Landgericht Essen

LG Essen, Urt. v. 03.06.20, 44 O 34/19 - Vertragsstrafe Impressum

entscheidungen

Enthält das Impressum eines Unternehmens (hier: ein Immobilienmakler) eine falsche Angabe im Impressum, ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 3000,00 € für den Verstoß angemssen. Das Verschulden eines (ehemaligen) Mitarbeiters muss das Unternehmen sich dabei nach § 278 BGB zurechnen lassen.

Streitwert: 3.000 €

Landgericht Essen
Urteil vom 3. Juni 2020, 44 O 34/19

BGH, Beschl. v. 28.05.20, I ZR 186/17 - Datenschutzverstöße abmahnbar?

bgh

Der unter anderem für Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob ein Verstoß des Betreibers eines sozialen Netzwerks gegen die datenschutzrechtliche Verpflichtung, die Nutzer dieses Netzwerks über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten zu unterrichten, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet und von Verbraucherschutzbänden durch eine Klage vor den Zivilgerichten verfolgt werden kann.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Beklagte, die Facebook Ireland Limited, betreibt das soziale Netzwerk "Facebook". Auf der Internetplattform dieses Netzwerks befindet sich ein "App-Zentrum", in dem die Beklagte den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button "Sofort spielen" folgende Hinweise zu lesen waren: "Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen" oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr." Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: "Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten."

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer. Er beanstandet die Präsentation der unter dem Button "Sofort spielen" gegebenen Hinweise im App-Zentrum als unlauter unter anderem unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs wegen Verstoßes gegen gesetzliche Anforderungen an die Einholung einer wirksamen datenschutzrechtlichen Einwilligung des Nutzers. Ferner sieht er in dem abschließenden Hinweis bei einem Spiel eine den Nutzer unangemessen benachteiligende Allgemeine Geschäftsbedingung. Er hält sich zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Wege der Klage vor den Zivilgerichten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG für befugt.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite in einem App-Zentrum Spiele so zu präsentieren, dass Nutzer der Internetplattform mit dem Betätigen eines Buttons wie "Spiel spielen" die Erklärung abgeben, dass der Betreiber des Spiels über das von der Beklagten betriebene soziale Netzwerk Informationen über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und ermächtigt ist, Informationen im Namen der Nutzer zu übermitteln (posten). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung) getroffenen Bestimmungen nationalen Regelungen entgegenstehen, die - neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen - einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen. Diese Frage ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der rechtswissenschaftlichen Literatur umstritten. Es wird die Auffassung vertreten, dass die Datenschutzgrundverordnung eine abschließende Regelung zur Durchsetzung der in dieser Verordnung getroffenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen enthält und eine Klagebefugnis von Verbänden deshalb nur unter den - im Streitfall nicht erfüllten - Voraussetzungen des Art. 80 der Datenschutzgrundverordnung besteht. Andere halten die in der Datenschutzgrundverordnung zur Rechtsdurchsetzung getroffenen Regelungen nicht für abschließend und Verbände daher weiterhin für befugt, Unterlassungsansprüche wegen des Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person im Wege der Klage vor den Zivilgerichten durchzusetzen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zwar bereits entschieden, dass die Regelungen der - bis zum Inkarafttreten der Datenschutzgrundverordnung am 25. Mai 2018 geltenden - Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) einer Klagebefugnis von Verbänden nicht entgegenstehen (Urteil vom 29. Juli 2019 - C-40/17). Dieser Entscheidung ist aber nicht zu entnehmen, ob diese Klagebefugnis unter Geltung der an die Stelle der Datenschutzrichtlinie getretenen Datenschutzgrundverordnung fortbesteht.

Vorinstanzen:

LG Berlin - Urteil vom 28. Oktober 2014 - 16 O 60/13

Kammergericht Berlin - Urteil vom 22. September 2017 - 5 U 155/14

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung)

Artikel 80 Vertretung von betroffenen Personen

(1) Die betroffene Person hat das Recht, eine Einrichtung, Organisationen oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist, zu beauftragen, in ihrem Namen eine Beschwerde einzureichen, in ihrem Namen die in den Artikeln 77, 78 und 79 genannten Rechte wahrzunehmen und das Recht auf Schadensersatz gemäß Artikel 82 in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jede der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Artikel 77 zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.

