LG Koblenz, Urt. v. 28.08.07, 4 HK.O 83/07 - duroplast.de

eigenesache Der aus § 12 BGB abgeleitete Schutz eines Firmenbestandteils oder einer Unternehmensbezeichnung ist auf den Funktionsbereich des betreffenden Unternehmens beschränkt und reicht nur so weit, wie geschäftliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind. Eine vorübergehende Unklarheit in der Zuordnung einer Domain bis zum Aufruf der Internetseite begründet grundsätzlich noch keine hinreichende Interessenbeeinträchtigung, soweit es sich nicht um ein Firmenschlagwort mit überragender Verkehrsgeltung handelt.

 

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Chemieunternehmen, das schwerpunktmäßig Epoxydharze entwickelt und herstellt. Die Beklagte betreibt einen Online-Marktplatz für registrierte Domains und hatte zeitweise die Domain www.duroplast.de zum Preis von 8.500 € zum Kauf angeboten. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Freigabe der Domain sowie Unterlassung deren Nutzung.

Die Klägerin trägt vor:

Der Firmenbestandteil »DUROPLAST« werde von ihr als Firmenschlagwort benutzt und genieße kennzeichenrechtlichen Schutz nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG. Die Bezeichnung habe hinreichende Unterscheidungskraft und weise auf ihr - der Klägerin - Unternehmen hin. Sie firmiere bereits seit 26 Jahren unter dieser Bezeichnung so dass sie Unterscheidungskraft durch Verkehrsgeltung erworben habe. Im Übrigen könne sie ihre Ansprüche auch auf § 12 BGB stützen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung näher spezifizierter Ordnungsmittel zu unterlassen, die Internetdomain www.duroplast.de zu benutzen und/oder benutzen zu lassen und/oder registriert zu halten oder registriert halten zu lassen;

2. die Internetdomain www.duroplast.de gegenüber der DENIC eG freizugeben.

Nachdem die Beklagte im schriftlichen Vorverfahren ihre Verteidigungsabsicht nicht fristgemäß angezeigt hatte, ist antragsgemäß gegen sie Versäumnisurteil erlassen worden. Mit ihrem Einspruch erstrebt die Beklagte dessen Aufhebung.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht:

kennzeichen- und namensrechtliche Ansprüche bestünden bereits deshalb nicht, weil der Firmenbestandteil ausschließlich generisch wirke. Er stehe beschreibend für »Hartplastik«. Sie - die Beklagte - habe das Zeichen zu keinem Zeitpunkt kennzeichenmäßig benutzt. Ansprüche aus § 12 BGB schließe der kennzeichenrechtliche Schutz nach dem Markengesetz grundsätzlich aus.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 20.07.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet, weshalb das ergangene Versäumnisurteil aufzuheben ist. Der Klägerin stehen weder kennzeichenrechtliche noch namensrechtliche Ansprüche gegen die Beklagte zu.

Ansprüche nach dem Markengesetz (§§ 5, 15 Abs. 2, Abs. 3, 14 Abs. 2, Abs. 3) kommen nicht in Betracht, weil es an der dafür erforderlichen Waren-/Dienstleistungsidentität bzw. Branchennähe fehlt. Die Beklagte nutzt den beanstandeten Domainnamen nicht für Waren, Dienstleistungen bzw. Unternehmen, die mit dem von der Klägerin betriebenen Handel Berührungspunkte aufweisen (BGH MMR 2005,313 f.; OLG Köln MMR 2007,123 f.).

Die Klägerin kann ihre Ansprüche auch nicht auf ihr Namensrecht stützen. Zwar ist § 12 BGB auch unter Berücksichtigung des grundsätzlichen Vorrangs kennzeichenrechtlicher Ansprüche im vorliegenden Fall anwendbar, weil Ansprüche aus dem Markengesetz schon aus dem Grunde ausscheiden, dass es an der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit bzw. Branchennähe ganz fehlt und deshalb schon der Schutzbereich der Marke beziehungsweise des Unternehmenskennzeichens nicht betroffen ist (OLG Köln a.a.O.).

Der aus § 12 BGB abgeleitete Schutz eines Firmenbestandteils oder einer Unternehmensbezeichnung ist allerdings auf den Funktionsbereich des betreffenden Unternehmens beschränkt und reicht nur so weit, wie geschäftliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind. Eine Beeinträchtigung berechtigter geschäftlicher Interessen ist im allgemeinen dann gegeben, wenn ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domainnamen unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain »de« benutzt und sich damit unbefugt ein Recht an diesem Namen anmaßt, wobei eine Namensanmaßung nur vorliegt, wenn der Dritte unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöst und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt (OLG Köln, a.a.O.).

Eine solche Zuordnungsverwirrung ist vorliegend nicht anzunehmen. Sie ist dann gegeben, wenn der geschützte Name dazu benutzt wird, Einrichtungen oder Produkte einer anderen Person namentlich zu bezeichnen, wobei es genügt, dass der Berechtigte mit Einrichtungen, Gütern und Erzeugnissen in Verbindung gebracht wird, mit denen er nichts zu tun hat. Die Zuordnungsverwirrung ergibt sich daraus, dass der unrichtige Eindruck hervorgerufen wird, der Namensträger habe dem Gebrauch seines Namens zugestimmt.

Die Parteien sind hier auf völlig unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig. Das führt dazu, dass der Verkehr nicht zu der Annahme, es bestehe irgendeine Verbindung zwischen der Klägerin und dem Angebot der Beklagten, gelangen kann. Aufgrund der erheblichen Unterschiede in den gewerblichen Angeboten der Parteien wird auch nicht der unrichtige Eindruck hervorgerufen, die Klägerin habe dem Gebrauch ihres Namens durch die Beklagte zugestimmt (vgl. OLG Hamburg, MMR 2002,682 f.; OLG Frankfurt, NJW-RR 2001,547 f. = MMR 2000,486 f.).

Anhaltspunkte dafür, dass es sich um ein Firmenschlagwort mit überragender Verkehrsgeltung handeln könnte, was zu einer anderen Beurteilung führen könnte (OLG München, GRUR 2000,519 f. - rolls-royce.de), bestehen nicht.

Zudem stünde die nach § 12 BGB gebotene Interessenabwägung einem Unterlassungsanspruch entgegen, denn die Verwechslungsgefahr für den Internetnutzer bestünde allenfalls »auf den ersten Blick«. Der Nutzer, der Informationen über die Klägerin sucht, wird nicht getäuscht, wenn er die Domain der Beklagten aufsucht. Aber auch Nutzer, die Informationen von der Klägerin suchen, werden allenfalls für den Bruchteil von Sekunden getäuscht. Der Inhalt der Website der Beklagten ist eindeutig. Eine vorübergehende Unklarheit in der Zuordnung einer Domain bis zum Aufruf der Internetseite begründet grundsätzlich noch keine hinreichende Interessenbeeinträchtigung, soweit es sich nicht um ein Firmenschlagwort mit überragender Verkehrsgeltung (z.B. OLG Stuttgart, NJW-RR 1998,1341 f. - Steif) handelt

Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. ll, 711 ZPO

Streitwert: 15.000,00 €

 

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