASIC« mit einschließt; DM 99,--,

b) für den »BUSINESS«-Eintrag, der die Eintragungen in »BASIC« und »LITE« mit einschließt: DM 179,-- bzw.

c) für den »PREMIUM«-Eintrag, der die Eintragungen in »BASIC«, »LITE« und »BUSINESS« einschließt: DM 249,--.

Über das Internet sind Interessenten in der Lage, Zugriff auf die EDV-unterstützte Datenbank des Beklagten zu nehmen. Die Leistungen und der Dienst des Beklagten sind vergleichbar mit der eigenen Werbung von Ärzten auf deren »Homepage« im Internet. Mit Schreiben vom 03.09.1998 hat der Beklagte Herrn [...] in München die Anmeldeunterlagen für die Eintragung in die Ärztedatenbank »topmedic« übersandt. Mit Schriftsatz vom 16.09.1998, eingegangen am 17.09.1998, hat die Klägerin die gegenständliche Klage eingereicht.

Die Klägerin ist der Ansicht, gemäß § 27 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns (BO) sei es dem Arzt nicht gestattet, für seine berufliche Tätigkeit zu werben, er dürfe entsprechendes nicht veranlassen oder dulden. Sachliche Informationen seien ihm im Rahmen des Kapitels D Nr. 1-6 der BO gestattet. So dürfe er sich nach Nr. 3 Abs. 4 aaO in für die Öffentlichkeit bestimmte Informationsmedien eintragen lassen, wenn das Medium allen Ärzten zu denselben Bedingungen gleichermaßen mit einem kostenfreien Grundeintrag offen stehe und die Eintragungen sich auf die gemäß Nr. 2 aaO ankündigungsfähigen angaben beschränkten. Weitere Angaben seien gemäß Nr. 3 Abs. 4 a.E. aaO nur dann im Rahmen des Absatzes 3 der Nr. 3 aaO zulässig, wenn sie vom Verleger des Verzeichnisses vor der Veröffentlichung mit der Klägerin abgestimmt worden seien. Gegen diese Regel verstoße der Beklagte. Dadurch, dass Ärzte das Eintragungsformular ausfüllen und die Werbung bei potentiellen Patienten dulden, würden sie gegen § 27 BO verstoßen, wofür der Beklagte als Störer hafte. Der Beklagte könne sich nicht auf Kapitel D Nr. 6 der BO berufen, da er kein Computerkommunikationsnetz betreibe, aber selbst dann würden die Regelungen der Nr. l, 2 und 3 des Kapitels D der BO durchgreifen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. im Rahmen der Werbung für einen medizinischen Informationsdienst die Erteilung von Auskünften über Spezialisierungen und Qualifizierungen von Ärztinnen und Ärzten anzubieten, die weiterreichen als die Nennung des Fachgebietes und die von Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnung, wie geschehen in der Anlage K l, sowie

2. potentiellen Patienten Ärztinnen und/oder Ärzte zusammen mit deren Behauptungen zu

a) speziellen Kenntnissen bei bestimmten Krankheiten,

b) speziellen Kenntnissen bestimmter Operationsmethoden und/oder Behandlungsmethoden,

