Das Aus für beschreibende Domains?

Tobias H. Strömer  / Dezember 1999

Die meisten Rechtsfragen im Zusammenhang mit Ansprüchen an Internet-Domains sind weit davon entfernt, geklärt zu sein. Der im Internet-Recht tätige Anwalt kennt das Problem, seinen Auftraggebern nur in krassen Fällen klare Hinweise geben zu können, im übrigen aber auf die Erfahrung verweisen zu müssen, dass der Mandant vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand ist. Auch die Frage, ob denn wenigstens die Nutzung von Domains wie »versicherungen.de« oder »geld.de« erlaubt sei, kann kaum anders beantwortet werden.

Zweieinhalb Jahre nach der richtungsweisenden Entscheidung des OLG Frankfurt/Main zu generischen Internet-Domains (OLG Frankfurt CR 1997, 271 - wirtschaft-online.de) hat nun auch das Hanseatische Oberlandesgericht zu der Frage Stellung genommen, ob solche Adressen wirklich der behalten darf, für den sie zuerst registriert wurden. Leider haben die Richter die Ansicht ihrer hessischen Kollegen aber nicht bestätigen wollen. Sie haben sich ganz im Gegenteil auf den Standpunkt gestellt, dass die Registrierung begehrter Adressen, die »freihaltebedürftige« Begriffe wie »Mitwohnzentrale« ohne ergänzende Zusätze enthalten, wettbewerbswidrig ist. Es verstoße gegen das in § 1 UWG verankerte Gebot lauteren Wettbewerbs, solche Domains unter Ausschluss von Konkurrenten nutzen zu wollen. Das Ausnutzen der Angewohnheit von Internet-Nutzern, auf gut Glück Suchwörter mit einer Top-Level-Domain zu verbinden und »mitwohnzentrale.de« einzugeben, wenn Nachweise zum Mitwohnen gesucht werden, sei Ausdruck von Verhinderungs-, nicht von Leistungswettbewerb.

Das lässt sich hören, ist aber trotzdem falsch. Wem es gelingt, das letzte freie Büro am Jungfernstieg in Hamburg zu ergattern, der verbesserte dadurch auch zu Lasten aller später Kommenden seine Wettbewerbsposition. Wettbewerbswidrig ist sein Verhalten deshalb noch lange nicht. Und wer es - ob berechtigt oder nicht - geschafft hat, den Begriff »Webspace« als Marke schützen zu lassen, der kann es mit gerichtlicher Billigung allen anderen verbieten lassen, ihre eigenen Produkte so zu bezeichnen. Das ist aber nicht weniger missbilligenswert als die Registrierung einer generischen Domain, zumal es sich bei der Vergabe von Internet-Adressen eigentlich um nichts anderes handelt als eine Absprache zwischen zwei Privaten - dem Domaininhaber und der privatrechtlich organisierten und von staatlicher Seite nicht einmal ansatzweise legitimierten Vergabestelle.

Ob dem Hanseatischen Oberlandesgericht klar ist, was es mit seiner sportlichen Entscheidung angerichtet hat, ist nicht ganz klar. Tatsache ist, dass es eine Vielzahl von Domaininhabern gibt, die - auch im Vertrauen auf den Bestand des bereits 1996 ergangenen Urteils des OLG Frankfurt - in der Vergangenheit Dutzende von interessanten Domains für sich haben registrieren lassen. Um die mag es, so höre ich den einen oder anderen sagen, nicht schade sein. Wer mit knappen Domains spekulierte, ist eben selbst schuld. Aber was ist mit Existenzgründern, die aus lauter Furcht, ihre Wunschdomain könnte schon namens- oder markenrechtlich für andere geschützt sein, auf beschreibende Adressen wie »kfz-handel.de« oder »kommunikationsrecht.com« ausgewichen sind? Wie mögen sich wohl die fühlen, die gerade erst für teures Geld Domains wie »recht.de« oder »museumsfuehrer.com« gekauft oder ersteigert haben. Immerhin hat das LG Essen gerade erst deutlich gemacht, dass Domains frei handelbar sind (LG Essen, Beschl. v. 22.09.99, 11 T 370/99 - Domainpfändung). Wie mag es den Kollegen ergehen, die in der naiven Hoffnung, eine interessante Adresse zu besitzen, in der Vergangenheit mit großem Engagement und Erfolg unter »anwalt.de«, »rechtsanwalt.de« »kanzlei.de« oder »online-recht.de« attraktive Angebote aufgebaut haben?

Welche Domains - die Frage sei erlaubt - darf der Internetnutzer denn überhaupt noch für sich registrieren lassen? Markenrechtlich geschützte Begriffe dürfen in der Adresse nicht vorkommen, selbst dann nicht wenn die Domain noch gar nicht genutzt wird. Schließlich besteht nach Ansicht der Gerichte immer die Gefahr, dass die Domain eines Tages doch für Zwecke genutzt wird, für die anderweitiger Schutz besteht (LG Düsseldorf CR 1998, 165 - epson.de). Städtenamen scheiden ohnehin aus, selbst dann wenn es sich um »com-Domains« handelt (OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.06.99, 6 U 62/99 - badwildbach.com), wohl auch, wenn sie den Zusatz »....-online« tragen (vgl. dazu LG Hamburg Urt. v. 13.01.99, 315 O 478/98, welt-online.de). Selbst der eigene Name kann nicht ohne weiteres für die Adressierung der eigenen Internet-Präsenz genutzt werden, jedenfalls dann nicht, wenn es bekannte Namensvettern gibt, die Wert auf die Domain legen (OLG Hamm MMR 1998, 214 - krupp.de; OLG München, Urt. v. CR 1999, 382 - shell.de). Und vor allem: Die meisten Nachnamen sind bereits vergeben. Oft sogar an Domaininhaber, die den Namen gar nicht führen, nach Ansicht der Gerichte aber trotzdem nicht verpflichtet sind, die Adressen herauszugeben (LG Bonn MMR 1998, 110 - detag.de; LG Düsseldorf Urt. v. 13.05.98, 34 O 27/98 - glass.de).

Es bleibt zu hoffen, dass die Gerichte sich jetzt rasch einig werden und die Frage nach der Zulässigkeit der Registrierung generischer Adressen ein für allemal entscheiden - so oder so. Anwälte und Mandanten, die das Internet endlich geschäftlich nutzen möchten, würden es ihnen danken.

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