Artikel 84 Sanktionen

(1) Die Mitgliedstaaten legen die Vorschriften über andere Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung - insbesondere für Verstöße, die keiner Geldbuße gemäß Artikel 83 unterliegen - fest und treffen alle zu deren Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Karlsruhe, den 28. Mai 2020

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Ergänzende Dokumente:

Beschluss des I. Zivilsenats vom 11.4.2019 - I ZR 186/17 -
Beschluss des I. Zivilsenats vom 28.5.2020 - I ZR 186/17 -

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 28. Mai 2020

BGH, Urt. v. 12.03.20, I ZR 126/18 - Deutscher Wetterdienst

BGH, Urt. v. 12.03.20, I ZR 126/18 - Deutscher Wetterdienst

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Nimmt die öffentliche Hand öffentliche Aufgaben wahr und bewegt sie sich dabei außerhalb des ihr durch eine Ermächtigungsgrundlage zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereichs, ist ihr Handeln als geschäftliche Handlung anzusehen mit der Folge, dass sie sich an den Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen muss und nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.

Die Klägerin bietet gewerblich meteorologische Dienstleistungen über ihre Internetseite und seit dem Jahr 2013 auch über eine Anwendungssoftware für mobile Endgeräte an, die sogenannte WetterOnline-App. Diese Anwendung ist in der Standard-Version für den Nutzer kostenlos und werbefinanziert. Daneben gibt es werbefreie Versionen, die der Kunde gegen Entgelt erhalten kann.

Der Deutsche Wetterdienst, eine Bundesoberbehörde und teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, ist der nationale meteorologische Dienst der beklagten Bundesrepublik Deutschland. Er bot ab Juni 2015 über zwei Vertriebsplattformen eine kostenlose und werbefreie Anwendungssoftware für mobile Endgeräte an, mit der er zahlreiche Informationen über das Wetter zur Verfügung stellte. Diese Anwendung - die sogenannte DWD WarnWetter-App - erlangte binnen kurzer Zeit erhebliche Marktverbreitung.

Die Klägerin hielt das unentgeltliche Anbieten und Verbreiten der Inhalte der WarnWetter-App für wettbewerbswidrig, da der Wetterdienst allenfalls amtliche Wetterwarnungen unentgeltlich verbreiten dürfe. Die WarnWetter-App benachteilige wegen ihrer Finanzierung durch den Staat nichtstaatliche Anbieter von Wetter-Anwendungen.

Der Ansicht schloss sich der Bundesgerichtshof jetzt an. Der Deutsche Wetterdienst müsse sich an den Vorgaben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) messen lassen. Er dürfe gegenüber der Allgemeinheit zwar unentgeltlich amtliche Warnungen über Wettererscheinungen herausgeben, die zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen können oder die in Bezug zu drohenden Wetter- und Witterungsereignissen mit hohem Schadenspotenzial stehen.Der Dienst sei aber nicht berechtigt, unabhängig von Warnlagen die Allgemeinheit unentgeltlich laufend allgemein über das Wetter zu informieren. 

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BGH, Urt. v. 20.02.20, I ZR 193/18 - Haftung für Kundenbewertungen

bghKundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen sind gesellschaftlich erwünscht und genießen verfassungsrechtlichen Schutz. Den Anbieter eines auf einer Online-Handelsplattform (hier: Amazon) angebotenen Produkts trifft für irreführende Bewertungen des Produkts durch Kunden daher grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung, solange er nicht mit den Bewertungen wirbt oder sie sich sonst zueigen macht. Der Anbieter hat auch nicht die Pflicht, irreführende Kundenbewertungen zu verhindern, da ihn keine Garantenstellung hinsichtlich der Bewertung trifft. Das gilt sogar für Produkte, die den strengen Regeln des Heilmittelwerbegesetzes unterliegen.

Die offizielle Pressemitteilung zu der Entscheidung des BGH finden Sie hier.

Oberlandesgericht Köln
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OLG Köln, Urt. v. 17.01.20, 6 U 101/19 - Werbung mit mehreren Standorten

entscheidungen

Die Werbung mit mehreren Standorten auf dem Briefpapier einer Anwaltskanzlei erweckt bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, an allen Orten wäre ein eigener Kanzleisitz vorhanden. Ist das aber nicht der Fall, sondern handelt es sich bei einem oder mehreren der angegebenen Standorte nur um eine Zweigstelle, ist die Werbung irreführend und damit wettbewerbswidrig.

Streitwert: 30.000 €

Oberlandesgericht Köln
Urteil vom 17. Januar 2020, 6 U 101/19

OLG Hamm, Urt. v. 26.11.19, 4 U 22/19 - Information über Herstellergarantie
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OLG Hamm, Urt. v. 26.11.19, 4 U 22/19 - Information über Herstellergarantie

olg hammOnline-Händler müssen sich über das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Produkt informieren und auf das Bestehen der Garantie im Rahmen ihres Angebots hinweisen, auch wenn mit der Garantie nicht für das Produkt geworben wird.

Den Volltext zu der Entscheidung finden Sie hier.

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