c) regelmäßigen Besuchen von Weiterbildungsveranstaltungen,

d) Referententätigkeit auf Fachveranstaltungen sowie

e) Veröffentlichungen und/oder Büchern zu benennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet punktuell, der Beklagte sei kein Arzt und könne daher nicht gegen die Berufsordnung für Ärzte in Bayern verstoßen. Die Aktivlegitimation der Klägerin sei fraglich, da der rege Zuspruch seitens der Ärzteschaft, den der Beklagte erfahre, zeige, dass die Klägerin eben gerade nicht die Interessen ihrer Mitglieder wahrnehme. Mit ihrem Verhalten setzte sich die Klägerin in Widerspruch, da sie selbst einen eigenen Informationsdienst gleichen Zuschnittes aufbaue und die Klage die Ausschaltung von Informationsdiensten wie den des Beklagten bezwecke. Dieser sei mit dem gelockerten und geänderten Werbeverbot der BO Bayern, was die Werbemöglichkeit der Ärzte im Internet betreffe, vergleichbar. Im Wege der Interessenabwägung zwischen den Parteien genieße die Tätigkeit des Beklagten auch im Hinblick auf das Informationsbedürfnis von Patienten und Hilfesuchenden vorrangiges und überwiegendes Interesse. Eine Beschränkung würde zudem gegen Art. 12 Abs. l GG verstoßen, insbesondere auch gegen die Grundsätze des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes des Beklagten. Im übrigen kenne die Klägerin die Dienste des Beklagten bereits seit über einem Jahr in aller Ausführlichkeit, weshalb die Einrede der Verjährung, hilfsweise der Verwirkung, erhoben werde. Rein vorsorglich weise der Beklagte hin, dass die Klage aus materiellen Gründen keinen Erfolg haben könne. Es liege kein Verstoß gegen die Berufsordnung der Ärzte Bayerns vor, ebenso wenig eine unzulässige Werbung. Ein potentieller Patient werde nicht beeinflusst, sondern besitze selbst Entscheidungsfreiheit, ob er sich telephonisch oder per Internet mit dem Beklagten in Verbindung setze.

Der Beklagte weist hin, dass der Grundeintrag »BASIC« kostenlos erfolge und die zu erfragenden Angaben grundsätzlich der Nr. 2 des Kapitels D der ergänzenden Bestimmungen zu einzelnen ärztlichen Berufspflichten (zulässige Angaben auf Praxisschildern) entsprächen.

Zu den Eintragungen unter »LITE« merkt er an, dass die Angabe der Sprechzeiten gemäß Nr. 5 Abs, 3 i.V.m. Nr. 6 aaO erlaubt sei. Darüber hinaus sei unter dem Begriff »Organisation« in Nr. 5 Abs. 3 aaO auch an einem Eintrag »Hausbesuche« und »nur Privatpatienten« nichts auszusetzen. Der Eintrag »Belegarzt« entspreche Nr. 2 Abs. 4 aaO.

Bei den wesentlichen Angaben unter der Rubrik »BUSINESS« handle es sich um sachliche Informationen medizinischen Inhalts und gewisse Beschreibungen besonderer Untersuchungs- und Behandlungsverfahren, die Nr. 5 aaO beinhalte. Da Nr. 6 aaO öffentlich abrufbare Arztinformationen in Computerkommunikationsnetzen erlaube, auch Mitteilungen der Nr. 5 im "Internet" zu verbreiten, seien die Angaben zu »speziellen Kenntnissen bei bestimmten Krankheiten« und zu »speziellen Kenntnissen bei bestimmten Operations-/Behandlungsmethoden« nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der Angaben zum Abschnitt »PREMIUM« sei verwiesen auf die obigen Ausführungen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Sachvortrag der Parteienvertreter, wie er in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen zum Akteninhalt geworden ist. Der Beklagte hat zum Beweis des geschilderten und jeweils entsprechenden Gesprächsablaufes bei Anruf von Patienten oder Interessenten die Einvernahme der Zeugin [...] (zu laden über den Beklagten) angeboten. Von einer Einvernahme der Zeugin hat die Kammer abgesehen.

Die mündliche Verhandlung wurde am 19.11.1998 geschlossen; der anschließend gestellte Vollstreckungsschutzantrag des Beklagten vom 18.12.1998 wurde bei der Entscheidung nicht mehr berücksichtigt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet, soweit der Beklagte Ärztinnen und Ärzten in Überschreitung der Werbemöglichkeiten gemäß der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns (BO) ermöglicht, über persönliche Besuche von Weiterbildungsveranstaltungen, über Referententätigkeiten auf Fachveranstaltungen sowie über eigene Veröffentlichen und/oder selbstverfasste Bücher im Rahmen ihrer Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit zu berichten. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

I. Zulässigkeit

Der Beklagte hat seine gewerbliche Niederlassung in 85635 Höhenkirchen, mithin im Bezirk des Landgerichts München I. Das erkennenden Gericht ist daher örtlich zuständig, § 24 Abs. l Satz l UWG; dessen sachliche und die funktionelle Zuständigkeit der Handelskammer folgen aus §§ 23, 71 Abs. l und § 95 Abs. l Ziffer 5 GVG.

