Wer eine einstweilge Verfügung erwirkt, musss unbedingt dafür Sorge tragen, dass sie dem Antragsgegner binnen eines Monats auch ordnungsgemäß zugestellt wird. Geschieht das nicht, wird die Entscheidung auf Antrag hin kostenpflichtig aufgehoben. Klar ist: Eine Zustellung ist nur wirksam, wenn der Beschluss vollständig zugestellt wird. Ist die Zustellung aber umgekehrt auch unwirksam, wenn nicht nur eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung selbst, sondern auch ein mit ihr fest zusammengebundenes Papierpaket, also etwa die Antragsschrift und/oder ihre Anlagen, zugestellt wird?
Jetzt ist es amtlich. Nachdem Instanzgerichte bereits deutlich gemacht hatten, dass sich Händler, die bei Amazon Waren vertreiben, besser einen neuen Freund suchen sollten, hat der Bundesgerichtshof jetzt ein Machtwort gesprochen. Gleich in zwei Urteilen, die bereits im März 2016 gefällt, aber soeben erst veröffentlicht wurden, haben die Richter in Karlsruhe klar gestellt: Wer bei Amazon verkauft, haftet sogar als Täter, wenn der Plattformbetreiber Wettbewerbsverstöße begeht. Auch wenn der Händler davon überhaupt nichts weiß. In einer ersten Entscheidung, die der Bundesgerichtshof zu treffen hatte, ging es um die Frage, ob der Händler haftet, wenn Amazon selbst eigenmächtig eigene UVP (Unverbindliche Preisempfehlungen) in Angebote einfügt. Am gleichen Tag hat der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung festgehalten, dass der Händler auch dann den Kopf hin halten muss, wenn Dritte Produktbeschreibungen einfach manipulieren.
Wenn ein Anwalt einen Kollegen ein Schriftstück formell ordnungsgemäß zustellen möchte, muss er dafür nicht unbedingt den Umweg über den Gerichtsvollzieher wählen. Stattdessen kann er auch unmittelbar von Anwalt zu Anwalt gegen Empfangsbekenntnis zustellen. Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs müssen Anwälte an einer solchen Zustellung jetzt aber nicht mehr mitwirken. Nach einem von uns erwirkten Urteil des Senats für Anwaltssachen vom 26. Oktober 2015, AnwSt(R) 4/15, regelt § 14 BORA nur die Zustellung durch Gerichte und Behörden.
Der Bundesgerichtshof hat am 18. Juni 2015 entschieden, dass die Wiedergabe von Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen im Allgemeinen keine - vergütungspflichtige - öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechtsgesetzes darstellt. Der Beklagte war Zahnarzt und betrieb eine zahnärztliche Praxis. In deren Wartebereich wurden Hörfunksendungen als Hintergrundmusik übertragen. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs und - dem nunmehr folgend - des Bundesgerichtshofs ist das keine gebührenpflichtige öffentliche Wiedergabe. Eine solche setze nämlich zumindest voraus, dass die Wiedergabe gegenüber einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfolgt. Das sei beim Zahnarzt nicht der Fall.
Nach dem Landgericht Nürnberg hat jetzt auch das Landgericht Frankfurt am Main entschieden, dass Buchtitel regelmäßig nicht als Herkunftshinweis auf einen bestimmten Verlag verstanden werden, sondern als Mittel zur Unterscheidung eines Werks von einem anderen. Findet sich also im Titel eines Buchs eine eingetragene Marke, stellt das normaler Weise keine Markenrechtsverletzung dar. Das Berufungsverfahren vor dem OLG Frankfurt am Main läuft noch (Stand: 23. Januar 2015), die Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts Nürnberg hat der Markeninhaber im Januar 2015 kurz vor der mündlichen Verhandlung allerdings bereits zurückgenommen, sodass die erstinstanzliche Entscheidung rechtskräftig geworden ist.
Einstweilige Verfügungen im gewerblichen Rechtsschutz wurden bislang gerne von Anwalt zu Anwalt gegen Empfangsbekenntnis zugestellt – häufig auf den letzten Drücker. Damit ist es jetzt wohl bald vorbei. Der Anwaltsgerichtshof Hamm geht davon aus, dass Rechtsanwälte in solchen Fällen Empfangsbekenntnisse nicht mehr unterschreiben müssen. Sie dürfen es womöglich nicht einmal mehr, wenn sie sich nicht wegen Parteiverrats strafbar machen wollen.