LG Köln, Urt. v. 12.06.09, 81 O 49/09 – Mitpendler

eigenesache Ist der Wortbestandteil einer Wort-/Bildmarke für sich allein rein beschreibend und damit schutzunfähig ist, kann er allein auch keine Kollision zwischen Marken in lautlicher Hinsicht oder im Hinblick auf seine Bedeutung auslösen.

Streitwert: 50.000 €

nrw

LANDGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen 81 O 49/09
Entscheidung vom 12. Juni 2009

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

[...]

hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Humml und die Handelsrichter Dr. Allekotte und Wallau

für Recht erkannt:

Die einstweilige Verfügung vom 21. April 2009 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin kann die Vollstreckung abwenden, wenn sie Sicherheit leistet in Hohe von 120% desjenigen Betrages, dessentwegen vollstreckt wird, es sei denn, die Antragsgegnerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber beim Angebot von Vermittlungen von Mitfahrgelegenheiten im Rahmen von Fahrgemeinschaften im Berufs- und Freizeitverkehr.

Die Antragstellerin hat am 30.10.2008 die am 12.3.2009 eingetragene Wort-/Bildmarke »Mitpendler« für u.a. diese Dienstleistung angemeldet und geht jetzt gegen die Antragsgegnerin vor, die Inhaberin der am 13.3.2009 eingetragenen und am 5.12.2008 angemeldeten Wort-/Bildmarke »Mitpendler.de« ist.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Marke der Antragsgegnerin verletze ihre älteren Markenrechte, weil »Mitpendler« nicht rein beschreibend sei. Anders als »Pendler« sei »Mitpendler« eine neue, kreative Wortschöpfung, für die kein Freihaltebedürfnis bestehe. Mit dieser Begründung hat sie im Beschlusswege die nachfolgend wiedergegebene einstweilige Verfügung erwirkt:

LANDGERICHT KÖLN
BESCHLUSS

81 O 49/09

In Sachen

[...]

hat die Antragstellerin die Voraussetzungen für die nachstehende einstweilige Verfügung glaubhaft gemacht durch Vorlage einer Vielzahl von Unterlagen einschließlich der anwaltlichen Antwort vom 14.4.2009 auf die Abmahnung.

Es wird deshalb auf Antrag der Antragstellerin gemäß §§ 3,8,12,14 UWG sowie §§ 91, 890, 935 ff, 944 ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung und zwar wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden anstelle des Prozessgerichts Folgendes angeordnet:

1. Die Antragsgegnerin hat es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,- zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr eine internetgestutzte Vermittlungsplattform zur Bildung von Fahrgemeinschaften im Berufs- und Freizeit verkehr unter den Bezeichnungen »Mitpendler« und/oder »Mipendler.de« anzubieten und/oder zu betreiben, wenn dies geschieht, wie nachstehend wiedergegeben:

[Screenshots der Website]

2. Der Antragstellerin wird aufgegeben, der Antragsgegnerin je eine anwaltlich beglaubigte Abschrift der Antragsschrift und des Schriftsatzes vom 3.4 2009 - jeweils ohne Anlagen - mit zuzustellen.

3. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

4. Streitwert € 50.000,-.

5. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist »Mitpendler(.de)« für das hier in Rede stehende Angebot der Parteien zwar »sprechend«, keinesfalls aber rein beschreibend, sodass die verbale Identität das ältere Markenrecht der Antragstellerin verletzt.

Landgericht Köln, den 21. April 2009

1. Kammer für Handelssachen

Der Vorsitzende:

Humml

Nach Widerspruch beantragt sie,

die einstweilige Verfügung vom 21. April 2009 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfugung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag abzulehnen.

Sie erhebt eine Vielzahl von Einwendungen und ist in der Sache der Auffassung, dass »Mitpendler« rein beschreibend sei und deshalb nicht kollisionsbegründend wirken könne; die Grafiken nämlich seien grundlegend unterschiedlich und konnten nicht miteinander verwechselt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet.

Nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung erweist sich die einstweilige Verfügung als nicht mehr gerechtfertigt, denn die sich gegenüberstehenden Marken sind in rechtlicher Hinsicht nicht miteinander verwechslungsfähig, §§4, 14MarkenG.

Entscheidender Ausgangspunkt der Überlegungen der Kammer ist der Umstand, dass »Mitpendler« rein beschreibend diejenige Person erkennen lässt, die sich anderen Personen anschließt die als »Pendler« (regelmäßig Reisende, vornehmlich [aber nicht nur] zwischen Wohnort und Arbeitsort) unterwegs sind, um mit ihnen Fahrgemeinschaften zu bilden.

Für »Pendler« räumt auch die Antragstellerin den fehlenden Phantasiegehalt ein; nach Auffassung der Kammer schafft die Hinzufügung der Vorsilbe »Mit-« keinen für die Annahme von auch nur geringer Kennzeichnungskraft Abstand hiervon, denn die Bildung eines solchen Wortes ist üblich und wird auch als üblich erkannt: als Mit-Bewohner, -Bewerber und -Fahrer werden gängigerweise Menschen bezeichnet die nicht allein wohnen, sich bewerben und fahren In diesen Aufbau passt »Mit-Pendler« nahtlos hinein, ohne dass ein überschießender Phantasierest verbleibt. Auch wenn es sich um ein »neues« Wort handelt beschränkt es sich erkennbar auf die Beschreibung der damit gemeinten Person, an die sich das Angebot richtet.

Vor diesem Hintergrund gewinnen die sich gegenüber stehenden grafischen Ausgestaltungen an erheblicher Bedeutung nachfolgend sind zunächst die Marke der Antragstellerin und dann die Marke der Antragsgegnerin wiedergegeben:

mitpendler01

mitpendler02

Der bei der Gegenüberstellung maßgebende Gesamteindruck der beiden Marken unterscheidet sich grundlegend:

während bei der Marke der Antragstellerin der (schutzunfähige) Wortbestandteil dominiert und durch die kreisförmig geschwungenen Pfeile das Schwingende des verbalen Teiles »Pendler« betont wird, wirkt die Marke der Antragsgegnerin, die genau in dieser Form auch in der streitgegenständlichen Verwendungsform benutzt wird, wie ein Verkehrsschild, statisch und eckig und das Wort »mitpendler.de« erscheint nur wie ein Hinweis auf die Internetadresse, auf der das Angebot zu finden ist.

Nachdem der Wortbestandteil der Marke, auf die die einstweilige Verfügung gestützt ist, für sich allein wie oben dargelegt als rein beschreibend schutzunfähig ist. begründet er allein auch keine Kollision zwischen den Marken in lautlicher Hinsicht und/oder im Hinblick auf seine Bedeutung, in grafischer Hinsicht sind die Marken denkbar weit auseinander, sodass auch die Annahme dieser allein noch verbleibenden Verwechslungsmöglichkeit ausscheidet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Streitwert: € 50.000,-.

Humml          Dr. Allekotte         Wallau 

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