II. Begründetheit

1. Aktivlegitimation:

Die Klägerin ist aktivlegitimiert, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Klägerin ist satzungsgemäß als berufsständische Organisation der Ärzte Bayerns gegründet und besitzt als Körperschaft des öffentlichen Rechts Rechtsfähigkeit. Unbestritten ist .die Klägerin nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande, ihre satzungsgemäßen Aufgaben zu erfüllen.

Soweit der Beklagte einwendet, die Klägerin würde teilweise gegen die Interessen der von ihr vertretenen Ärztinnen und Ärzte handeln, mag dies in Einzelfällen zutreffen. Der Beklagte übersieht jedoch, dass die Klägerin nicht nur das einzelne Mitglied, sondern darüber hinaus auch den Berufsstand der Ärzte Bayerns als solchen zu vertreten hat. In diesem Spannungsfeld, in dem die Ärzteschaft der Allgemeinheit gegenüber bzw. in der Öffentlichkeit auftritt, mag es Fälle geben, in denen ein einzelnes Mitglied mit der Organisationsführung nicht in Einklang steht. Diese Tatsache nimmt der Klägerin jedoch nicht die grundsätzliche Klagebefugnis gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

2. Klageantrag 1.:

Der Klageantrag 1. ist nicht begründet.

Auf Hinweis des Gerichts, dass dieser Antrag zu eng bzw. nicht präzise genug gefasst sei, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Antrag nach dem Begriff »Zusatzbezeichnung« mit dem Einschub »wie geschehen in der Anlage K 1« erweitert. In der Anlage K l ist die Rede von detaillierten Informationen. Dort heißt es: Wir bieten detaillierte Informationen über Fachgebiete, Spezialisierung und Qualifikation. Außerdem ausführliche Angaben über die Ausstattung, Größe und Lage der Praxis. Grundsätzlich ist es dem Arzt gestattet, ein Praxisschild anzubringen, Kapitel D Nr. 2 Abs. l BO, uns so der Öffentlichkeit z.B. die Lage seiner Praxis aufzuzeigen. Soweit die Klägerin durch ihre Bezugnahme auf die Anlage K l und mithin auf den Absatz »Gezielten Wunschmediziner suchen« die Vermittlung des Arztes unter Hinweis auf dessen »neueste Kenntnis aus der Medizin« untersagt wissen will, verkennt die Klägerin, dass es einem Arzt gemäß Kapitel D Nr. 2 Abs. l BO gestattet ist, auf seinem Praxisschild der Öffentlichkeit eine führbare Arztbezeichnung nach der Weiterbildungsordnung (Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnung) anzugeben. Mit der Bekanntgabe z.B. des eben erworbenen Facharzttitels gibt der Arzt nach Ansicht der Kammer seine neueste Kenntnis aus der Medizin bekannt. Solches kann aber dem Arzt nicht verwehrt werden.

Da der Antrag l. der Klägerin in seiner generellen Fassung nicht ausreichend differenziert, d.h. erlaubte Tätigkeiten, wie dargelegt, nicht ausklammert, kann ihm ein Erfolg nicht beschieden sein. Hilfsweise sei angemerkt, dass die Klägerin, die sich nicht grundsätzlich gegen den Informationsdienst des Beklagten wendet, in ihrem Klageantrag 2. konkrete Positionen benennt, die sie untersagt wissen will. Durch diese Art der Antragsformulierung wird offenbar, dass der Antrag l. auf Verbote abzielt, die letztlich nicht genannt sind. Ein solches Urteil mit ungenannten Unterlassungsgeboten wäre letztlich nicht vollstreckbar, da jeweils erst geklärt werden müsste, ob eine konkrete Handlung unter das mit unbe- stimmten Rechtsbegriffen formulierte Verbot subsumiert werden kann. Der Klageantrag l. ist daher nicht ausreichend präzisiert.

