Selbsternannte Abmahnvereine

Tobias H. Strömer / September 2002

sparschweinWie die Pilze scheinen in den letzten Wochen selbsternannte Abmahnvereine wie der »Interessensverbund faires Internet« oder der »Verein zur Sicherung & Wahrung von Verbraucherrechten« aus dem Boden zu sprießen. Häufig mahnen solche Wettbewerbshüter von Gottes Gnaden wegen lässlicher Sünden wie fehlerhaften Anbieterkennzeichnungen, mangelhafter Belehrungen nach dem Fernabsatzrecht oder unzulässigen Werbe-E-Mails ab. Gegen solche Pilze ist ein Kraut gewachsen.

Wer im Internet mit eigenen Seiten auftritt, muss sich an die Spielregeln halten, die der Gesetzgeber vorgibt. Vor allem im Interesse der Internetnutzer verlangt das Gesetz eine Reihe von Angaben auf der Website. Anbieterkennzeichnung, Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzgeschäften und Datenschutzbelehrung gehören dazu. Wer solche Angaben nicht macht, riskiert Bußgelder. Viel wichtiger noch ist aber, dass er sich der Gefahr aussetzt, von unmittelbaren Wettbewerbern abgemahnt zu werden. Die können nämlich regelmäßig zur Recht erwarten, dass Konkurrenten geltendes Recht beachten und sich keinen Wettbewerbsvorteil durch Rechtsbruch verschaffen.

In letzter Zeit häufen sich allerdings Fälle, bei denen Anbieter glauben, einen Nebenverdienst durch nahezu wahllose Versenden von Abmahnungen aufgetan zu haben. Die Abmahnenden verlangen nicht nur die Behebung der Mängel und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, sondern fordern auch einen "Anteil an den Verwaltungskosten", meist in Höhe mehrerer Hundert Euro, ein. Dabei verkennen sie zunächst, dass Gebühren nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAGO) nur dann anfallen, wenn für den Abmahnenden ein Anwalt tätig geworden ist. Nur anerkannten Verbraucherschutz- und Wettbewerbsvereinen gesteht die Rechtsprechung den anteiligen Ersatz des entstandenen eigenen Verwaltungsaufwands zu. Wer anerkannt ist, richtet sich vor allem nach §§ 13 UWG, 3, 4 UKlaG. Auch unmittelbare Wettbewerber selbst dürfen natürlich abmahnen, können dann aber zunächst noch keine Kosten in Rechnung stellen.

Wer fremde Rechtsangelegenheiten besorgen, also etwa Abmahnungen verschicken möchte, bedarf dazu einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz. Eine solche Erlaubnis besitzen insbesondere Rechtsanwälte und Notare. Wer für andere Abmahnungen verschickt, ohne hierzu befugt zu sein, verstößt selbst gegen geltendes Recht.

Zudem stellen sich zunehmend mehr Gerichte auf den Standpunkt, dass kleinere Verstöße gegen geltendes Recht beim Auftritt im Internet nicht immer gleich sittenwidrig sind und einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Folge: Der Anbieter verstößt zwar gegen rechtliche Vorschriften und sollte sich in Zukunft tunlichst rechtskonform verhalten. Auch eine anwaltliche Abmahnung löst aber nicht zwingend Kostenerstattungsansprüche aus. Manche Ordnungsvorschriften sind nämlich "wettbewerbsneutral", weil sie zwar den Internetnutzer oder andere Verbraucher schützen sollen, Verstöße aber nicht unbedingt Wettbewerber beeinträchtigen. Und das gilt, jedenfalls nach der Ansicht des LG Düsseldorf (Urt. v. 19.09.01, 12 O 311/01, <http://www.netlaw.de/urteile/lgd_39.htm>, unter III.) auch für die Anbieterkennzeichnung.

Wer von einem dubiosen Abmahnverein aufgefordert wird, eine strabewehrtte Unterlassungserklärung abzugeben und Kosten zu zahlen, sollte sich zunächst im Internet, darüber informieren, ob der Abmahnende bereits unangenehm in Erscheinung getreten ist. Eine gute Anlaufadresse ist die "Info-Tankstelle gegen Abmahnungswelle" <http://www.abmahnungswelle.de>. Gegebenenfalls sollte der Abmahner dann in seine Schranken gewiesen werden. Anregungen gibt das nachstehend wiedergegebene Musterschreiben:

"Sehr geehrter Herr [..],

wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom [...].

Sie teilen zwar freundlicherweise mit, dass wir gegen Pflichten zur Anbieterkennzeichnung nach § 6 TDG verstoßen haben soll. Welchen Vorwurf Sie uns in diesem Zusammenhang konkret machen, verschweigen Sie aber geflissentlich. Wir dürfen insoweit zunächst darum bitten, Ihren Vorwurf zu konkretisieren. Auf die Entscheidung des LG Düsseldorf zur mangelnden Sittenwidrigkeit fehlender Anbieterkennzeichnun-gen (Urt. v. 19.09.01, 12 O 311/01, <http://www.netlaw.de/urteile/lgd_39.htm> - Anbieterkennzeichnung) erlauben wir uns hinzuweisen.

Sie behaupten weiter „einen Wettbewerber" zu vertreten. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang schon, dass Sie erwarten, dass sich unsere Mandantin Ihnen persönlich gegenüber unterwirft. Offensichtlich halten Sie es auch nicht für erforderlich, den angeblichen Konkurrenten, dessen Rechte durch eine angeblich fehlende Anbieterkennzeichnung verletzt sein sollen, namentlich zu erwähnen. Sollten Sie entgegen Ihrer eigenen Darstellung doch im eigenen Namen auftreten, bitten wir um den Nachweis Ihrer Aktivlegitimation zur Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche nach §§ 3, 4 UKlaG.

Sollten Sie die geforderten Nachweise tatsächlich beibringen, werden wir Sie kurzfristig darüber aufklären, ob eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden soll.

Den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz eines „Anteils der Aufwendungen" werden wir selbstredend nicht erfüllen. Für einen solchen Anspruch fehlt es schon an einem Nachweis zur Höhe der angeblich entstandenen Aufwendungen.

Ihnen dürfte bekannt sein, dass die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) in erster Linie Rechtsanwälten und Notaren vorbehalten ist. Wir gehen vorläufig davon aus, dass Sie nicht zu diesem Personenkreis gehören und auch die Voraussetzungen anderer Erlaubnistatbestände des Rechtsberatungsgesetzes nicht erfüllen. Ihrem Schreiben entnehmen wir, dass Sie im Auftrag eines Wettbewerbers unserer Mandantin tätig geworden sein wollen. Sollten Sie uns nicht unverzüglich, spätestens aber bis zum

[...]

nachgewiesen haben, dass Sie zur Vertretung fremder Rechte befugt sind, werden wir Ihr Schreiben an die Rechtsanwaltskammer weiterleiten. Wir werden zudem darüber nachdenken müssen, Strafanzeige wegen versuchten Betruges zu erstatten.

Mit freundlichen Grüßen"

Den gerügten Verstoß sollten die Betroffenen natürlich, sofern der Vorwurf zutrifft, unverzüglich beseitigen und sich über den freundlichen Hinweis freuen. Es kann zudem nicht schaden, einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Falls die Abmahnung doch berechtigt war, droht nämlich ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsklage sonst eine einstweilige Verfügung. Und die lässt sich ja schließlich verhindern. Der Anwalt wird seine Hilfe zwar nicht umsonst anbieten. Eine (auch telefonische) Erstberatung kann aber nie mehr als 200 € zuzüglich Mehrwertsteuer kosten.

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