Tobias H. Strömer / November 1999
Das Vorweisen einer E-Mail-Adresse gehört heute schon zum guten Ton, auf kaum einer Visitenkarte fehlt die Angabe des elektronischen Postfachs des Besitzers und in den Kinos schmachten sich Hollywoodstars neuerdings sogar schon äußerst erfolgreich per Elektropost an. Nachfolgend sollen kurz einige rechtliche Aspekte der Benutzung von E-Mails dargestellt werden.
1. E-Mail-Werbung - Neuigkeiten von der Spam-Front
In der Praxis ist der Empfang von »Spam-Mails« (Englisch für »Sülze«/»Aspik«), also unerbeten zugesandter Werbung per E-Mail, immer noch an der Tagesordnung, zudem mit steigender Tendenz. Dies ist besonders problematisch, weil der Empfänger vor Abrufen der E-Mail von seinem Provider den werbenden Inhalt nicht erkennen kann. Durch das Abrufen entstehen dem Empfänger aber regelmäßig nicht nur Kosten für die Telefonverbindung, sondern auch für die Nutzung des Servers des Providers. Die weltweit für Abruf und Bearbeitung von Werbemails entstehenden Kosten dürften erheblich sein, zudem verstopft die "elektronische Sülze" auch die "Datenautobahn".
Die unverlangte Zusendung von Werbemails ist in vielen Staaten der USA sowie seit Juli 1999 auch in Österreich unter zum Teil hohen Strafandrohungen verboten. Auch einige deutsche Gerichte hatten sich bereits mit "junk mails" zu befassen. So entschieden die Landgerichte Berlin und Traunstein, dass das unerbetene Zusenden von Werbung oder Prospekten per E-Mail einen Wettbewerbsverstoß darstellt und daher unzulässig ist. Nur ganz ausnahmsweise kann Werbematerial per E-Mail zugesandt werden, wenn der Empfänger sich zuvor tatsächlich mit der Zustellung einverstanden erklärt hat oder sein Einverständnis im Rahmen einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung vermutet werden kann. Für die Frage der Unzulässigkeit entsprechender Werbemaßnahmen ist es dabei unerheblich, ob der Empfänger eine Privatperson, Freiberufler oder Gewerbetreibender ist.
Eine ähnliche Problematik besteht schon seit langem bei Werbung per Telefax oder bei Telefonaquisition. Auch bei Werbung über diese Medien ist das unaufgeforderte Zusenden nach der Rechtsprechung der obersten Gerichte grundsätzlich nicht erlaubt. Neben dem Kostenargument begründen dies die Gerichte vor allem damit, dass die Teilnehmer wegen der besonderen Funktion von Telefax und Telefon ein berechtigtes Interesse an der Freihaltung der Geräte von jeder ungewollten Inanspruchnahme haben.
Wer wiederholt unerwünschte Werbesendungen per E-Mail erhält, sollte die Absender darauf hinweisen, dass er keinen Wert auf solche Informationen legt. In den meisten Fällen reicht dies schon aus, in Zukunft verschont zu werden. Wie der oben erwähnte Fall vor dem Landgericht Berlin zeigt, kann bei Mißachtung des ausdrücklichen Wunsches der Werbende auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Schwierig wird es allerdings, wenn diese Person im Ausland sitzt.
Allerdings könnte sich ab dem Jahr 2000 die Rechtslage für das Versenden von Werbe-E-Mails ändern und dem "spaming" damit Tür und Tor geöffnet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die Bundesregierung nämlich eine EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzen, die das Versenden solcher Werbung normalerweise erlaubt. In welcher Form diese Richtlinie jedoch umgesetzt wird, ist nach wie vor ungeklärt.
2. Virenteufel E-Mail-Attachments!
Die überwiegender Zahl der im Internet verbreiteten Viren findet ihren Weg über eine E-Mail auf den Rechner des Nutzers. Die Schätzungen über die durch Viren entstandenen Schäden überbieten sich gegenseitig - letzte Schätzungen des Marktforschers Computer Economics Inc. gehen von 14 Milliarden DM allein für das erste Halbjahr 1999 aus. Die Gefahr, sich durch eine E-Mail einen Virus, einen Wurm oder ein anderes bösartiges "Codebazillus" einzufangen, sollte nicht unterschätzt werden. Dieses wird zunehmend auch in Öffentlichkeit und Presse erkannt, so wurde aus dem Virus "Melissa" Anfang des Jahres plötzlich ein regelrechter Medienstar.
Aufgrund solcher Informationen lässt sich bei vielen Nutzer bereits ein gewisses Panikverhalten feststellen, indem zum Beispiel E-Mails von unbekannten Absendern überhaupt nicht mehr geöffnet werden. Dabei sei noch einmal klar gesagt: Eine E-Mail als solche ist ein reines Textdokument, eine Virus aber ein ausführbares Programm. Eine Mail kann keinen Virus enthalten, der beim Öffnen sofort aktiviert wird. Daher kann man jede Mail erst mal unbedenklich ansehen.
Größte Vorsicht ist aber beim Öffnen der einer Mail angehängten Datei (sog. "Attachments") walten zu lassen! Verbergen sich hier ausführbare Programme, also in der Regel solche mit einer ".exe"-Endung (z.B. happy99.exe), sollte das Anhängsel der Mail keinesfalls durch Anklicken aktiviert werden, ohne zuvor mit einem Virusprogramm untersucht worden zu sein. Ebenfalls gefährlich und vor Öffnung zu prüfen sind MS Word- und MS-Excel-Dokumente, da diese sogenannte Makro-Viren enthalten können.