3. Klageantrag 2.:

a) Der zweite Antrag (lit. c, d und e) der Klägerin ist begründet, soweit der Beklagte im Rahmen seines Informationsdienstes konkrete Angaben über »Besuche von Weiterbildungsveranstaltungen«, über »Referententätigkeiten« sowie über von den jeweiligen Ärzten selbstverfasste »Veröffentlichungen und/oder Bücher« speichert und weitergibt.

b) Im übrigen ist der Klageantrag 2. lit. a und b nicht begründet .

zu a) :

Angaben der Ärzte über spezielle Kenntnisse »bei bestimmten Krankheiten« bzw. »bestimmter Operationsmethoden und/oder Behandlungsmethoden« verstoßen unter gewissen Voraussetzungen nicht gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen. Solche befreienden Voraussetzungen sieht die Kammer für die beiden genannten Angabenbereiche gegeben. Grundsätzlich gestattet Kapitel D Nr. 5 als Ausnahme zu dem in § 27 BO verankerten generellen Werbeverbot des Arztes, gewisse Patienteninformationen in den Praxisräumen. So sind dort »sachliche Informationen medizinischen Inhaltes« i.S.d. Nr. 5 Abs. 2 aaO. und »organisatorische Hinweise zur Patientenbehandlung« i.S.d. Nr. 5 Abs. 3 aaO. zulässig. Sachliche Informationen medizinischen Inhalts sind laut Nr. 5 Abs. 2 aaO. Beschreibungen bestimmter Vorgehensweisen, die in der Praxis des Arztes zur Vorbereitung des Patienten auf spezielle Untersuchungen oder Behandlungsmaßnahmen für zweckmäßig erachtet werden, oder Hinweise auf einzelne besondere Untersuchungs- und Behandlungsverfahren des Arztes im Rahmen seines Fachgebietes, die nicht den Kern der Weiterbildung ausmachen. Um entsprechende sachliche Informationen medizinischen Inhaltes gegenüber zu behandelnden Patienten aufstellen zu können, sind Kenntnisse über bestimmte, nämlich die in der konkreten Praxis zu behandelnden Krankheiten unabdingbare Voraussetzung. Die Darlegung der Erfüllung dieser Voraussetzung kann nicht rechtswidrig sein. Ebenso verhält es sich mit den Kenntnissen des Arztes über bestimmte Operations- und Behandlungsmethoden, die er in seiner Praxis anzuwenden in der Lage ist.

Die Kammer subsumiert »Kenntnisse des Arztes über bestimmte Krankheiten bzw. Operations- und/oder Behandlungsmethoden« unter den Oberbegriff »Beschreibungen bestimmter Vorgehensweisen« der Nr. 5 Abs. 2 aaO. mit der Folge, dass dem Arzt diesbezügliche Angaben in seinen Praxisräumen gestattet ist. Nr. 6 aaO. bestimmt nun in Satz l allgemein, dass für öffentlich abrufbare Arztinformationen in Computerkommunikationsnetzen u.a. die Vorschriften des Kapitels D Nrn. l, 2 und 3 BO entsprechend gelten. Soweit nach diesen Vorschriften, insbesondere Nr. 3 Abs. 4 a.E. aaO., vor der Veröffentlichung von Eintragungen in für die Öffentlichkeit bestimmte Informationsmedien eine Abstimmung mit der Klägerin als dort genannte »Kammer« herbeizuführen ist, ist von dieser Verpflichtung im nachfolgenden Satz 2 der Nr. 6 aaO. eine Ausnahmeregelung statuiert: Die Veröffentlichung von nur für die Patienteninformation in Praxisräumen zugelassenen Mitteilungen (Kapitel D Nr. 5) ist in Computerkommunikationsnetzen gestattet, wenn technisch sichergestellt ist, dass der Nutzer beim Suchprozess zunächst nur den Zugang zu einer Homepage des Arztes erhält, welche ausschließlich die für das Praxisschild zugelassenen Angaben enthält und erst nach einer weiteren Nutzerabfrage die Praxisinformationen zugänglich gemacht werden. Grundsätzlich betreibt der Beklagte ein sog. Computerkommunikationsnetz. Er ist mit seiner Datenbank, die er mit Hilfe seines Computers aufbaut und unterhält, über das Internet verbunden mit dem jeweiligen Rechner (Computer), den der interessierte Patient dann benutzen muss, wenn er seinerseits nunmehr über das Internet Zugriff auf den dadurch mit ihm »vernetzten« Rechner (Computer) des Beklagten nimmt, um die dort gespeicherten Informationen abrufen zu können.

