Vom Kaugummi bis zur Karibikinsel - im Internet gibt es alles zu kaufen, und das rund um die Uhr. Immer mehr Kaufhäuser und Hersteller bieten im Cyberspace ihre Waren an. Und immer mehr Menschen nutzen das Angebot auch, denn lästige Ladenschlusszeiten gibt es in der Online-Welt nicht. Rechtsanwalt Strömer diskutierte mit Jörg Schieb am 22. Februar 1997 über das »Einkaufen im Netz« in der Sendung »Aktuelle Stunde« des WDR.
Anmoderation:
Vom Kaugummi bis zur Karibikinsel - im Internet gibt es alles zu kaufen, und das rund um die Uhr. Immer mehr Kaufhäuser und Hersteller bieten im Cyberspace ihre Waren an. Und immer mehr Menschen nutzen das Angebot auch, denn lästige Ladenschlusszeiten gibt es in der Online-Welt nicht. Jörg Schieb berichtet heute über die Möglichkeiten und Gefahren des virtuellen Einkaufsbummels am Computer.
Jörg Schieb:
Die möglicherweise größte Gefahr ist, daß wir unseren Hintern nicht mehr hochbekomment. Denn wenn es nach dem Willen von Telekom und Versandhandel geht, sieht der traditionelle Einkaufsbummel am Wochenende in Zukunft so aus: Mit der Fernbedienung in der Hand prüfen wir aktuelle Angebote, bestellt wird auf Knopfdruck.
In einem Punkt sind sich eigentlich all Fachleute einig: Auf kurz oder lang muß jeder, der seine Produkte verkaufen will, im Internet vertreten sein. Kein Wunder also, daß man beim virtuellen Einkaufsbummel auch auf immer mehr deutsche Anbieter trifft.
Sie wollen nach Ladenschluß ein Maßhemd mit Initialen, rundem Kragen und Manschetten? Beim Kölner Hemdenschneider Dietrich kein Problem, denn hier können die Kunden solche Hemden auf Mausklick bestellen - vorausgesetzt, alle erforderlichen Daten sind bekannt, denn nur ein echter Schneider kann beim Kunden sein Maßband anlegen.
Wer Gummibärchen in rauhen Mengen vertigt, kann sie im Internet auf Knopfdruck nachbestellen - und das gleich kiloweise. Aber auch Wein und andere Delikatessen lassen sich auf Mausklick ordern. Alles nur eine Frage des Budgets.
Auch Kaufhäuser wie der Kaufhof oder Versandhändler wie Otto oder Quelle bieten ihre Waren mittlerweile im Internet an. Versandhandel, wie man ihn kennt. Die größte Auswahl hat man aber bei MyWorld.
Das virtuelle Kaufhaus von Karstadt ist mit seinen mehr als 150.000 online erhältlichen Artikeln eines der größten der Welt. Bei MyWorld bekommt der Kunde fast alles, was das Herz begehrt, vor allem teure Konsumartikel für junge Leute. Allerdings sollten sich Interessenten von der knallbunten Werbewelt nicht blenden lassen, denn Fachleute wissen: Es gibt durchaus ein paar Stolperdrähte.
Tobias H. Strömer:
Das, was Sie im Versandhandel zu beachten haben, dass Sie es nämlich mit einem anonymen Verkäufer zu tun haben, das gilt auch für das Netz. Also: Niemals Vorkasse leisten, sich erkundigen über den Verkäufer, dann, wenn die Software nicht geschickt wird, Fristen setzen, mahnen möglicherweise auchg und das nicht per E-Mail, nicht über das Netz, sondern in nachweisbarer Form.
Jörg Schieb:
Tipps, die man unbedingt berherzigen sollte, denn so mancher Kunde ist bei Bestellungen in der Online-Welt schon auf die Nase gefallen. Besonders heikel wird es bei Lieferanten, die im Ausland sitzen, was im Internet selbst ja keine Rolle spielt. Denn dann ist die rechtliche Situation noch etwas schwieriger.
Tobias H. Strömer:
Zum einen wird die Frage, ob eine Ware defekt ist, ob ein Gewährleistungsanspruch besteht, vom ausländischen Recht beantwortet, also etwa vom Recht des Staates Ohio. Zum anderen müssen Sie einen solchen Anspruch - wenn Sie ihn denn für gegeben halten - auch in Ohio einklagen, beim Verkäufer. Und das ist, wie Sie sich vorstellen können, nicht ganz problemlos und nicht ganz billig.
Jörg Schieb:
Wer im Ausland einkauft, muß darüber hinaus auch noch Zölle zahlen. Man sollte sich also gut überlegen, ob das Angebot aus Übersee oder dem benachbarten Ausland wirklich so verlockend ist, wie es zunächst den Anschein hat.
Vorsichtig sollten Sie auch unbedingt beim Bezahlen sein: Informationen über das eigene Bankkonto oder die Kreditkarte vertrauen Sie am besten ausschließlich seriösen Händlern an, und das auch nur dann, wenn der Händler eine verschlüsselte, und damit nahezu sichere Übertragung der sensiblen Daten anbietet.
So bequem das Schmökern in digitalen Katalogen und so verlockend das Bestellen auf Mausklick auch sein mag: Ein gesundes Vertrauen zwischen Verkäufer und Käufer ist hier das A und O, und zwar noch mehr als in der Einkaufspassage.
© 1997 Westdeutscher Rundfunk / Jörg Schieb