Verteidigung gegen negative Bewertungen im Internet

Tobias H. Strömer / Juli 2005

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An vielen Stellen im Internet, vor allem auf Versteigerungsplattformen wie dem Angebot von eBay, wird Nutzern die Möglichkeit gegeben, Dritte zu bewerten. Käufer können das Verhalten von Verkäufern beurteilen, Buchleser ihren Eindruck von einem bestimmten Werk. Nicht immer gefällt das den Bewerteten, insbesondere dann nicht, wenn die veröffentlichte Bewertung negativ oder unsachlich ist. Hinzukommt, dass solche Bewertungen oft anonym erfolgen, sodass der Betroffene erhebliche Mühe damit haben wird, den Autor selbst in Anspruch zu nehmen.

Es stellt sich damit die Frage, ob und in welchen Fällen gegen den Anbieter einer Plattform, auf der Bewertungen hinterlassen werden, Unterlassungsansprüche bestehen.

Zu unterscheiden ist dabei vor allem zwischen (falschen) Tatsachenbehauptungen und Werturteilen. Tatsachenbehauptungen sind einem Beweis zugänglich, also an den Maßstäben von »wahr« und »unwahr« zu messen. Eine ehrenrührige, unwahre Tatsachenbehauptung kann in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder den eingerichtete und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreifen. Sie wird vom Schutz der Meinungsfreiheit, der in Art. 5 GG verankert ist, nicht umfasst. Demgegenüber zeichnen sich Werturteile dadurch aus, dass sie bloße Meinungsäußerungen darstellen und einem Beweis unzugänglich sind. Die Aussage »Die verkaufte Ware ist hier nie angekommen« ist danach eine Tatsachenbehauptung, der Satz »Das Buch ist grottenschlecht, bloß nicht kaufen« dagegen ein bloßes Werturteil. Die Grenzen zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil sind freilich oft fließend.

Auch unsachliche Bewertungen sind grundsätzlich erlaubt, solange sie weder unwahr sind noch Schmähkritik enthalten. Im Prinzip kann ein Betroffener sich deshalb nicht dagegen wehren, dass grundlos vor ihm gewarnt wird »Hier würde ich nie wieder kaufen«). Zwar verbietet etwa eBay in den Nutzungsbedingungen ausdrücklich unsachliche Angaben. Ob sich ein Betroffener hierauf berufen kann, erscheint allerdings fraglich. Denn die Bedingungen gelten ja zunächst einmal nur im Verhältnis zwischen eBay und den Plattformnutzern, nicht aber zwischen den Nutzern untereinander. Teile der Rechtsliteratur versuchen dem unsachlich Bewerteten dadurch zu helfen, dass sie Klauseln in den Nutzungsbedingungen, die dem Schutz anderer Nutzer dienen, als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) beurteilen. Nur wenn man dieser Ansicht folgt, könnte sich ein Betroffener auf den Inhalt der Nutzungsbedingungen auch gegenüber dem Autor einer unsachlichen Bewertung berufen.

Ist eine unwahre Bewertung geeignet, negativen Einfluss auf die Person des Beurteilten oder sein Geschäft auszuüben, bestehen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB. Häufig wird ein Betroffener seinen Unterlassungsanspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren durchsetzen wollen. Da hier keine Zeit ist für umfangreiche Ermittlungen zur Wahrheit oder Unwahrheit einer Aussage, hat ein Antrag mitunter nur dann Erfolg, wenn die gerügte Tatsachenbehauptung offensichtlich unwahr ist. Die Beweislast dafür, dass die in der Bewertung enthaltene Aussage wahr ist, trifft grundsätzlich den Bewertenden, also den Beklagten. Das ergibt sich aus dem Rechtsgedanken in § 186 StGB. Das gilt aber dann nicht, wenn für die Bewertung an sich - wie etwa bei Kritiken zu Verkäufern oder Käufern bei eBay - ein berechtigtes Interesse besteht. Hier obliegt es dem Bewerteten, die Unwahrheit darzutun.

Wesentlich schwieriger ist es, sich gegen Werturteile zu wehren, solange solche Beurteilungen nicht beleidigend sind oder in anderer Weise persönlich herabsetzen (Schmähkritik). Solche Werturteile sind nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom Grundrecht der Meinungsfreiheit umfasst. Nicht jede überzogene oder ausfällige Kritik ist danach schon ehrverletzend. Bewegt sich ein Werturteil allerdings außerhalb der zulässigen Grenzen, bestehen auch hier Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche. In Betracht kommen auch Ansprüche aus der Verletzung von Schutzgesetzen im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wie Beleidigung, übler Nachrede oder Verleumdung, unter Umständen auch gegen den Betreiber der Plattform, auf der die Äußerung veröffentlicht wurde.

Leider ist in der Praxis auch immer wieder zu beobachten, dass manche Gerichte dem Internet nach wie vor nur eine untergeordnete Bedeutung zumessen, wenn es um die Gefährlichkeit und Nachhaltigkeit verletzender Aussagen geht. Was in Druckmedien verboten würde, wird im Internet geduldet. Sogar Mitbewerber, die ihrem Konkurrenten in von gemeinsamen Kunden stark frequentierten Foren vorwerfen, sie »ziehen ihre Kunden über den Tisch« oder »bewegten sich ständig am Rande einer Insolvenz«, haben deshalb gute Chancen, davonzukommen. Zu befürchten ist, dass dahinter weniger die Ansicht steht, es handle sich bei solchen Aussagen noch um Werturteile, sondern eher die Einschätzung, es genüge doch, sich im Geschäftsleben anderer Medien zu bedienen als gerade des Internets. Übersehen wird dabei natürlich, dass gerade Foren im Internet heutzutage für viele potentielle Kunden eine wichtige Informationsquelle darstellen.

In der Praxis bedeutet das, dass ein Betroffener gute Chancen hat, den Verbreiter einer erweislich unwahren Tatsachenbehauptung erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Bei Werturteilen wird ihm das selten gelingen. Hier hilft nur einen »Gegendarstellung«, sofern der Anbieter der Plattform, auf der die Bewertung hinterlassen wurde, eine solche zulässt.

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