Nimmt der Interessierte via Internet mit dem Computer des Beklagten Kontakt auf, so läuft der Datenzugriff ab, wie er in Nr. 6 Satz 2 aaO. beschrieben ist. Dies folgert die Kammer aus der Tatsache, dass die Klägerin die Behauptung des Beklagten nicht bestritten hat, dass »die Leistungen und der Dienst des Beklagten vergleichbar mit der eigenen Werbung von Ärzten auf deren »Homepage« im Internet« seien.

Da also der Beklagte ein Computerkommunikationsnetz betreibt und die Eintragungen über »spezielle Kenntnisse zu bestimmten Krankheiten bzw. Operations- und/oder Behandlungsmethoden« erlaubten Veröffentlichungen von Patienteninformationen in Praxisräumen entsprechen, stellt die Kammer fest, dass Ärztinnen und Ärzte, die die genannten Angaben an das Computerkommunikationsnetz des Beklagten weitergeben, nicht rechtswidrig im Sinne der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns verhalten. Ist das Verhalten der Ärzte aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, vermag die Klägerin dem Beklagten insoweit nicht Einhalt zu gebieten. Soweit der Arzt rechtmäßig handelt, kann das hieran anknüpfende Verhalten des Beklagten nicht rechtswidrig sein. Da die Klägerin in ihrem Klageantrag 2. nicht zwischen den tatsächlichen Möglichkeiten der Informationsweitergabe per Telefon bzw. via Internet unterscheidet, ist dieser Antrag, soweit er sich in seiner ersten und zweiten Variante lit. a und lit. b auf die genannten »Praxisraum-Informationen« bezieht, nicht begründet.

zu b):

Im übrigen ist die Klage (Antrag 2. lit. c, d und e) begründet.

Unabhängig, ob per Telefon oder via Internet sog. Arzt-Informationen über »regelmäßige Besuche von Weiterbildungsveranstaltungen« oder »Referententätigkeiten auf Fachveranstaltungen« oder »selbstverfasste Veröffentlichungen und/oder selbstgeschriebene Bücher«, abrufbar sind, ist insoweit festzustellen, dass die BO in Kapitel D diesbezüglich keine Ausnahmeregelungen von dem einem Arzt grundsätzlich auferlegten Werbeverbot gemäß § 27 BO enthält. Weder lassen sich diese Angaben den zulässigen Informationen auf einem Praxisschild (Kapitel D Nr. 2 BO) noch den in Praxisräumen erlaubten Patienteninformationen (Kapitel D Nr. 5 BO) zuordnen. Da die genannten Angaben über »Weiterbildung«, »Referententätigkeit« oder »literarisches Wirken« andererseits als Auswahlkriterien und somit letztlich der Patientenzuführung dienen sollen, sieht die Kammer hierin Werbemaßnahmen der Ärzte, die durch die BO nicht gedeckt sind. Der Grundeintrag »BASIC« ist kostenfrei. Für die Speicherung dieser weiteren Zusatzinformationen, wie oben genannt, unter der Rubrik »PREMIUM« fordert der Beklagte eine Jahresgebühr von DM 249,-- . Damit ist dieses Speichermedium nicht mehr allgemein, sondern nur auserlesenen Kreisen zugänglich. Wer sich nur durch den Besitz von Geldmitteln im Rahmen unerlaubter Werbung gegenüber seinem Mitbewerber, hier durch vermehrte Auswahlkriterien, einen Vorteil zu erringen vermag, verletzt den Wertmaßstab der Chancengleichheit, der dem Wettbewerbsrecht zugrunde liegt. Ein Arzt, der in der beschriebenen Weise gedankenlos, d.h. unter Außerachtlassen zumutbarer Sorgfaltspflichten, Informationen der beschrieben Art an den Beklagten zum Zwecke der Veröffentlichung weitergibt, handelt zumindest fahrlässig in sittenwidriger Weise.