Dies gilt allerdings nicht für Bilder aller Art (also solche Dateien mit Endungen wie "jpg", "bmp" oder "gif"), da diese keine Viren enthalten können. Im Zweifel gilt aber: Lieber eine Datei zuwenig als eine zuviel öffnen, gerade wenn einem der Versender der Mail nicht bekannt ist oder die Nachricht von einem Bekannten offensichtlich weitergeleitet wurde.
Ist Ihr Computer von einem Virus befallen und entsteht Ihnen dadurch ein Schaden, etwa durch Zerstörung wichtiger Daten, Arbeitsausfall usw., ist die rechtliche Lage vergleichsweise eindeutig: Wer virenverseuchte Programme vorsätzlich oder fahrlässig verbreitet und somit das Eigentum (z.B. die Hardware) oder ein sonstiges Recht (z.B. das Nutzungsrecht an einer Software) eines anderen verletzt, ist zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Dieses bestimmt sich aus § 823 BGB, dem sogenannten Deliktsrecht. Die eigentlichen Probleme sind hier tatsächlicher Art, denn selten wird der Programmierer oder Versender eines "Codebazillus" zu ermitteln sein und zu allem Überfluss auch noch greifbar in Deutschland sitzen.
3. E-Mails im Büro
Hinsichtlich der Benutzung von E-Mails im Büro herrscht bisweilen große Unsicherheit: Darf ich den Büro-Account auch für private Zwecke nutzen, darf mein Chef mitlesen oder muss mein Büro mir private Mails nachsenden?
Private Nutzung von Büro-E-Mails?
Natürlich ist die Versuchung groß, ebenso unter Umständen wie das Telefon, das Fax oder die Internet-Verbindung auch den E-Mail-Account im Büro für eigene, private Zwecke zu nutzen. Ob Sie dies dürfen, hängt in erster Linie von Ihrem Arbeitsvertrag und den Vereinbarungen mit ihrem Arbeitgeber zusammen. Ist nichts vereinbart und die private Nutzung am Arbeitsplatz allgemein üblich, so wird der Arbeitgeber dies meistens dulden, aber die dafür entstandenen Gebühr möglicherweise vom Arbeitnehmer zurückfordern.
Selbstverständlich kann aber die private Nutzung von E-Mail-Accounts, Telefon oder Internet ganz ausgeschlossen werden. Ein Verstoß gegen dieses Gebot kann den Arbeitgeber zu einer Abmahnung des Arbeitnehmers berechtigen, was bei einem wiederholten Verstoß oder der Umgehung von Kontrolleinrichtungen sogar den Arbeitsplatz kosten kann. Man sollte sich also sehr genau überlegen, ob es sich lohnt, trotz Verbotes in der Mittagspause mal eben die Fußballergebnisse abzufragen.
"Big Brother is watching"?
Unabhängig davon, ob eine private Nutzung von E-Mail-Accounts im Büro gestattet ist, sollte man sich der Privatsphäre im Internet und bei Mails nie sicher sein. Eine E-Mail ist einer Postkarte zu vergleichen, die auf ihrem Weg zum Empfänger von einer Vielzahl von Personen eingesehen werden kann. Gerne bedient sich auch der aufgeklärte Arbeitgeber der technischen Möglichkeiten, die ihm die modernen Kommunikationsmittel geben. Vielfach wird in einem Unternehmen auf dem Mail-Server eine Kopie der eingegangenen E-Mails gefertigt und diese etwa von der Personalabteilung oder eine vertrauenswürdigem Mitarbeiter mitgelesen.
Da diese Möglichkeit besteht, sollte man darauf achten, wie man sich in den E-Mails gegenüber dem Unternehmen oder den Vorgesetzten äußert. Betritt ihr Chef nämlich eines morgens mit einer solchen, von Ihnen geschriebenen Mail Ihr Büro, ist eine nachhaltige Störung des Arbeitsklimas zu befürchten und Ihre Aufstiegschancen werden auch nicht unbedingt gefördert. Ein Kündigungsgrund dagegen stellt dies in aller Regel aber nicht dar. Hat der Arbeitgeber nämlich nicht ausdrücklich auf eine solche Verfahrensweise hingewiesen, ist die Kontrolle von E-Mails und Post unzulässig.
Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber ohne Einwilligung des Arbeitnehmers weder Telefon noch Arbeitsplatz mittels Kamera oder anderen technischen Einrichtungen überwachen. Bei einer automatisierten Telefondatenerfassung oder anderen technischen Einrichtungen zur Überwachung der Leistung oder des Verhaltens der Mitarbeiter hat, soweit vorhanden, der Betriebsrat ein Mitspracherecht. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn ein einmaliger begründeter Anlass vorliegt oder die Art des Betriebes eine Überwachung notwendig werden lässt, wie beispielsweise der Arbeitsplatz im Kassenbereich einer Bank oder in einem Sicherheitsbereich.
Entsprechendes muss auch für Internet und E-Mails gelten, ist hier aber natürlich, gerade für technische Laien, sehr viel schwerer nachvollziehbar als eine offensichtliche Überwachung per Kamera. Nur für den Fall, dass eine private Nutzung ausdrücklich ausgeschlossen ist oder eine der oben genannten Sondersituationen vorliegen, darf der Arbeitnehmer seinem Angestellten die aufgrund einer Überwachung gewonnenen Ergebnisse entgegenhalten. Ansonsten ist er aber auf den "Zufall" angewiesen, um negative Äußerungen oder vertragswidrige Nutzung aufzudecken.