Wenn Amazon Produkte sperrt

gaensebrunnen stroemerWenn Sie Ihre Waren bei Amazon zum Verkauf anbieten, kann es Ihnen passieren, dass Mitbewerber – regelmäßig mit Sitz im Ausland – ein Design schützen lassen, das Ihrem Produkt entspricht. Das geht ganz einfach. Es reicht nämlich aus, dass ein von Ihnen eingestelltes Produktfoto für eine  geringe Anmeldegebühr beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder dem Amt der Europäischen  für geistige Eigentum (EUIPO) als Design oder Geschmacksmuster angemeldet wird. Anschließend wird dann unter Vorlage der Eintragungsurkunde eine Beschwerde bei Amazon eingereicht. Amazon wird Ihr Produkt dann bis zur Löschung der fremden Eintragung sperren. 

Voraussetzung für den dauerhaften Schutz eines Designs ist zwar, dass das eingetragene Muster neu und eigenartig ist. Neu kann es für den Abmelder schión deshlab nicht sein, weil er es ja bei Ihnen abgekupfert hat. Das spielt bei der Eintragung aber keine Rolle, weil eine Prüfung erst im Löschungsverfahren vor dem Amt oder in einem gerichtlichen Verletzungsverfahren erfolgt. Und Amazon reicht es für eine Sperre aus, dass mit der Beschwerde eine Eintragungsurkunde vorgelegt wird. 

Gegen die Sperre können Sie in der Regel nur vorgehen, indem Sie das fremde Design löschen lassen. Das wird regelmäßig auch geschehen, wenn Sie einen Nichtigkeitsantrag stellen. Allerdings dauert es bis zur Löschung viele Monate, in denen Sie Ihr Produkt nicht anbieten können. Amazon wird, muss und kann nämlich nicht prüfen, ob das eingetragene Design hält, was es mit der Eintragungsurkunde verspricht. Darum wird der Plattformanbieter Sie darauf verweisen, enwreder eine auf eine Rücknahme der Beschwerde oder eine Löschung der Eintragung hinzuwirken. Der arglistige Mitbewerber schuldet Ihnen am Ende des TAges zwar Schadensersatz. Den werden Sie vor einem Gericht in Shenzen aber kaum durchsetzen wollen.

Deshalb empfehlen wir dringend, vor dem Angebot von Produkten für relativ kleines Geld vorsorglich ein eigenes Design anzumelden, auch wenn die Schutzvoraussetzungen eigentlich gar nicht vorliegen. Dann können Sie bei Amazon nämlich im Ernstfall eine Designurkunde mit älterem Datum vorlegen.

EuGH

EuGH, Urt. v. 02.07.20, C-684/19 - Fahrradsattel

eughDer Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Urteil vom 16. Februar 2023 (Rs. C-472/21 – Monz Handelsgesellschaft International) die Auslegung der Erfordernisse der "Sichtbarkeit" und "bestimmungsgemäßen Verwendung" von Bauteilen von komplexen Erzeugnissen gemäß der Design-Richtlinie 98/71/EG klargestellt. Der Fall betraf ein Nichtigkeitsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) bezüglich eines Designs für die Unterseite eines Fahrradsattels.

Der EuGH entschied, dass ein Bauteil eines komplexen Erzeugnisses designrechtlichen Schutz genießt, wenn es während der normalen Verwendung sichtbar bleibt. Dabei ist die "bestimmungsgemäße Verwendung" weit auszulegen und umfasst Handlungen, die bei der hauptsächlichen Verwendung eines komplexen Erzeugnisses vorgenommen werden, sowie Handlungen, die der Endbenutzer üblicherweise während dieser Verwendung durchführt, mit Ausnahme von Instandhaltung, Wartung und Reparatur. Die Beurteilung erfolgt aus der Sicht des Endbenutzers und eines außenstehenden Beobachters.

Der EuGH betonte, dass die Sichtbarkeit nicht nur aus Sicht des Herstellers oder des Endbenutzers zu beurteilen ist. Das Design muss bei einer solchen Verwendung sichtbar bleiben, jedoch ist nicht erforderlich, dass das Bauelement zu jedem Zeitpunkt vollständig sichtbar ist. Die weite Auslegung der "bestimmungsgemäßen Verwendung" erweitert die designrechtlichen Schutzmöglichkeiten von komplexen Erzeugnissen erheblich.

Der konkrete Fall betraf die Unterseite eines Fahrradsattels, für die das DPMA den Schutz bestätigte. Das Bundespatentgericht (BPatG) erklärte das Design jedoch für nichtig. Die Entscheidung des EuGH stärkt den Schutz für komplexe Erzeugnisse und verdeutlicht, dass auch innenliegende Bauteile wie Motoren designrechtlichen Schutz genießen können. Die Berücksichtigung der Sicht eines außenstehenden Beobachters verstärkt diesen Schutz zusätzlich.

Kontakt

Rechtsanwaltskanzlei Strömer
Duisburger Straße 9
40477 Düsseldorf

Telefon:   +49 211 164581-00
Telefax:   +49 211 164581-01
E-Mail:    anwalt@stroemer.de