Durch die Mitteilung entsprechender, aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu beanstandender Daten an den Beklagten zur ständigen Weitergabe an potentielle Interessenten ist eine stete Wiederholungsgefahr gegeben, zumal der Beklagte die Daten der jeweiligen Ärzte in der Absicht entgegennimmt, sie in jedem Bedarfsfalle weiterzugeben. Der Einwand des Beklagten, kein Arzt zu sein und daher nicht den Vorschriften der BO zu unterliegen, vermag ihn nicht zu entlasten. Er ist Störer insoweit, als er durch seine Tätigkeit, also durch das Unterhalten seiner z.B. über Internet abrufbaren Aufzeichnungen den seitens der Ärzte geschaffenen rechtswidrigen Zustand unterhält bzw. deren rechtswidriges Verhalten gleichsam ermöglicht. Jeder, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt oder mitgewirkt hat, haftet unabhängig von Art und Umfang seines eigenen Tatbeitrages als Störer analog § 1004 BGB (vgl. BGH in GRUR 1991, 769 ff). Dem Störer, hier dem Beklagten, ist daher zu untersagen, von Ärzten Angaben über »Weiterbildungen«, »Referententätigkeiten« oder »literarisches Wirken« einzuholen bzw. solche Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In seinem Grundrecht der freien Berufsausübung, Art. 12 GG, wird der Beklagte durch die hiesige Entscheidung nicht verletzt. Die Berufsausübung kann beschränkt werden, wenn vernünftige Gründe des Gemeinwohls dies rechtfertigen (vgl. Baumbach/Hefermehl. Wettbewerbsrecht, 20. Auflage, Rz. 56 zu Allg.). Als entsprechend vernünftige Gründe des Gemeinwohls erachtet die Kammer das Gebot zu sittlichem Handeln. So soll z.B. das hier inmitten stehende Werbever- bot für Ärzte mit seiner zwischenzeitlichen gelinden Lockerung verhindern, dass Kranke durch eine Kommerzialisierung des Arztberufes verunsichert werden und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestört wird (vgl. BVerf-GE 71, 162, 174). Soweit sich der Beklagte in dieses besondere Spannungsfeld zwischen Arzt und Patienten begibt, womöglich hierbei als Störer auftritt, hat sich seine Berufsfreiheit des Beklagten an diesen Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht für den Arztberuf bestätigt hat, zu orientieren.

Die weitere Einrede der Verjährung bzw. der Verwirkungseinwand des Beklagten gehen fehl. Jeder im Sinne des § l UWG relevante Verstoß des Beklagten setzt die Verjährungsfrist gemäß § 24 UWG in Lauf, u.a. das Schreiben vom 03.09.1998. Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit am 17.09.1998 war eine Verjährung noch nicht eingetreten. Soweit der Beklagte seinen Verwirkungseinwand damit begründet, die Klägerin habe bereits seit über einem Jahr Kenntnis von seinen Aktivitäten, so ist dieser noch relativ kurze Zeitraum von l Jahr nicht geeignet, unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, die Klageerhebung als rechtsmissbräuchliches Handeln der Klägerin zu werten. Angesichts der wesentlichen Interessen, die es im Bereich zwischen Arzt und Patienten mit Bedacht zu erwägen und zu lösen gilt, ist der Klägerin eine ausreichende Bedenkzeit zuzubilligen. Ihr Recht zum Handeln hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht verwirkt. Die Vernehmung der seitens des Beklagten angebotenen Zeugin [...] war nach Ansicht der Kammer entbehrlich. Der Ablauf der jeweiligen telefonischen Abfrage von Daten beim Beklagten war nicht entscheidungserheblich. Schließlich ist klarzustellen, dass auch der Klageantrag 2. lit. c, d und e nicht unterscheidet zwischen Datenabfrage per Telefon oder via Internet. Da jedoch die Erklärungen der Ärzte über ihre "Weiterbildung", »Referententätigkeit« oder »literarisches Wirken« als solche bereits gegen die Wettbewerbsbestimmungen der BO verstoßen, ist die Frage nach einer telefonischer Datenabfrage oder einer solchen via Internet für die Entscheidung unerheblich.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens war die Kosten verhältnismäßig zu teilen. Die Kammer erachtete die Klageanträge l und 2 als kostenmäßig gleichwertig. Infolge des Unterliegens der Klägerin hinsichtlich Klageantrag l insgesamt (zu 5/10) und hinsichtlich des Klageantrages 2 in zwei von insgesamt fünf Unteranträgen, war der von ihr zu tragenden Kostenanteil auf 7/10 festzusetzen. Dementsprechend hat der Beklagte die restlichen Kosten zu 3/10 zu tragen.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Gemäß § 108 ZPO konnte der Klägerin gestattet werden, die Sicherheitsleistung in Form einer entsprechenden Bürgschaft zu erbringen.

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