LG Wiesbaden, Urt. v. 13.01.00, 13 O 132/99 - Online-Auktion IV

Versteigerungen im Internet sind keine Auktionen im klassischen Sinne, funktionieren aber nach ähnlichen Grundsätzen und stellen auch keinen Verstoß gegen § 156 BGB dar. Wer sich im Internet betätigt, weiß auch, wie Internetversteigerungen grundsätzlich ablaufen und erkennt die damit verbundenen Gefahren.

hessen

LANDGERICHT WIESBADEN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 13 O 132/99
Entscheidung vom 13. Januar 2000

In dem Rechtsstreit

[...]

hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden durch (...) auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25.11.1999

für R e c h t erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,-- DM.

Tatbestand

Der Kläger ist der berufständige Zusammenschluss der in Deutschland tätigen Kunstversteigerer und vertritt deren gewerbliche und ideelle Interessen. Die Beklagte veranstaltet seit Anfang Oktober 1999 sogenannte »Internet-Kunstauktionen«. Dort werden Objekte zum Verkauf angeboten, die von Händlern oder Privatleuten eingeliefert werden können.

Die »Auktionen« enden immer zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt. Wer zu diesem Zeitpunkt das höchste Gebot abgegeben hat, erhält die Ware.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte betreibe keinen wirklichen Auktionen. Durch die zeitliche Beschränkung fehle nämlich die für eine Auktion gerade typische Situation, wonach der letztlich Meistbietende den Zuschlag erhält und nicht derjenige, der zu irgendeinem Zeitpunkt (zufällig) am meisten geboten hat.

Sie ist darüber hinaus der Ansicht, die Beklagte verschaffe sich dadurch einen Wettbewerbsvorsprung, dass § 156 BGB und insbesondere die Vorschriften der Gewerbeordnung auf sie keine Anwendung finden.

Sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die von ihr im Internet veranstalteten Verkäufe von Kunstgegenständen unter der Bezeichnung "Auktionen" anzukündigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, auf einem gewandelten Markt, wie er im neuen Medium des Internets vorliege, wandelten sich auch die Methoden der Versteigerung. Dies zeige insbesondere die Situation im Ausland, wo Versteigerungen der von der Beklagten betriebenen Art seit langem üblich sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage war abzuweisen, denn die Kammer vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass die Beklagte mit der Ankündigung von »Auktionen« eine Dienstleistung anbietet und dabei die angesprochenen Interessenten täuscht.

Zwar handelt es sich bei der Verkaufsveranstaltung der Beklagten nicht um eine Auktion im klassischen Sinne, weil dort keine zeitliche Begrenzung zur Gebotsabgabe besteht, sondern die vorhandenen oder vertretenen Bieter so lange auf die Ware Gebote abgeben, bis der Meistbietende ermittelt ist. Bei der zeitlichen Beschränkung der Gebotsmöglichkeit, die die Beklagte vornimmt, ist dagegen der Meistbietende nur zufällig durch den Zeitablauf zu ermitteln. Dies bietet insbesondere für die Verkäufer große Risiken, weil durch die Organisation des Geschäftsablaufs bei der Beklagten eben gerade nicht sichergestellt ist, dass der Verkäufer den höchstmöglichen Preis erhält.

Die Kammer sieht aber deswegen keine Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise als gegeben an, weil sie davon ausgeht, wer sich im Internet betätige, wisse auch, wie Internetversteigerungen grundsätzlich ablaufen und erkenne folglich die damit verbundenen Gefahren. Dies hat die Kammer insbesondere deswegen angenommen, weil die das Internet nutzenden Personen bereits über spezielle Kenntnisse verfügen müssen, um dieses Medium Oberhaupt zu gebrauchen und sinnvoll einzusetzen. Sie unterscheiden sich daher von den durchschnittlichen Besuchern althergebrachter Auktionen, weil sie eben wegen ihrer besonderen Kenntnisse des Internet auch die Abläufe der dort stattfindenden Auktionen kennen.

Auch aus Rechtsgründen lässt sich das Vorgehen der Beklagten nicht beanstanden. Es liegt kein Verstoß gegen § 156 BGB vor. Zwar gibt es im Internet keinen Zuschlag wie bei der althergebrachten Versteigerung, jedoch ist im Computer der Beklagten festgehalten, wer zum Zeitpunkt des Endes der Versteigerung das höchste Gebot abgegeben hat und diese Person erhält dann die Ware.

Zwar hat die Klägerin angedeutet, es könne zu Manipulationen kommen, dafür fehlen jedoch konkrete Anhaltspunkte: Wird das Computerprogramm gegen nachträgliche Eingriffe hinreichend gesichert, sind die Interessen der beteiligten Kunden dementsprechend geschätzt.

Auch ein Verstoß gegen 34 b Gewerbeordnung liegt nicht vor. Wenn nämlich Internetauktionen echte Versteigerungen sind, bedürfen die Versteigerer der entsprechenden Erlaubnis nach § 34 b Gewerbeordnung, die die Beklagte dann für ihren Geschäftsbereich beantragen muss. Soweit die Stadt Kleve nach dem Vortrag der Beklagten einen anderen Rechtsstandpunkt vertritt und der Ansicht ist, die Beklagte bedürfe der nachgesuchten Erlaubnis nicht, fällt der Beklagten kein Wettbewerbsverstoß zur Last: Sie hat sich um die Erlaubnis bemüht und darf davon ausgehen, dass die zuständige Behörde die Rechtslage zutreffend beurteilte. Nimmt sie deren Rechtsansicht als zutreffend hin, so liegt darin jedenfalls kein Wettbewerbsverstoß gegenüber ihren Mitbewerbern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf 709 ZPO.

(Unterschriften)

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